Brittens War Requiem in Berlin: Mahnung in unruhigen Zeiten

Benjamin Britten, War Requiem,  Staatsoper Unter den Linden, Berlin

Foto: Marcus Ebener (c)
Staatsoper Unter den Linden, Berlin,
26. Juni 2018
Abonnement-Konzert VIII
Benjamin Britten, War Requiem

von Peter Sommeregger

Als Schluss-und Höhepunkt ihrer diesjährigen Abonnements-Konzerte hatte die Staatskapelle Berlin das War Requiem op. 66 von Benjamin Britten gewählt. Das 1962 für die Einweihung des Neubaus der Kathedrale von Coventry geschaffene Opus ist wie wenige Werke der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in das Standard-Programm großer Orchester und Chöre aufgenommen.

Die große Besetzung für Soli, Chor, Knabenchor, Orchester und Orgel stellt eine große Herausforderung für alle Mitwirkenden dar. Das neue „Konzertzimmer“ der Staatsoper Unter den Linden bot nicht einmal allen Chorsängern Platz, der Knabenchor war unsichtbar hinter der Bühne platziert.

Das etwa 90 Minuten dauernde Werk ist keine leichte Kost. Britten hat zusätzlich zu den lateinischen Messtexten Gedichte des jungen englischen Dichters Wilfried Owen vertont, der 1918 kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs auf einem französischen Schlachtfeld fiel. Die Sopransoli sind dem gemischten Chor mit den Messtexten zugeordnet, Bariton und Tenor interpretieren die Texte Owens.

Die ersten Passagen werden leise, verhalten vorgetragen, erst allmählich steigern sich Tempo und Intensität der Musik. Die Aufführung konnte mit drei hervorragenden Solisten aufwarten: neben der Sopranistin Anna Nechaeva waren der Bariton Matthias Goerne und der Tenor Ian Bostridge aufgeboten. Bostridges etwas schneidender Tenor war für die Wiedergabe der englischen Texte vorzüglich geeignet, man konnte tatsächlich jedes Wort verstehen. Goerne dagegen sang zwar balsamisch schön, in welcher Sprache, war allerdings nicht zu hören. Nechaeva blieb gegenüber den Herren etwas blass, was aber auch dem weniger dankbaren Part geschuldet war.

Dirigiert hat den riesigen Apparat der erfahrene Brite mit italienischen Wurzeln, Antonio Pappano. Mit äußerster Umsicht und bester Kenntnis der Partitur sorgte er für ein hoch konzentriertes Zusammenspiel der zahlreichen Mitwirkenden. Der Staatsopernchor, von Martin Wright hervorragend einstudiert, und der Kinderchor der Staatsoper, Einstudierung Vinzenz Weissensteiner, stellten einmal mehr ihre hohe Qualität unter Beweis.

Das Publikum in der praktisch ausverkauften Lindenoper war von der Intensität des Werkes und seiner Interpretation gebannt. Kein Hüsteln oder unruhiges Zappeln störte die Ergriffenheit des Auditoriums. Gerade in diesen politisch unruhigen Zeiten ist dieses Werk eine deutliche Mahnung, wohin Kriege und ihre Schlachten führen. Lang anhaltender, begeisterter Applaus.

Peter Sommeregger, 27. Juni 2018,
für klassik-begeistert.de

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