Jordi Savall und sein Concert des Nations haben mit der Megahitze in Wien zu kämpfen

Beethovens Symphonien  Wiener Konzerthaus, 24. und 26. Juni 2025 

Le Concert des Nations / Jordi Savall © Carlos Suárez / Wiener Konzerthaus

Die Saison 2024/2025 stand für die Katalanen ganz im Zeichen von Ludwig van Beethoven. Aufgeteilt auf vier Abende wurden alle Symphonien dargeboten; die zwei Abende im Februar waren fulminant, der erste Abend am 24. Juni war da nicht so ganz geglückt.

Wiener Konzerthaus, 24. und 26. Juni 2025

Ludwig van Beethoven:

Symphonie Nr. 1 C-Dur op. 21
Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 36
Symphonie Nr. 4 B-Dur op. 60

Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93
Symphonie Nr. 9 d-moll op. 125

Le Concert des Nations
La Capella Nacional de Catalunya

Solisten:

Lina Johnson (Sopran), Olivia Vermeulen (Mezzosopran), Martin Platz (Tenor), Manuel Walser (Bass)

Jordi Savall Dirigent

von Herbert Hiess

Tatsächlich waren die beiden Konzerte im Februar 2025 mehr als fulminant und mitreißend; schade, dass das Konzert mit den Symphonien 1, 2 und 4 einen zwiespältigen Eindruck hinterließ.

Natürlich sind diese drei Symphonien angesichts ihrer großen „Schwestern“ (3, 5, 6, 8 und 9) immer nur maximal Beiwerk in einem Konzertprogramm und sie werden höchst selten als Hauptwerk angesetzt. Das heißt aber nicht, dass sie spieltechnisch nicht anspruchsvoll seien – ganz im Gegenteil. Gerade diese drei Werke sind wahrlich herausfordernd für die Damen und Herren Musiker.

Immer wieder hört man irrwitzige Streicherpassagen und höchst komplexe Bläsergirlanden – und genau darüber sind die Katalanen an diesem Abend öfters gestolpert. Dazu kam auch, dass Jordi Savall oft viel zu rasche Tempi nahm, die die Musiker gerade noch mit Müh und Not bewältigten.

Als (leider negatives) Beispiel muss der Finalsatz der Symphonie Nr. 4 herhalten, der übrigens sehr an Schuberts zweite Symphonie erinnert. Da spielten sich vor allem die ersten Geiger fast an ihre Grenzen.

Le Concert des Nations / Jordi Savall © Carlos Suárez / Wiener Konzerthaus

Darüberhinaus waren die Damen und Herren Musiker des öfteren unkonzentriert; oft vermisste man die profunde Präzision, die man im Februar 2025 eindrucksvoll vernehmen konnte. Diese Unkonzentriertheit pflanzte sich sogar bis zum Paukisten fort, der am Schluss des zweiten Satzes der vierten Symphonie die Pianoschläge mit einer falsch gestimmten Pauke spielte.

Der fast 84-jährige Jordi Savall ist zu bewundern, wie er trotz seiner momentanen Gehbeeinträchtigung so lange Abende gestaltet – zumal ja von den Symphonien alle Wiederholungen gespielt werden. Nach dem Konzert mit den drei Symphonien übermittelte er am Mikrophon eine Friedensbotschaft. Das zeigt, wie menschlich und sympathisch er ist.

Le Concert des Nations / Jordi Savall © Carlos Suárez / Wiener Konzerthaus

Natürlich klingt die Analyse des Konzertes mit den drei Symphonien „beckmesserisch“; aber es ist schade, dass die Katalanen nicht an die grandiosen Konzerte vom Februar 2025 anschließen konnte; da bleibt es abzuwarten, wie das Konzert am 26. Juni 2025 mit Beethovens Symphonien Nr. 8 und 9 gelingen werden.

Beethoven-Zyklus: Jordi Savall, Dirigent Wiener Konzerthaus, 21. und 23. Februar 2025

 

Auch der zweite Konzertabend, 26. Juni 2025, war erwartungsgemäß enttäuschend. Der Höhepunkt war fast mehr die 8. Symphonie; hier spielte das Orchester beinahe auf dem Niveau wie im Februar. Schwachpunkte waren an den beiden Abenden vor allem die Hörner. Natürlich sind die Naturhörner äußerst schwierig zu spielen; aber gerade die Hörner sind in der 8. Symphonie äußerst wichtig. Und wenn es dann vor allem in den Solostellen in eine Art „Gegurgel“ ausartet, ist das dann alles andere als beglückend. Und auch die Fagotte waren stellenweise nicht auf der Höhe (siehe wie gesagt am Schluss der 4. Symphonie).

Und es stellt sich auch die Frage, warum viele Originalklang-Interpreten glauben, dass es immer verhetzt und ruppig klingen muß. Beispielsweise der dritte Satz der 9. Symphonie (Adagio molto e cantabile), der in dem Konzert eher wie ein Allegretto klang. Da war nichts von der Schwermut zu spüren, die Beethoven da meinte.

Foto: Le Concert des Nations / Savall © Carlos Suarez / Wiener Konzerthaus

Absolut sinnlos, da in eine Art „Beckmesserei“ zu verfallen. Höhepunkte des Abends waren das Solistenquartett; ganz besonders der Sopran Lina Johnson, der ganz am Schluss ein äußerst berührendes Pianissimo gelang.

Der Höhepunkt des Abends war der Chor „La Capella Nacional de Catalunya“, die mit ansteckender Freude auswendig und vor allem wortdeutlich „Schillers Ode“ zu Gehör brachten.

In allen vier Lagen ausgezeichnete und absolut höhensichere Stimmen, die man sehr oft in den Wiener Chören vermisst.  Vielleicht kann man noch an der Körperhaltung der Damen und Herren arbeiten; es lenkt dann doch manchmal optisch ab, wenn Einzelpersonen wie Solisten körperlich zu deklamieren beginnen.

Aber das nur als Bonmot am Rande.
Letztlich haben der Chor und das Solistenquartett (fast) die 9. gerettet!

Herbert Hiess, 27. Juni 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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