„Das Rheingold“ in Bayreuth: Es geht in die letzte Runde für den Ring von Valentin Schwarz

Richard Wagner, Das Rheingold  Bayreuther Festspiele, 26. Juli 2025

Das Rheingold 4. Szene – Tobias Kehrer (Fafner), Patrick Zielke (Fasolt), Christina Nilsson (Freia), Nicholas Brownlee (Donner), Christa Mayer (Fricka), Mirko Roschkowski (Froh), Wotan (Tomasz Konieczny) und Statisterie der Bayreuther Festspiele © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Schon im Rheingold präsentiert sich das Ganze, die weiteren Teile bestimmende, brutale Vorgehen der Personen, die, ohne jegliche Empathie, ihre Zwecke verfolgen. Scheitern werden sie alle. Überdeutlich zeigt Schwarz, wie nach dem brutalen Mord von Fafner an seinem Bruder Fasolt zur Tagesordnung und übergegangen wird und das Verhängnis seinen Lauf nimmt.

Richard Wagner, Das Rheingold

Musikalische Leitung: Simone Young

Regie:  Valentin Schwarz

Bühne:  Andrea Cozzi
Kostüm: Andy Besuch
Dramaturgie: Konrad Kuhn
Lichtwiederaufnahme: Nicol Hungsberg nach Reinhard Traub
Video: Luis August Krawen

Orchester der Bayreuther Festspiele

Bayreuther Festspiele, 26. Juli 2025

von Axel Wuttke

Portrait einer dysfunktionalen Familie

Der vom Publikum und Presse überwiegend mit Häme, Beschimpfungen und Unverständnis abgestrafte Ring von Regisseur Valentin Schwarz steht zum letzten Mal in zwei Aufführungszyklen auf dem Spielplan der Bayreuther Festspiele. Dabei ist die Idee der Umdeutung des Ringes in ein Kind, in der Lesart von Valentin Schwarz, durchaus eine Auseinandersetzung wert. Das Kind als Zukunft und Erbe, als das Weiterbestehen der eigenen Wünsche und Ideen.
Bei der von Wotan mit unbarmherziger Hand angeführten dysfunktionalen Familie ergeben sich dadurch neue Sichtweisen auf den Text und die Musik. Das Streben nach Macht und Reichtum, nach Unsterblichkeit durch Vererbung des Selbst erreichen, bilden durchaus einen dem Stück adäquaten Deutungsspielraum.

Schon im Rheingold präsentiert sich das Ganze, die weiteren Teile bestimmende, brutale Vorgehen der Personen, die, ohne jegliche Empathie, ihre Zwecke verfolgen. Scheitern werden sie alle. Überdeutlich zeigt Schwarz, wie nach dem brutalen Mord von Fafner an seinem Bruder Fasolt zur Tagesordnung und übergegangen wird und das Verhängnis seinen Lauf nimmt.

Zugegeben, nicht immer ist alles klar zu durchschauen, vieles bleibt unerklärt. Natürlich gibt es in so einem Konzept auch Stellen, die mit dem Text nicht zu verbinden sind. Als Beispiel sei hier die Aufhäufung des Rheingolds zur Befreiung Freias genannt, die einfach nicht vom Konzept und dessen Umsetzung gedeckt ist. Dennoch bleibt, auch im jetzt letzten Jahr, der Eindruck einer, gerade für Bayreuth, adäquaten Inszenierung, bei der sich ein Regisseur wirklich Gedanken zum Werk gemacht hat, um neue Wege aufzuzeigen.

Valentin Schwarz versteht es, die Personen ganz aus der Musik heraus zu führen und seine Deutung durch meist schlüssige, aus dem Text und der Musik heraus entwickelten Bewegungsabläufen, umzusetzen. Gerade dadurch zeigt er nur zu deutlich was für schäbige und menschenverachtende Figuren der angeblich so hehre Göttervater und seine Entourage sind.

Orchestraler Wohlklang

Festspielwürdig das Dirigat von Simone Young. Das wie aus dem Nichts beginnende Rheingold steigert sich langsam in der Dynamik und der Weltenlauf beginnt. Die Dirigentin begeistert mit einem transparenten, rhythmisch pointiertem und stringent in den Tempi durchgestalteten Dirigat.

Das Festspielorchester beweist seinen besonderen Status mit schillerndem, klangschönem und immer wieder auftrumpfendem, hervorragendem Spiel. Dies ist eine wirkliche Festspielleistung. Kleine Wackler im Blech fallen da nicht weiter ins Gewicht.

Weniger ist manchmal mehr

Tomasz Konieczny als Wotan braucht einige Zeit, um sich frei zu singen. Die kraftvolle Stimme, vor allem die Mittellage und Höhe, zusammen mit dem die Rolle vollkommen verinnerlichten Spiel, überzeugen. Allerdings leidet immer wieder die Textverständlichkeit durch seine Art des Singens. Dies fällt in Bayreuth besonders ins Gewicht, da hier durch die akustischen Bedingungen die Textverständlichkeit noch unterstützt wird.

Das Rheingold 1. Szene – Katharina Konradi (Woglinde), Ólafur Sigurdarson (Alberich), Natalie Skrycka (Wellgunde) und Kinderstatisterie der Bayreuther Festspiele © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

 Ólafur Sigurdarson gestaltet den Alberich mit großer Stimmattacke und akzentuiertem Spiel. Im Vergleich zum letzten Jahr hat er seine Textverständlichkeit erheblich verbessert, so dass ihm eine überzeugende, mitreißende Darstellung des immer auf der Verliererspur wandelnden Alberich gelingt. Ya-Chung Huang als Mime hat eine kräftige, für die Rolle genau passende Stimme. Allerding überzieht er manchmal etwas, was zu unschöner Intonation führt.

Das Rheingold 4. Szene – Ólafur Sigurdarson (Alberich), Daniel Behle (Loge), Tomasz Konieczny (Wotan) und Kinderstatisterie der Bayreuther Festspiele © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Daniel Behle singt einen feinsinnigen, ironischen und wunderbar den Text auslotenden Loge. Seine ausgeglichene, sowohl an großen Wagnerpartien als auch im Liedgesang geschulte, klare Stimme, ist ideal für die Rolle. Schauspielerisch zieht er alle Register als schmieriger Anwalt und Strippenzieher.

„Wie alles wird“

Faszinierend die Erda von Anna Kissjudit. Sie verwöhnt das Publikum mit einem wunderbar runden, warmtimbrierten Alt, der sofort für sich einnimmt. Ihre Warnung an Wotan singt sie mit überzeugender stimmlicher und textlicher Darbietung. Die Sängerin spinnt betörende Phrasen und lässt alles wunderbar auf dem Atem schweben. Ein Höhepunkt des Abends.

Christina Nilsson als Freia singt mit strahlender Stimme und verkörpert glaubwürdig die unter der schäbigen Behandlung durch die Familie gebrochenen Frau. Die Fricka von Christa Mayer ist wie immer souverän. Auf hohem Niveau bewegen sich Nicolas Brownlee als stimmgewaltiger Donner und Mirko Roschkowski als lyrisch-strahlender Froh.

Das Rheingold 2. Szene – Patrick Zielke (Fasolt), Tobias Kehrer (Fafner), Christina Nilsson (Freia) und Statisterie der Bayreuther Festspiele © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Vom Regisseur wunderbar als großspurige Architekten gestaltet agieren die Riesen Fasolt und Fafner. Patrick Zielke als Fasolt hat eine etwas lyrischere Stimme, die dem in Freia verliebten Riesen die richtige Dimension verleiht, wohingegen der dunkler, heldischer timbrierte Bass von Tobias Kehrer die brutalen Dimensionen des Riesen Fafner passend zum Ausdruck bringt. Der Mord am Bruder wirkt hier umso glaubwürdiger.

Die Rheintöchter sind mit Katharina Konradi, Natalia Skrycka und Marie Henriette Reinhold sehr ansprechend und homogen besetzt.

Großer Jubel am Ende der Aufführung für alle Beteiligten.

Axel Wuttke, 29. Juli 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Richard Wagner, Die Walküre Bayreuther Festspiele, 27. Juli 2025

Richard Wagner, Das Rheingold Bayreuther Festspiele, 26. Juli 2025

Richard Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg / Eröffnung Bayreuth 2025 Bayreuther Festspiele, 25. Juli 2025

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