The Barber of Seville, Wilton’s Music Hall (Foto Dr. Charles Ritterband)
Der „Barbier von Sevilla“ – Rossinis spritzigste, meist gespielte und daher bekannteste Oper – statt in Sevilla in einem Saloon tief im Wilden Westen, mit Cowboys, Gangstern und einem Sheriff: wie soll denn das gehen? Es geht nicht nur, es überzeugt und brilliert!
Der „Barbier“ ist ja bereits eine turbulente Komödie mit Elementen aus der „Commedia dell’arte“, parodistischen Anspielungen auf die Tragik der „Opera seria“ – weshalb denn nicht dieses so humorvolle Stück eine parodistische Ebene weiter hinauf katapultieren, von Sevilla in den Wilden Westen! Es funktioniert, da intelligent und konsequent bis ins letzte Detail durchgearbeitet, mit Sängerinnen und Sängern, die nicht nur musikalisch Hervorragendes leisten, sondern mit überschäumender Spielfreude und großartiger, ja kaum zu bremsender komödiantischer Begabung und bestem englischen Humor das Ganze in Schwung bringen und das Publikum zu frenetischem Applaus hinreißen.
Die kleine englische „Charles Court Opera“ hat das geschafft – und beschämt gleichsam mit ihrer fulminanten Produktion die Heerscharen von autistischen Regisseuren des aktuellen „Regietheaters“ mit ihren bisweilen geradezu schwachsinnigen Umsetzungen altbewährter Opern.
Dort gäbe es nur den vehementen Zuruf: „Lasst die Finger davon!“. Solchen Regisseuren fehlt nicht nur die kritische Selbstdistanz, sondern auch der Humor. Und den gab es in diesem englischen Wildwest-Barbier in Hülle und Fülle…
Gioachino Rossini
The Barber of Seville (in englischer Übersetzung)
Regie: John Savournin
Musikalische Leitung, englische Fassung und Piano: David Eaton
Charles Court Opera, Wilton’s Music Hall, London, 22. März 2024
Figaro: Jonathan Eyers
Graf Almaviva: Joseph Doody
Rosina: Samantha Price
Bartolo: Matthew Kellett
Basilio: Hugo Herman-Wilson
Berta: Ellie Laugharne
Fiorello/Sheriff: Arthur Bruce
von Dr. Charles E. Ritterband
Allein schon die Spielstätte ist ein Ereignis: Wilton’s Music Hall, rund 10 Gehminuten vom Tower of London entfernt, wurde vor immerhin 173 Jahren gegründet und ist somit eine der ältesten, immer noch intensiv genutzten Spielstätten Londons. Der denkmalgeschützte, rohe Backsteinbau, gelegen in einem unscheinbaren Gässchen, hat Patina, viel Atmosphäre und ist sogar ziemlich „spooky“ gespenstisch in einer sehr englischen Art. Der ovale Saal mit seinen herrlichen, gedrechselten Holzsäulen und den Fresken indischer Tänzerinnen bietet rund 350 Zuschauern Platz. „Rossini, The Barber of Seville (in englischer Übersetzung)
Charles Court Opera, Wilton’s Music Hall, London, 22. März 2024“ weiterlesen