Buchbesprechung:
Andrea Harrandt
Thomas Leibnitz (Hg.)
Anton Bruckner
Der fromme Revolutionär
Residenz Verlag
von Peter Sommeregger
Noch vor seinem Tod 1896 vermachte der Komponist Anton Bruckner der Wiener Hofbibliothek einen Großteil der Autographen seiner Werke. Nach dem Ende der Donaumonarchie gelangten deren Bestände in die Österreichische Nationalbibliothek, die diesen Schatz von überregionaler Bedeutung zu schätzen weiß, und ihn auch kontinuierlich durch Ankäufe erweitert.
Den bevorstehenden 200. Geburtstag Anton Bruckners nahm die Institution nun zum Anlass, ihn mit einer umfangreichen Ausstellung von Objekten aus den eigenen Beständen zu ehren. Den dazu erschienenen Katalog muss man als Glücksfall bezeichnen, so gediegen und dabei vielschichtig wird darin die komplexe Persönlichkeit des Jubilars abgebildet.
Der zunächst befremdliche Titel „Der fromme Revolutionär“ greift bereits die zwei unterschiedlichen Persönlichkeitsebenen Bruckners auf: zum Einen seine intensive Frömmigkeit, zum Anderen sein durchaus revolutionärer Kompositionsstil.
Neben den beiden Herausgebern kommen noch eine ganze Reihe weiterer Autoren zu Wort, die in kompetenter Weise sich mit allen erdenklichen Aspekten von Bruckners Biographie befassen, und das auf dem aktuellsten Stand der Forschung.
Besonders aufschlussreich ist der Beitrag über die Historie der Bruckner-Bestände in der Nationalbibliothek von Benedikt Lobes. Der Reproduktion eines Plakates kann man entnehmen, dass die Nationalbibliothek bereits zum 150. Geburtstag Anton Bruckners im Jahr 1974 eine größere Ausstellung in ihren Räumen gezeigt hat.
Von besonderem Wert ist die Fülle der Abbildungen, die neben sämtlichen bekannten Fotografien Bruckners auch sein Umfeld umfassend berücksichtigen. Praktisch alle erwähnten Persönlichkeiten mit Bezug zum Komponisten sind mit Fotos oder gezeichneten Porträts vertreten, ebenso die Gebäude, die im Leben Bruckners eine Rolle spielten. Dokumente und zahlreiche Notenbeispiele fanden als Faksimiles Aufnahme in den Band. Sogar eine Zusammenstellung von Fotos jener Frauen, um die sich Bruckner bemüht hatte, oder die er liebte, fand Aufnahme in die Dokumentation. Umfangreich werden die Wohnsitze des Komponisten geschildert, auch Gegenstände aus seinem Besitz, etwa ein Marienbild kann man als Reproduktion sehen.
Die umfangreichen Texte, ergänzt durch das reiche Bildmaterial zeichnen den Lebensweg Anton Bruckners aus der oberösterreichischen Provinz bis zu den hart erkämpften Erfolgen in Wien und schließlich zum Weltruhm auf gut 250 Seiten umfassend, dabei sehr übersichtlich nach. Das Buch ist weit mehr als nur ein Ausstellungskatalog und bereichert die Bruckner-Literatur um eine besonders geglückte Publikation. Sie ist vielleicht das beste Instrument, um sich über Anton Bruckner umfassend zu informieren.
Peter Sommeregger, 12. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt 250: Anton Bruckner klassik-begeistert.de, 4. September 2024