Engelbert Humperdincks trauriges Märchen wird anrührend inszeniert

Blu-ray-Rezension: Engelbert Humperdinck, Königskinder  klassik-begeistert.de, 13. August 2023

Blu-ray-Rezension:

Engelbert Humperdinck
Königskinder

Netherlands Philharmonic Orchestra

Marc Albrecht   Dirigent
Christof Loy   Regie

Naxos NBDO17IV

von Peter Sommeregger

Der Komponist Humperdinck verdankt seinen anhaltenden Ruhm in erster Linie seiner Märchenoper „Hänsel und Gretel“, mittels derer Generationen von Kindern erste Bekanntschaft mit der Gattung Oper machten. Darüber ist in Vergessenheit geraten, dass Humperdinck auch mehrere andere Opern schrieb, von denen allerdings nur die „Königskinder“ eine weitere Verbreitung fanden.

Unkompliziert war freilich der Weg zum Erfolg für dieses Werk nicht. Eine erste Fassung als Melodram, 1897 in München uraufgeführt, wurde von Humperdinck später zu einer abendfüllenden Oper umgestaltet und hatte 1910 an der New Yorker Metropolitan Opera ihre höchst erfolgreiche Uraufführung. In der Rolle der Gänsemagd feierte Geraldine Farrar, einer der Stars des Hauses, wahre Triumphe, Fotos von ihr mit echten Gänsen auf der Bühne erschienen in zahlreichen Zeitschriften. Der Erfolg blieb dem Werk auch auf deutschen Bühnen treu, die Oper konnte sich lange Zeit auf den Spielplänen halten. Erst während des „Dritten Reiches“ verschwand die Oper ihrer jüdischen Librettistin Elsa Bernstein wegen aus dem Repertoire. Es dauerte bis in die 1990er Jahre, bis man sich wieder dieses höchst inspirierten Werkes annahm.

Die Amsterdamer Oper brachte die Oper im Herbst 2022 heraus, die nun vorliegende Blu-ray-Disc hält die stimmungsvolle, hochkarätig besetzte Aufführung fest. Das traurige Märchen vom Königssohn und der Gänsemagd, denen es nicht gelingt, ihr Glück festzuhalten, und die durch die Niedertracht ihrer Mitmenschen zugrunde gehen, ist eher düster angelegt, Humperdinck lockert es aber durch einige volkstümliche Tanz- und Chorszenen auf. Die ersten beiden Akte sind optisch ganz in Weiß gefasst, inklusive der geschmackvollen Kostüme. Erst im letzten Akt werden die Farben düster und die depressive Stimmung gewinnt die Oberhand.

Die Tänze choreographiert der Regisseur Christof Loy selbst, sie gelingen ihm, wie die gesamte Regierarbeit stimmig und ansprechend. Kaum ein anderer Regisseur trifft derzeit den Geist der verschiedensten Werke so stilsicher wie Loy.

Ihm steht eine glänzende Sängerbesetzung zur Verfügung. In der Rolle der Hexe beweist Doris Soffel einmal mehr ihre stimmliche wie darstellerische Brillanz, Qualität kennt eben kein Alter. Als Gänsemagd besticht Olga Kulchynska mit warm timbriertem, lyrischem Sopran, der sich optimal mit dem an Farben reichen Tenor Daniel Behles verbindet. Die beiden Stimmen verschmelzen in ihren Zwiegesängen zu optimaler Harmonie. Der Spielmann Josef Wagners bringt für seine Rolle neben seinem schön timbrierten Bariton auch große Spielfreude mit. Die zahlreichen Nebenrollen sind ebenfalls stimmig besetzt, wodurch die Aufführung eine große Geschlossenheit erreicht.

Marc Albrecht leitet das Netherlands Philharmonic Orchestra und dessen Chor mit Umsicht und feinem Gespür für die großflächige, schwermütige Getragenheit von Humperdincks Musik. Aufführungen von dieser hohen Qualität sollten dieser Oper wieder zu einem Platz im Repertoire der Opernhäuser verhelfen.

Peter Sommeregger, 13. August 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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