Fotos: © Johannes Ifkovits
Buchbesprechung:
Die Oper kocht
Weltstars am Herd: Die Lieblingsrezepte großer Stimmen
Johannes Ifkovitsch & Evelyn Rillé
336 Seiten
Opera Rifko Verlag
ISBN 9 783950 295658
Die englischsprachige Herausgabe: The Opera Cooks
von Jolanta Łada-Zielke
70 Opernstars aus 28 Nationen stehen in der Küche statt auf der Bühne, tragen Schürzen statt Kostüme, ihr Schmuck besteht aus witzigen Gemüse- und Obstkombinationen und ihre Requisiten sind Pfannen, Teigroller, Küchen- und Hackmesser, Löffel oder Rührstäbe. Die Fotos zeigen, dass sich die SängerInnen dabei so gut amüsieren, dass sich ihre Stimmung auf die LeserInnen überträgt.
Die Idee dieses Opernstar-Kochbuchs kam von dem Fotografen Johannes Ifkovitsch, der alle Texte verfasst und die Bilder gemacht hat. Seine Ehefrau, das Model Evelyn Rillé, betreute alle Sängerrezepte und sorgte mit ihrem Styling, Make-up und Grooming für wunderbare Voraussetzungen. Das Projekt war purer Genuss für die Sänger selbst, die ihre Lieblingsgerichte gemeinsam mit den Buchautoren zubereiteten. Sie konnten sich etwas Auszeit von ihrer ständigen Reisetätigkeit nehmen und ein paar Geheimnisse aus ihrer eigenen Küche enthüllen.
Zu jedem Künstler steht ein Biogramm, ein Text über seine kulinarischen Vorlieben und ein kurzes Interview beigefügt, in dem die Person verrät, wie sie Heißhunger stillt, oder welche Leckerei ihre größte Schwäche ist. Neben der deutschsprachigen Fassung des Rezepts präsentieren es die Autoren auch in der Muttersprache der SängerInnen, in ihrer Handschrift geschrieben. Am Ende jedes Beitrags schlagen die Künstler eine bestimmte Weinsorte für das Gericht vor.
Zuerst dachte ich, dass die kulinarischen Kreationen weltberühmter Opernstars sehr raffiniert sind. Zwar habe ich nicht erwartet, dass einer der Tenöre einen Schwan vom Spieß, als Anspielung auf „Carmina Burana“ oder „Lohengrin“ anbietet, aber dass eines der Fischgerichte zum Beispiel „Zauberfilet“ heißen würde. Piotr Beczała schlägt jedoch einen fantasievollen „Fisch auf einem Floß“ vor. Die Masten dieses Floßes sind grüner Spargel. Pretty Yende präsentiert auch Fisch mit Spargel. Diese beiden Gerichte werden erst im Mai auf meinem Menüplan stehen.
Manche Speisen sind einfach vorzubereiten, wie Linguine all’amatriciana von Aleksandra Kurzak, Kartoffelgulasch mit Debrezinern von Angelika Kirchschlager, oder Chili con Carne von Matthew Polenzani. Mehr Arbeit erfordern die Tatarische Pie „Bjelish-Balish” von Ildar Abdrazakov, Krautstrudel von Diana Damrau, Hirschfilet mit Pilzen von Michael Spyres oder Schmortopf à la provençale mit dunkler Kochschokolade – die Spezialität von Ludovic Tézier.
Jonas Kaufmann und René Pape präsentieren die Köstlichkeiten ihrer regionalen Küche: Bayerischen Schwein- und sächsischen Sauerbraten mit Klößen. Asmik Grigorian bietet auch etwas Einheimisches an, nämlich kalten Bortschtsch. Dieses Gericht kennen ebenfalls die Bewohner von Nordostpolen, unter dem Namen Chłodnik, und die von baltischen Ländern. Jekaterina Sementschuk, Sonya Yoncheva, Stephen Costello, George Gagnidze und Bryan Hymel sind Fans von Geflügelgerichten. Steaks sind die Lieblingsspeisen von Tara Erraught, Michael Schade, Joseph Calleja. Anna Netrebko, die auf dem Foto einen Knoblauchbund auf der Schulter trägt, bietet eine Delikatesse der leichten Küche, nämlich gefüllte Paprika.
Nur zwei SängerInnen präsentieren Gerichte, deren Namen sich auf bestimmte Opernkomponisten beziehen. Annette Dasch bietet kreative Mozart-Marillenknödel an. Sie bestehen aus echten Mozartkugeln-Pralinen, die die Sopranistin anstelle des Steins in die Marillen legt, sie mit Mehl umhüllt und schließlich die geformten Knödel mit Staubzucker bestäubt. Dies scheint mir eine Kalorienbombe zu sein, also werde ich die Knödel eher für eine Naschkatzen-Party zubereiten, von denen niemand bei solchen Köstlichkeiten lange zögert: „Vorrei, e non vorrei…“ sondern sagt: „Pria lo prendiam in mano, poi lo mettiam in bocca“.
Ziemlich interessant und nützlich finde ich das Meistersinger-Power-Booster-Gericht von Klaus Florian Vogt, dessen Basis griechischer Joghurt mit Himbeeren, Blaubeeren, Mango und Haselnüssen ist. Der Tenor nimmt diese Mischung in einer Tupperdose in seine Garderobe in Bayreuth mit, um sich bei dem mehrstündigen Singen zu stärken. Wacht auf! Es nahet gen den Tag, wann ich dieses Rezept verwende – und dies ist möglicherweise das nächste Chor-Probenwochenende.
Dieses Buch eignet sich als Geschenk für alle, die die Oper genauso wie das Kochen lieben. Falls jemand die Musik mehr mag, als in der Küche zu stehen, oder zu wenig Zeit dafür hat, kann er diese Publikation ebenfalls nutzen. Ab und zu wird man daraus etwas Besonderes für seine Gäste zubereiten und stolz ankündigen: ich serviere euch den Kalifornischen Burger nach dem Rezept von Charles Castronovo, die Crêpes von José Carreras, und eine Torte von Nina Stemme oder Anja Harteros. Ich selbst habe jedenfalls mehr Lust aufs Kochen als früher. Danke, Evelyn und Johannes, für dieses hervorragendes Kochbuch!
Jolanta Łada-Zielke, 30. Januar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Jolanta Łada-Zielke
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