Fedora © Bettina Stöß
Ein krachend volles Haus an einem Dienstagabend zur Aufführung eines fast unbekannten Stücks: Umberto Giordanos Fedora an der Deutschen Oper Berlin bietet beste Unterhaltung und bringt die Leute zum Jubeln. Auch wenn musikalisch am Abend der 3. Aufführung nach der Premiere nicht alles von allerallerallerbester Qualität sein mag, so reißen Musik, Story und Inszenierung das Publikum doch mit. Wenn das nichts ist!
Umberto Giordano (1867 – 1948)
Fedora
Melodramma in drei Akten
nach einem Libretto von Arturo Colautti, basierend auf Victorien Sardous Theaterstück „Fédora“
Musikalische Leitung John Fiore
Inszenierung Christof Loy
Szenische Einstudierung Anna Tomson
Ausstatter Herbert Murauer
Licht Olaf Winter
Video Velourfilm AB
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Fürstin Fedora Romanov Vida Miknevičiūtė
Gräfin Olga Sukarev Julia Muzychenko
Graf Loris Ipanov Jonathan Tetelman
Giovanni de Siriex Navadard Hakobyan
Dmitri, ein Page Arianna Manganello
Desiré, ein Diener Matthew Peña
Baron Rouvel Michael Dimovski
Deutsche Oper Berlin, Aufführung am 2. Dezember 2025
von Sandra Grohmann
Im Zentrum steht die Lüge: Wenn du geredet hättest, Fedora! Wenn du rechtzeitig dem Mörder deines Verlobten gesagt hättest, wer du bist; wenn er dir rechtzeitig hätte sagen können, was das Motiv für den Mord war; wenn du rechtzeitig erfahren hättest, dass dein Verlobter dich mit der Frau seines Mörders betrog, dann – ja dann hättest du nicht jenen fatalen Brief geschrieben, der dich als Spionin brandmarkt und die Familie des Mörders, der zu spät dein Geliebter wurde, ans Messer liefert.
Wenn… das Wörtchen wenn nicht wäre. Kirsten Liese, die hier über die Premiere schrieb, hat treffend bemerkt, dass der Abend musikalisch an der einen oder anderen Stelle noch Luft nach oben lässt. Das ist soweit richtig und auch am dritten Abend nicht anders: Das Orchester blüht über lange Strecken nicht auf und Tetelmanns Tenor ist in meinen Ohren gelegentlich nah am Schreien. Wenn Dirigent John Fiore und Tetelmann hier noch etwas in die Tiefe der Partitur gegangen wären, dann hätte der Abend musikalisch noch befriedigender ausfallen können. Aber. Aber!
Vida Miknevičiūtė moduliert rollengerecht, die Stimme wird im Laufe des Abends immer weicher, und ihr gelingen wunderschöne Registerwechsel. Julia Muzychenko als leichtsinnige Gräfin Olga bringt etwas leicht Verspieltes auf die Bühne und ins Ohr, das Orchester ist dicht am Geschehen und kommentiert eindringlich aus dem Graben den Stummfilm auf der Bühne. Und Tetelmann lässt immerhin die Latten an der letzten Wand beben. Die Inszenierung ist ein wenig gefällig, aber durchdacht in den verschiedenen Ebenen von perfektem Traum und etwas öder Wirklichkeit – und warum nicht einfach mal eine handwerklich gute, ja geradezu augenfällige Bühnenidee genießen?
Kurz: Dieser Abend bietet beste Unterhaltung bei ausgesprochen gutem musikalischem Niveau. Das Publikum nimmt beides dankbar an, und dagegen ist schlicht gar nichts zu sagen. Der Krimi um Liebe und Betrug, der am Ende noch einen zweiten Tod bringt, geht unter die Haut. Für alle, die das Unterhaltsame an der Kunst nicht verachten, lautet die Empfehlung daher ganz klar: Hingehen!
Sandra Grohmann, 4. Dezember 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Umberto Giordano, Fedora Deutsche Oper Berlin, 30. November 2025
Umberto Giordano (1867 – 1948), Fedora Deutschen Oper Berlin am 27. November 2025 PREMIERE
Umberto Giordano, Fedora MET-Übertragung in der Lübecker Stadthalle am 14. Januar 2023