Buch-Rezension:
Fritz Kreisler
Ein Kosmopolit im Exil
Vom Wunderkinde zum „König der Geiger“
Ausstellungskatalog des Exilarte Zentrums Wien
Böhlau
von Peter Sommeregger
Der am 2. Februar 1875 in Wien geborene Fritz Kreisler erreichte als Geiger in seinem langen Leben eine Popularität, gleichzeitig auch die Wertschätzung der Fachleute, wie sie kaum einem zweiten Violinvirtuosen des 20. Jahrhunderts gelang.
Dabei war der Lebensweg Kreislers von den weltpolitischen Ereignissen seiner Lebenszeit stark beeinflusst, wobei Kreisler durch seine Kunst sehr wohlhabend wurde, und so den Verwerfungen der Zeit besser standhalten konnte.
Der Sohn eines jüdischen Arztes, der mit seiner Familie aus Galizien nach Wien eingewandert war, wurde bereits mit sieben Jahren als Schüler am Wiener Konservatorium angenommen, so deutlich ausgeprägt war sein musikalisches Talent. Nach dem Studium in Wien studierte er noch zwei Jahre in Paris am dortigen Konservatorium, auch dort schloss er mit Auszeichnung ab.
Die später folgende Weltkarriere konnte von den beiden Weltkriegen und der Judenverfolgung nicht nachhaltig behindert werden. Kreisler war ein echter Weltbürger, in Wien und Berlin ebenso zu Hause wie in New York.
Die im Jahr 2022 eröffnete Ausstellung über Kreisler im Exilarte Zentrum der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst, die auch dauerhaft im Internet zugänglich bleiben wird, hat in verdienstvoller Weise zahlreiche Dokumente zum bewegten Leben des Geigenvirtuosen zusammengetragen, der im Laufe seines Lebens mehrfach den Kontinent wechselte, die späten Jahre bis zu seinem Tod am 29. Januar 1962 aber in New York verbrachte.
Was die Buchausgabe des Ausstellungskataloges aber besonders wertvoll macht, sind die ausgezeichneten Artikel verschiedener Autoren, die bestimmte Aspekte von Kreislers Persönlichkeit und Fakten über seine Karriere ausführlich beleuchten. Da wird über die familiären Wurzeln ebenso ausführlich berichtet, wie über Konzertauftritte, seine Berliner Zeit und seine fast 60-jährige glückliche Ehe mit einer Frau, die eigentlich Antisemitin war.
Die Beiträge fallen so umfangreich aus, dass sie das Manko einer fehlenden modernen Biographie Fritz Kreislers ausgleichen. Zeitzeugen wurden ebenso zitiert, wie auch durchaus kritische Stimmen. Man erfährt viel über die charismatische Wirkung seines Geigenspiels, das keineswegs immer perfekt war, über seinen Schwindel, die Urheberschaft mancher seiner Kompositionen zu verschleiern, seine menschliche Großzügigkeit. Kaum ein Aspekt dieses bewegten Künstlerlebens, das gleichzeitig ein Abbild seiner bewegten Lebenszeit ist, bleibt unberührt. Die zahlreichen Abbildungen ergänzen die biographischen Details und machen diesen Katalog beinahe zu einer vollgültigen Biographie. Diese Würdigung des bedeutenden Künstlers und Menschen Fritz Kreisler kann man uneingeschränkt empfehlen!
Peter Sommeregger, 23. September 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Buch-Rezension: Ethel Smyth, Paukenschläge aus dem Paradies klassik-begeistert.de, 20. August 2023
Buch-Rezension: Daniel Ender, Alban Berg im Bild <br< klassik-begeistert.de, 10. August 2023
Hugo Wolf, Italienisches Liederbuch Staatsoper Unter den Linden, Berlin, 10. Juli 2023