Netrebko will Geld von Gelb

Anna Netrebko fordert Geld von Peter Gelb  https://www.theguardian.com/world/2023/aug/04/russian-soprano-anna-netrebko-met-opera-russia

Foto: Anna Netrebko, instagram

Netrebko fordert Kompensation für Auftrittsverbot nach unklarer Putin-Distanzierung

von Dr. Charles E. Ritterband

Die 51-jährige Operndiva Anna Netrebko, die soeben ihre glanzvollen Auftritte als Aida an der Arena di Verona absolviert hat, fordert durch ihre Anwälte Geld von Peter Gelb – und der New Yorker Metropolitan Opera. Peter Gelb, der Intendant, hat über die russische Diva – seit zwei Jahrzehnten eines der größten Zugpferde des weltberühmten Opernhauses – ein Auftrittsverbot verhängt, da sie in seinen Augen keine klare Distanzierung vom russischen Präsidenten Putin im Zusammenhang mit dessen Ukraine-Invasion zustande gebracht hat.

Beim Dinner nach ihrem Auftritt als Aida in der Arena di Verona © Dr. CR

Wie unter anderem die BBC berichtete, hatte Netrebko ihre Unterstützung für Putin kundgetan und im Jahr 2014 (dem Jahr der russischen Annexion der Krim) hatte sie beispielsweise Geld für ein Theater in der separatistischen ukrainischen Provinz Donetsk gespendet und wurde mit einer Flagge der Rebellenbewegung fotografiert. Netrebko hat sich nach und nach der Forderung gefügt, den Krieg in der Ukraine zu verurteilen – aber sich trotz Aufforderungen geweigert, Putin selbst zu kritisieren.

Netrebkos Anwälte machen geltend, dass Peter Gelb und die Met „die Beziehung Netrebkos zu ihrem Publikum beschädigen, indem sie Proteste gegen ihre Auftritte fördern“. Ihre (durch die Met erzwungene) Kritik am Ukraine-Krieg hat laut Berichten der Presseagentur AP zur Annullierung von Verträgen geführt. Netrebko macht geltend, dass die Met bei ihr „schwere emotionale Störungen“ hervorgerufen habe – namentlich „Depression, Erniedrigung, Peinlichkeit, Stress und Angstzustände und psychisches Leiden“.

Bereits im Februar dieses Jahres wurde Netrebko eine Kompensation in Höhe von mehr als 290 103 US-Dollar zugesprochen, weil die Met nach Ansicht der American Guild Of Musical Artists den Kollektivvertrag gebrochen hatte, als sie Auftritte Netrebkos in Don Carlo und Forza del Destino absagte. Sie soll jedoch laut der Gewerkschaft Auftritte in Lohengrin und Turandot aus eigenem Antrieb abgesagt haben. Jetzt allerdings fordert sie zusätzlich 360 000 Dollar für die seitens der Met abgesagten Vorstellungen und Proben – zu Tosca, Pique Dame, Manon Lescaut in der Saison 2024/25 sowie Macbeth 2025/2026. Die Gage Netrebkos pro Vorstellung beläuft sich auf 17 000 Dollar.

Die Met hat in einer lakonischen Stellungnahme festgestellt, dass „Frau Netrebkos Klage keine Grundlage“ habe.

Die Schiedsinstanz hatte zudem befunden, dass es an der Unterstützung Putins durch Netrebko (wozu sie durchaus berechtigt sei) keine Zweifel gebe – aber dies allein rechtfertige nicht die Annullierung ihrer Auftritte durch die Met. Hingegen auferlegte dieselbe Schiedsinstanz Netrebko eine Buße von knapp 30 000 Dollar für „hochgradig unangebrachte Stellungnahmen“ nach der Invasion der Ukraine, in denen sie unter anderem in den Sozialen Medien Beschimpfungen („expletive“) gegen ihre westlichen Kritiker lanciert hatte, welche sie als „as evil as blind aggressors“ (so übel wie blinde Aggressoren) bezeichnete.

Dr. Charles Ritterband, 5. August 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

www.theguardian.com/world/2023/aug/04/russian-soprano-anna-netrebko-met-opera-russia

2 Gedanken zu „Anna Netrebko fordert Geld von Peter Gelb
https://www.theguardian.com/world/2023/aug/04/russian-soprano-anna-netrebko-met-opera-russia“

  1. Herr Gelb nähert sich mit seinen Attacken gefährlich dem unrühmlich bekannten Joseph McCarthy. Zur Erinnerung: Gelb hat der MET und den Sponsoren mit der Causa um einen Dirigenten etliche Millionen US Dollar gekostet. Da AGMA, die US-Künstlergewerkschaft, der Sopranistin bereits einen Kompensationsbetrag zugestanden hat, wird es interessant, wie Gelb den Hals aus der MET-Schlinge nehmen wird. Die Anschuldigungen seitens der Künstlerin sind vehement, vor allem auch den privaten Bereich betreffend. Und da wird’s in den USA meist heikel. Siehe MeToo!
    Wieso wurden eigentlich nie US-Künstler mit Bezug auf die vielen fatalen US-Kriegszüge verbannt? Wo waren seinerzeit die Denunzianten?

    Fred Keller

    1. ich stimme Ihnen zu.
      Nach dem heute so merkwürdig verzerrten Rechtsverständnis hätten viele Künstler der NS-Zeit nie wieder eine Chance bekommen dürfen. Aber nach kurzer Schamfrist waren bis auf wenige Ausnahmen alle wieder dick im Geschäft.
      So der hochverehrte Schauspieler H.R., der als Regisseur eines Filmportraits über die Familie Goebbels keinesfalls nur ein kleiner Mitläufer war. Ihr Hinweis auf amerikanische Künstler ist berechtigt und bestätigt doch wohl viel Doppelmoral.

      Volkmar Heller

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