Der Freischütz © Anja Koehler
Der „Freischütz“ auf der Seebühne Bregenz ging in die zweite Spielzeit – und fällt auf durch erhebliche Verbesserungen, vor allem beim Text des Teufels Samiel (hervorragend – diabolisch: Moritz von Treuenfels). Wasser war vor allem an diesem Abend das dominierende Element: Die großartige Aufführung versank buchstäblich in den Fluten des Bodensees und in einem plötzlich und überraschend einsetzenden Starkregen. Schier unglaublich, wie Sänger, Sängerinnen und Chor es schaffen, schwimmend oder im Wasser stehend perfekt zu singen und ihre Rollen auszuüben.
Carl Maria von Weber
Der Freischütz
Romantische Oper in drei Aufzügen (1821)
Libretto von Friedrich Kind nach der gleichnamigen Erzählung von August Apel
Dialogfassung von Jan Dvořák nach einem Konzept von Philipp Stölzl
Zusatzmusik von Ingo Ludwig Frenzel
Musikalische Leitung
Patrik Ringborg, Christoph Altstaedt
Inszenierung, Bühne, Philipp Stölzl
Statisterie der Bregenzer Festspiele
Bregenzer Festspielchor, Leitung Benjamin Lack
Prager Philharmonischer Chor, Leitung Lukáš Kozubík
Wiener Symphoniker
Bregenzer Festspiele, Seebühne, 29. Juli 2025
von Dr. Charles E. Ritterband
Eine durch und durch spektakuläre Aufführung: Teufelsspuk, technisch ausgefeilte Klangeffekte, imposante „gothische“ Stimmung, ein brennender Kirchturm, ein Karren gezogen von einem Pferdeskelett, einer Schindmähre, ein „fliegendes Ehebett“ und eine gigantische Schlange.
Vor allem aber ein realistisch dargestelltes Dorf aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und, mitten im Hochsommer, Eisschollen die einen frieren machen.
Philipp Stölzls Inszenierung ist unbestreitbar ein Meisterstück und sie ein zweites Mal anzuschauen lohnt unbedingt – zumal wirksame Verbesserungen angebracht wurden.
Leider ging auch diesmal die für die Handlung zentrale Wolfsschlucht ziemlich unter im Rausch der Licht- und Toneffekte sowie des üppigen, detailreichen Bühnenbilds. Das Ganze wirkt doch eher wie ein 3D-Film und nicht wie eine traditionelle Oper. Das Szenische dominierte – allerdings wohl auch auf Kosten des Musikalischen.
Der Dirigent Christoph Altstaedt holt mit dem wie immer erstklassigen Hausorchester, den Wiener Symphonikern, das beste aus der Musik Webers – grandios, dann wieder subtil und einfühlsam.

Die stimmlichen Leistungen waren durchwegs bestechend: Der Max des Mauro Peter zeigte sich höhensicher und zugleich emotionsbetont, die Agathe der Mandy Friedrich wunderbar klangvoll, intensiv und harmonisch.

Großartig Moritz von Treuenfels Samiel, dessen Texte gegenüber der Aufführung vom letzten Jahr wirkungsvoll zurechtgestutzt wurden. Er ist der unbestrittene Showmaster, der Mittelpunkt dieser Inszenierung. Großartig.
Dr. Charles E. Ritterband, 1. August 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Carl Maria von Weber, Der Freischütz – Romantische Oper Seebühne Bregenz, 17. Juli 2024 (Première)
Carl Maria von Weber, Der Freischütz, Romantische Oper Seebühne Bregenz, 17. Juli 2024 (Première)
Gioachino Rossini, Tancredi Bregenz, Festspielhaus, 18. Juli 2024 PREMIERE
Der Freischütz, das klingt immer noch nach Gymnasium, Oberstufe, Erinnerungen an einige Wochen Durcharbeitung werden wach. Dann zwei fade und blasse Inszenierungen in der Ruhgebietsstadt Essen, DOR mit vollen Spezialeffekten und an der Mailänder Scala etwas robuster.
Bregenz aber nun mit allen Registern, der Biedermeier wird mit rauschendem Wasserballett geplättet und das Böse entpuppt sich als allgegenwärtig.
Stimmliche Leistung war, besonders was Max anging, besonders besch…eiden. Einzig mit Technik und Abkürzen der Tonlänge hat er sein Unvermögen (an dem Tag 5.8.25) in den Höhen überspielt!
Bei einer Open-Air Veranstaltung sieht man aber gerne über sowas hinweg und freut sich, den zweiten Vorstellungstag (siehe oben) in Folge, regen- und schauerfrei miterlebt haben zu dürfen.
Andreas Essen
Normalerweise gehöre ich nicht zu denjenigen, die meinen, überall ihren mehr oder weniger qualifizierten Senf dazu geben zu müssen. Im Fall der Aufführung von Webers Freischütz bei den Bregenzer Festspielen muss ich aber eine Ausnahme machen. Das war Musiktheater auf aller höchstem Niveau in alle Richtungen! Ja… man sitzt nicht im Opernhaus und schon alleine deshalb muss die Atmosphäre eine andere sein. Ja… es wurden Veränderungen, Adaptionen, Kürzungen vorgenommen, aber aus meiner Sicht genau richtig dosiert. Und ja… es tut sich was, unaufhörlich, spannend, vielseitig und somit maximal kurzweilig. Selbst die in einer anderen Inszenierung möglicherweise zu kitschig geratenen Momente haben hier ihre absolute Berechtigung. Sie geraten nicht nur zum schmückenden Beiwerk, sondern regen sogar zum Nachdenken an. Und ja… es bedient ein breites Publikum, aber genau das sollte meiner Meinung nach das Ziel sein, wenn man Musiktheater nicht als fossiles Relikt für vermeintlich elitäre Kreise verstehen will. Das Durchschnittsalter des Publikums an diesem Abend (15.08.25) – der übrigens noch lange nachwirken wird – scheint den Verantwortlichen jedenfalls Recht zu geben. Bravi und vielen Dank!
Tom