Henrike Legners Debütalbum: Wo bitte, bleiben die Worte?

CD-Besprechung: Von der Liebe Zaubermacht/Felix Mendelssohn-Bartholdy  klassik-begeistert.de, 29. September 2025

CD-Besprechung:

Schon beim ersten Lied muss man konstatieren, dass Legners Problem die Textverständlichkeit ist. Anfangs hofft man noch auf Besserung im weiteren Verlauf, die sich aber nicht einstellt.

Von der Liebe Zaubermacht
Lieder von Felix Mendelssohn-Bartholdy

Henrike Legner
Gerold Huber

Genuin  Gen 25946

von Peter Sommeregger

Wenn junge Sänger und Sängerinnen sich dem Liedgesang widmen, ist das grundsätzlich zu begrüßen. Es gilt schließlich, eine Tradition fortzuführen, die von Jahrhundertsängern wie Dietrich Fischer-Dieskau, Hermann Prey, Elisabeth Schwarzkopf und Gundula Janowitz in der jüngeren Vergangenheit bedient wurde.

Dass die junge Sopranistin Henrike Legner als Debüt-Album ein solches ausschließlich mit Liedern von Mendelssohn bestreitet, ist doppelt erfreulich, ist dieser Komponist doch discographisch leider notorisch unterrepräsentiert.

Dass gar ein prominenter Liedbegleiter, nämlich Gerold Huber, die Begleitung übernimmt, macht neugierig. Legners hell timbrierter Sopran ist technisch gut gebildet, verfügt über ein ansprechendes Höhenregister. Man könnte sie als „frisch“ bezeichnen, was Mendelssohns Liedern gut zu Gesicht steht. Der Komponist vertonte bevorzugt Gedichte von Goethe und Heinrich Heine, sowie anderen, durchaus bedeutenden Schriftstellern.

Hier beginnt die große Enttäuschung, diese Lieder-CD betreffend. Schon beim ersten Lied muss man konstatieren, dass Legners Problem die Textverständlichkeit ist. Anfangs hofft man noch auf Besserung im weiteren Verlauf, die sich aber nicht einstellt. Man kann lediglich da und dort einzelne Wörter verstehen, für den gesamten Text muss man aber auf das Booklet zurückgreifen, was nicht der Sinn der Sache sein kann.

Texte wollen wie die Musik interpretiert werden, bilden eine Einheit mit ihr. Diese Komponente zu vernachlässigen, entzieht dem Liedgesang die Grundlage. Man muss sich wundern, dass ein professioneller Begleiter wie Gerold Huber die junge Sopranistin nicht nachdrücklich darauf hingewiesen hat, ebenso ihre Mentoren diesen Punkt entweder nicht angesprochen, oder vernachlässigt haben. Was nützt eine Stimme mit ansprechendem Timbre, wenn sich die Botschaft der Lieder nicht mitteilt? Jedes Lied erzählt eine Geschichte, die uns Legner leider schuldig bleibt.

In Anbetracht der Jugend der Künstlerin ist es sicher nicht zu spät, hier noch korrigierend einzugreifen, leider befindet sich die Sängerin mit diesem Problem nicht allein, mangelnde Textverständlichkeit überschattet einige junge Karrieren. Erfahrene Pädagogen sollten aber in der Lage sein, Abhilfe zu schaffen. Solche seien Henrike Legner wärmstens empfohlen!

Peter Sommeregger, 28. September 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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