Ein Weltklassegeiger brilliert mit einem ebensolchen Orchester

Tokyo Philharmonic Orchestra / Vengerov / Chung  Wiener Konzerthaus, 8. November 2025 

Foto: Maxim Vengerov, photo © Davide Cerati

Es passiert doch immer wieder, dass, wenn man es sich am wenigsten erwartet, eine Riesenüberraschung fassungslos macht. Da tritt ein in unseren Breiten wenig bekanntes Orchester auf und zeigt, dass sich die fernöstliche Konkurrenz hinter den bekannten europäischen und amerikanischen Orchestern nicht verstecken muss – ganz im Gegenteil!

Peter Iljitsch Tschaikowsky
Konzert für Violine und Orchester in D-Dur

Igor Strawinsky
Le Sacre du Printemps

Maxim Vengerov, Violine

Tokyo Philharmonic Orchestra
Myung-Whun Chung, Dirigent

Wiener Konzerthaus, 8. November 2025

von Herbert Hiess

Der in Nowosibirsk geborene Meistergeiger, Maxim Vengerov,  mit jüdisch-israelischem Bezug könnte allen politisch einschlägig vorbelasteten Individuen Anlass für ihr absurdes Gedankengut geben.

Maxim Vengerov ist völlig zu Recht ein Weltklassegeiger, der immer wieder seinen Ruf bestätigt. Mit vollem und intensivem Strich führt er durch diesen musikalischen Ohrwurm. Das für den Geiger höchst anspruchsvolles Werk lässt nichts aus, was manchen Geiger zur Verzweiflung treiben könnte. Da schwierige Läufe, dort massive Doppelgriffe und vieles mehr.

Bemerkenswert wie Vengerov alle diese Hürden meistert.
Bewundernswert diese schwierigen Doppelgriffe; die Flageoleteinlagen (vor allem die lange Passage im dritten Satz) um nur eine Passage zu nennen.

Und da sind wir schon beim Tokyo Philharmonic Orchestra, das beweist, dass es Weltklasseorchester nicht nur in Europa und den USA gibt; Gemeinsam mit dem äußerst seriösen südkoreanischen Dirigenten Myung-Whun Chung waren sie nicht „nur“ Begleiter für Vengerov. Schon bei Tschaikowsky bewiesen die Musiker ihre enorme Qualität.

Herausragend die Holzbläser und vor allem die Hörner. Im zweiten Satz, der Canzonetta begeisterten die Klarinettisten mit den Einwürfen, die stark an die Tschaikowsky Oper „Eugen Onegin“ erinnern. Und da erahnte man schon die Stärken des Orchesters.

Und bei „Le Sacre du Printemps“ entfachten die Musiker unter

Myung-Whun Chung am Pult der Sächsischen Staatskapelle Dresden © Matthias Creutziger

ein orchestrales Feuerwerk, das man sich noch lange merken wird. Chung bewies, dass es keinen Dirigenten braucht, der energisch herumfuchtelt und dabei musikalisch nicht überzeugt.

Mit äußerst minimalistischen Bewegungen trieb er die Musiker zu Höchstleistungen an. Und es erklang einfach nur Musik und nicht eine technische Exekution der Metrik der Partitur. Ob es zarte Pianissimi waren oder die wilden Stellen – keine Sekunde spürte man eine Art Leerlauf.

Es begann mit dem souverän gespielten Fagottsolo und der nachfolgenden Holz- und Blechbläserpassage, das nicht nur Technik (die haben die Musiker sowieso) zeigte, sondern dass hier einfach nur Musik hören ließ und nicht nur Spieltechnik, zu dem das Werk leicht verleitet.

Großartig hier das Schlagwerk und das ebensolche Blech – unvergesslich das stakkatomäßige „Schnattern“ am Schluss des ersten Teiles („Die Anbetung der Erde“) und die wilden Tänze im zweiten Teil („Das Opfer“). Hier konnte man sich kaum auf den Sitzen halten.

Und nach dem brutalen Finalakkord bedankten sich Dirigent und Orchester beim Publikum mit diesem Schluss des ersten Teiles, das wiederum das Publikum zu großem Jubel anspornte. Letztlich begeisterte die Erkenntnis, dass das Orchester keine Art von Müdigkeit zeigte.

Maxim Vengerov (links) und KB-Reporter Herbert Hiess

Letztlich war dieses Orchester eine Entdeckung der besonderen Art und man kann nur hoffen, dass man das Tokyo Philharmonic Orchestra bald wieder hören wird können.

Herbert Hiess, 9. November 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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