Das Ensemble Wien widmet Johann Strauss ein bezauberndes Geburtstagsständchen

Ensemble Wien  Brahms-Saal, Musikverein, Wien, 30. September 2025

Das Ensemble Wien mit zwei Gästen. Von links nach Rechts: Raimund Lissy, Michael Bladerer, Robert Bauerstatter, Raphael Flieder, Michael Strasser, Daniel Froschauer. Foto: privat.

Ein Walzer von Constanze Geiger, schwungvolle Tänze von Johann Strauss und das erste Streichsextett von Johannes Brahms vereinten sich im Programm des Ensemble Wien zu einer klingenden Hommage an den Walzerkönig, dessen Geburtstag sich in wenigen Wochen zum zweihundertsten Mal jährt.

Constanze Geiger
Frühlingsträume. Walzer, op. 8a. Bearbeitung von Raimund Lissy

Johann Strauss Sohn
Scherz-Polka, op. 72. Bearbeitung von Alexander Weinmann
Diplomaten-Polka, op. 448. Bearbeitung von Heinrich W. Pek
Wiener Bonbons. Walzer, Op. 307. Bearbeitung von Heinrich W. Pek
Annen-Polka, op. 117. Bearbeitung von Heinrich W. Pek
Rasch in der Tat. Polka schnell, op. 409. Bearbeitung von Erich Kaufmann
Frühlingsstimmen. Walzer, op. 410. Bearbeitung von Heinrich W. Pek

Johannes Brahms
Streichsextett Nr 1. B-Dur, op. 18

Ensemble Wien

Daniel Froschauer, Violine
Raimund Lissy, Violine
Michael Strasser, Viola
Michael Bladerer, Kontrabass
Robert Bauerstatter, Viola
Raphael Flieder, Violoncello

Brahms-Saal, Musikverein, Wien, 30. September 2025

von Dr. Rudi Frühwirth

Im Ensemble Wien haben sich vier philharmonische Streicher zu einem Quartett zusammengefunden, das durch den Kontrabass anstelle des Cellos eine besondere Klangfarbe erhält. Und welches Ensemble wäre wohl besser berufen, Walzer und Polkas von Johann Strauss in Bearbeitungen für Streichquartett darzubieten?

Der Abend begann mit einer liebevoll interpretierten Walzerfolge von Constanze Geiger, die zu Jahresbeginn auch im philharmonischen Neujahrskonzert präsent war, Die Frühlingsträume der damals 11-jährigen Komponistin wurden zum ersten Mal 1847 bei einem der zahlreichen Wiener Bälle aufgeführt, wohl unter der Leitung von Johann Strauss.

Mit viel Charme und Spielfreude brachten uns die vier Musiker dann etliche Tänze des Walzerkönigs zu Gehör. Die Aufgaben sind in den Bearbeitungen recht ungleich verteilt: die erste Geige spielt durchwegs die Melodie, die zweite Geige und die Bratsche steuern den charakteristischen Rhythmus des Wiener Walzers bei, der Kontrabass legt das harmonische Fundament. Das virtuose Spiel von Daniel Froschauer stand sicher im Vordergrund, aber zum wahren Walzergefühl trug auch entscheidend die stilsichere Begleitung durch Raimund Lissy, Michael Strasser und
Michael Bladerer bei.

Die erste Walzerfolge, die Wiener Bonbons wurden zum ersten Mal 1866 bei einem Ball im Redoutensaal aufgeführt. Strauss widmete das Werk der Fürstin Pauline Metternich und wurde dafür mit der Reise zur Pariser Weltausstellung des Jahres 1867 belohnt. Wenn das Ensemble Wien in die Saiten greift, ist die Versuchung groß, aufzuspringen und Arm in Arm mit der Partnerin über das Parkett des Brahms-Saals zu schweben.

Unwiderstehlich zum Tanz forderten auch die Polkas auf, allen voran die Annen-Polka, jedem Wiener Ballbesucher wohlbekannt. Zum Abschluss des ersten Teil beglückten uns die Musiker dann mit den Frühlingsstimmen. Die hinreißende Walzerfolge war zunächst für Sopran und Orchester komponiert und wurde in dieser Fassung 1883 im Theater an der Wien im Rahmen eines Benefizkonzerts uraufgeführt. Das Werk wurde sehr bald auch in der Orchesterfassung ungeheuer populär. Schwungvolle und schmeichelnde Themen wechseln einander ab, dann wird zum Ende noch einmal die koloraturhafte Melodie des ersten Walzers aufgenommen, und die Coda beendet das Stück mit einer glanzvoll wirbelnden Apotheose.

Es ist wohlbekannt, dass zwischen Johann Strauss und Johannes Brahms eine von gegenseitigem Respekt geprägte Beziehung, ja Freundschaft bestand. Sie waren auch beide Ehrenmitglieder der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Es war daher höchst passend, dass im zweiten Teil das erste Streichsextett von Brahms auf dem Programm stand. Das Ensemble Wien hatte sich zwei philharmonische Kollegen zur Verstärkung geholt, den Bratschisten Robert Bauerstatter und den Cellisten Raphael Flieder. Schon die Originalbesetzung mit zwei Violinen, zwei Bratschen und zwei Celli ergibt ein dunkel gefärbtes Klangbild, das durch den Kontrabass in der zweiten Cellostimme noch weiter in die Tiefe gezogen wird.

Als Orchesterkollegen sind die sechs Musiker bestens aufeinander eingespielt. So blieb der natürliche Fluss der dichten motivischen Arbeit im ersten Satz ungestört, das wechselseitige Aufgreifen musikalischer Einfälle wirkte organisch und lebendig. Klanglich besonders faszinierend war der zweite Satz, in dem Brahms seine außergewöhnliche Meisterschaft in der Kunst der Variation bewest. Der dritte Satz überrascht durch seine Kürze und durch stark wechselnde Tempi, wobei ungewohnterweise das Trio wesentlich schneller verlangt wird als das Scherzo. Der Finalsatz ist ein graziles Rondo mit einem innigen Hauptthema, wunderbar vorgetragen vom ersten Cello. Die als Animato bezeichnete Coda bringt das Werk dann zu einem beschwingten Ende.

Der überaus herzliche Applaus im voll besetzten Saal wurde mit einer Zugabe belohnt: der Walzer in A-Dur, op. 54/1, von Antonín Dvořák. Er war mit seiner lyrisch-schwermütigen Melodik ein perfekter  Gegensatz zur rauschenden Ballsaal-Eleganz der Walzer von Johann Strauss, und ein interessanter Abschluss eines inspirierten Konzerts.

Dr. Rudi Frühwirth, 1. Oktober 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt 267: Johann Strauss klassik-begeistert.de, 1. Januar 2025

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