Beethovens Neunte hatte einen langen Weg auf die Bühne

Buchbesprechung: Beethovens 9. Sinfonie.  klassik-begeistert.de, 18. November 2025

© Annette Betz in dem Ueberrreuter Verlag GmbH, Berlin 2020 (2. Auflage)

Buchbesprechung:

Rudolf Herfurtner und Maren Briswalter
Beethovens 9. Sinfonie. Die Sinfonie in d-Moll von Ludwig van Beethoven

© Annette Betz in dem Ueberrreuter Verlag GmbH, Berlin 2020 (2. Auflage)

ISBN 978-3-219-11804-9

von Jolanta Łada-Zielke

Wenn man von der Neunten Sinfonie sprechen will, muss man von Beethovens Leben erzählen, was nicht immer einfach sei, sagen die Autoren des Buchs – Rudolf Herfurtner (Text) und Maren Briswalter (Illustrationen). Sie weisen darauf hin, dass es im Werdegang des Komponisten Zeiten gab, in denen er selbst nicht wusste, ob er lachen oder weinen sollte. Erst die Nachwelt würdigte ihn in vollem Umfang. Die Geschichte beginnt mit der Errichtung Beethovens Denkmal in Bonn nach seinem Tod.

Der Komponist war äußerlich nicht sehr attraktiv: klein, mit pockennarbigem Gesicht und wilden Haaren. Häufig lief er schlecht rasiert und in einem räudigen Frack „wie ein Stadtgespenst“ durch Wien, wo er seit 1792 lebte. Die Schilderungen, wie er mit seiner fortschreitenden Taubheit kämpfte, die ihn ab dem 25. Lebensjahr plagte, sind berührend. Seine unglückliche Kindheit und der Missbrauch durch seinen Vater stellt man milder dar, als es in der Realität geschah – wahrscheinlich wegen der jungen Leser.

Gleichzeitig offenbart dieses Buch Ludwig van Beethovens menschliche Seite, vor allem seine Liebe zur Natur und seine Bewunderung für das Leben einfacher Leute. Die Autoren beschreiben seine Beziehungen zu Aristokraten, die ihn mitunter wie ein Maskottchen behandelten, das zu ihrem Vergnügen musizieren sollte. Seine unglücklichen Liebesgefühle zu Mädchen aus höheren Gesellschaftsschichten, deren Eltern eine Heirat mit dem Musiker ablehnten, rufen Mitleid hervor.

Wie die Autoren erläutern, entstand Beethovens Idee zur Komposition der 9. Sinfonie mit der „Ode an die Freude“während eines Gesprächs mit seinem Neffen Karl. Das Werk hatte einen langen Weg bis zur Bühne des Theaters am Kärntnertor. Noch kurz vor der Uraufführung nahm der Komponist nochmals eine Überarbeitung vor. Die Solistinnen Henriette Sontag (Sopran) und Caroline Unger (Alt) haben gemeckert, noch nie etwas so Schwieriges gesungen zu haben und saßen fünf Tage vor der Premiere mit Halskompressen zu Hause.

Das Projekt war ein voller Erfolg; alle 2400 Plätze des Theaters waren ausverkauft. Zu Beginn des Konzerts sang der Chor drei Sätze der „Missa solemnis“. Dann folgte die Neunte. Nach dem zweiten Satz, dem Scherzo, war das Publikum so begeistert, dass es die Aufführung mit Applaus unterbrach. Nach dem letzten Satz wurde der Applaus noch lauter. Der arme Komponist konnte ihn leider nicht mehr hören. Erst als Caroline Unger ihn auf die Bühne führte und ihn dem Publikum zuwandte, erhaschte er einen Blick auf die begeisterte Reaktion der Zuschauer.

Zum Schluss zitiert der Autor den Text von Schillers „Ode an die Freude“. Dem Buch liegt eine CD mit Aufnahmen von Auszügen aus der Geschichte und den Sätzen der Symphonie bei, aufgeführt vom SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, sowie dem Rundfunkchor Berlin und Solisten unter der Leitung von Michael Gielen. Als Sprecher tritt Dietmar Wunder auf.

Bei der Lektüre dachte ich über die ungewöhnlichen Aufführungen dieser Sinfonie nach. Im von den Nazis besetzten Krakau spielte sie das Orchester der Philharmonie des Generalgouvernements in seinem ersten Betriebsjahr (1940/41) unter der Leitung von Hans Rohr. Damals gab es dort noch keinen Chor; diesen hat man erst 1942 gegründet. Daher führte das Orchester nur drei Sätze des Werkes auf. Der Dirigent behauptete selbst, die Worte „Alle Menschen werden Brüder“ seien in der damaligen Situation ohnehin unpassend. Doch diese Aussage bringt nach wie vor eine Hoffnung, auch wenn es heute immer noch Kriege gibt.

Das Buch eignet sich sowohl für jüngere als auch ältere Leser, die mehr über dieses wundervolle Werk erfahren möchten. Ich freue mich sehr, dass die Neunte zur Eröffnung der Jubiläums-Wagner-Festspiele in Bayreuth
am 25. Juli 2026 aufgeführt wird – genau wie vor 150 Jahren.

Jolanta Łada-Zielke, 18 November 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Neujahrskonzert der Wiener Symphoniker und der Wiener Singakademie, Beethoven 9 Wiener Konzerthaus, 1. Januar / Jänner 2024

Wiener Symphoniker, Marie Jacquot Wiener Konzerthaus, 31. Dezember 2024

Ludwig van Beethovens 9. Symphonie, Daniel Barenboim Staatsoper Unter den Linden, Berlin, 1. Januar 2023

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