Die Wehklagen der Betrogenen: Peter Konwitschnys Hamburger „Don Carlos“ dreht seine letzte Runde mit Bravour

© hvoigt, Luigi De Donato

Giuseppe Verdi
Don Carlos

Libretto: Joseph Méry, Camille du Locle nach Friedrich Schillers Drama “Don Carlos”

Uraufführung:

  1. März 1867, Pariser Oper , Paris (Fassung in französischer Sprache)
  2. Januar 1884, Teatro alla Scala, Mailand (Fassung in italienischer Sprache)

    Inszenierung: Peter Konwitschny (4. November 2001)
    Bühnenbild, Kostüme: Johannes Leiacker
    Licht: Hans Toelstede
    Dramaturgie: Werner Hintze
    Spielleitung: Birgit Kajtna

    Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
    Musikalische Leitung: Leo Hussain
    Chor: Chor und  Extrachor der Hamburgischen Staatsoper
    Chorleiter: Eberhard Friedrich

Staatsoper Hamburg, 26. November 2023

von Dr. Holger Voigt

Eher selten eröffnet sich die Gelegenheit, die originäre französischsprachige Originalversion Giuseppe Verdis Monumentaloper „Don Carlos“ zu erleben. Im Gegensatz zu der 1884 in Mailand uraufgeführten italienischen Fassung „Don Carlo“ folgte der Komponist, der damals in Paris lebte und arbeitete, den seinerzeitigen französischen Usancen der Integration von Zwischenmusiken und Ballett, ohne die eine Oper nicht auf die Bühne gebracht werden konnte. „Giuseppe Verdi, Don Carlos
Staatsoper Hamburg, 26. November 2023“
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Alle Beteiligten führen den 4. und 5. Don-Carlos-Akt bei der Dernière zu einem sternstundenwürdigen Ereignis

Nino Machaidze, Russell Thomas, Katja Pieweck (Foto: RW)

Wie Katja Pieweck mit Modulation ihrer Stimmfarbe und zum Teil verzögerter bzw. schnellerer Tonemission die starken Gefühle, die geradezu überbordende Reue Elisabeth gegenüber, und den inneren Jubel ob des in ihr ausbrechenden Wunsches, den Infanten zu retten, ausdrückte, war phänomenal. Und das alles nur für eine einzige Vorstellung, warum eigentlich, Herr Operndirektor?

Don Carlos
Oper von Giuseppe Verdi in französischer Sprache

Ungekürzte Fassung in 5 Akten und 10 Bildern

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Leitung Leo Hussain

Staatsoper Hamburg, 26. November 2023

von Dr. Ralf Wegner

Nicht nur einzelne oder vielleicht zwei herausragende gesangliche Darbietungen können einem das Gefühl geben, einer gesanglichen Sternstunde beigewohnt zu haben, sondern auch die gleichbleibend hohe Qualität von allen auftretenden Sängerinnen und Sängern.

Das war am Abend des 26. Novembers der Fall. Ich beziehe mich dabei nur auf den 4. und 5 Akt, also auf die letzten zwei Stunden der Aufführung und nicht auf die inszenatorischen Friktionen davor. Davon habe ich vor drei Tagen berichtet. „Don Carlos, Oper von Giuseppe Verdi
Staatsoper Hamburg, 26. November 2023“
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In Peter Konwitschnys überlanger, schwach besuchter Don Carlos-Inszenierung wurde überaus gut gesungen

Foto: Der Vorhang schließt sich nach dem dritten Akt; mit Yeongyou Katharina Jang (Thibault), Eve Maud Hubeaux (Eboli), Nino Machaidze (Elisabeth) Alexey Bogdanchikov (Posa), Alexander Vinogradov (Philipp II.) und Olivia Boen (Stimme vom Himmel) (Foto RW)

Don Carlos
Oper von Giuseppe Verdi in französischer Sprache

Ungekürzte Fassung in 5 Akten und 10 Bildern

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg,
Leitung  Leo Hussain

Staatsoper Hamburg, 23. November 2023


von Dr. Ralf Wegner

Wer hat schon am späten Donnerstagnachmittag Zeit, um in die Oper zu gehen. Sehr viele waren es nicht. Das tat der Begeisterung am Ende keinen Abbruch. Wer die ausgedehnte, mehr als 4 Stunden Nettospielzeit umfassende Inszenierung Konwitschnys bereits kennt und nicht die dafür notwendige Zeit opfern will, sollte trotzdem hingehen, wenigstens nach der zweiten Pause zum 4. Akt, denn dann beginnt das eigentliche Musikdrama erst.

Aus dem dritten, während der Pause als öffentlicher Auftritt inszeniertem Akt: Die Delinquenten werden durch das Foyer getrieben, Königin und König sowie Posa mit Eboli folgen, König und Königin betreten den Zuschauerraum, Carlos mit den Deputierten aus Flandern, Die Deputierten bedrängen die Königin, Carlos erhebt die Waffe gegen den König, Posa kniet vor dem König (Foto: RW)

Zunächst, ich bin kein Freund der französischen Grand Opéra-Fassung. Auf italienisch klingt Verdi einfach besser. Der sog. Fontainebleauakt ist für mich musikalisch verzichtbar, vor allem reduziert er die späteren Liebeskonflikte auf banale Fakten. Man muss bei Verdi nicht erklärt bekommen, warum jemand liebt oder hasst, dass erschließt sich allein aus der Musik.
„Giuseppe Verdi, Don Carlos
Staatsoper Hamburg, 23. November 2023“
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Staatsoper Hamburg: Von einer Revolutionsoper ist dieser provinzielle "Fidelio" weit entfernt

Fidelio, Staatsoper Hamburg © Arno Declair

FIDELIO
Ludwig van Beethoven

Musikalische Leitung    Kent Nagano
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Chor der Hamburgischen Staatsoper

Inszenierung            Georges Delnon
Bühne                          Kaspar Zwimpfer
Kostüme                     Lydia Kirchleitner
Licht                             Michael Bauer
Video                            fettFilm
Dramaturgie             Klaus-Peter Kehr, Johannes Blum

Chor                              Eberhard Friedrich

Don Fernando           Han Kim
Don Pizarro                Leigh Melrose
Florestan                     Matthew Polenzani
Leonore                        Jennifer Holloway
Rocco                             Franz-Josef Selig
Marzelline                   Narea Son
Jaquino                         Daniel Kluge

1. Gefangener               Dae Young Kwon
2.Gefangener               Christian Bodenburg

Staatsoper Hamburg, Großes Haus, 16. November 2023

von Iris Röckrath

Endlich besuche ich nach längerer Zeit wieder eine Fidelio-Aufführung. Bekannt ist mir das Werk aus vielen Jahren Opernmusik. Als 20-Jährige durfte ich im Orchestergraben „Wer ein holdes Weib errungen“ mit dem damaligen Alsterspatzen-Chor mitsingen. Auf der Bühne sangen René Kollo und Hildegard Behrens und vor mir als Dirigent stand Christoph von Dohnányi. „Ludwig van Beethoven, Fidelio
Staatsoper Hamburg Großes Haus, 16. November 2023“
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„O welche Lust, in freier Luft den Atem leicht zu heben!“ – Beethovens Oper „Fidelio“ an der Staatsoper Hamburg

Photos © Arno Declair (Staatsoper Hamburg, Premiere 2018)

Ludwig van Beethoven, Fidelio

Kent Nagano, Dirigent

Jennifer Holloway, Sopran
Matthew Polenzani, Tenor
Franz-Josef Selig, Bass
Leigh Melrose, Bariton
Narea Son, Sopran
Daniel Kluge, Tenor

Chor der Staatsoper Hamburg
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Georges Delnon, Inszenierung

Staatsoper Hamburg, 16. November 2023

von Dr. Andreas Ströbl

Als „Katastrophe“ wurde Beethovens „Fidelio“ an der Hamburger Staatsoper in der Inszenierung von Georges Delnon in der Presse nach der Premiere am 17. Januar 2018 bezeichnet, die Adjektive erstreckten sich über ein Spektrum von „langweilig“ und „quälend“ bis „klischeehaft“. „Ludwig van Beethoven, Fidelio
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Das war wohl die spannendste Salome-Inszenierung, die wir bisher sehen durften

Foto: Asmik Grigorian (Salome) (RW)

Nur Herodes hörte Jochanaan wirklich zu, denn er erkannte, dass sich hinter der Maske des wortgewaltigen Mahners mehr verbirgt als ein zirzensischer Unterhaltungsclown. John Daszak faszinierte in der Rolle des Herodes sowohl darstellerisch als auch mit seinem hellen, stets sicher über dem unter Kent Nagano fast durchgehend laut spielenden Philharmonischen Staatsorchester liegend.

Salome, Oper von Richard Strauss

Inszenierung und Bühnenbild: Dmitri Tcherniakov

Staatsoper Hamburg, 15. November 2023

von Dr. Ralf Wegner

Die Inszenierung und das bereits mehrfach beschriebene, nach vorn gezogene und seitlich sowie nach oben eingehauste Bühnenbild hatten es in sich. Im schräg zur Bühne sich entlang streckendem Speisesaal mit opulent gedeckter Tafel und weiten Türen nach hinten und seitlich versammelten sich Herodes Geburtstagsgäste. Das war optisch schon einmal beeindruckend. „Salome, Oper von Richard Strauss
Staatsoper Hamburg, 15. November 2023“
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„Es bleibt ja in der Familie“ – Dmitri Tcherniakovs faszinierende Inszenierung von Richard Strauss’ „Salome“ an der Hamburgischen Staatsoper

Salome © Monika Rittershaus

Richard Strauss
Salome
Musikdrama in einem Akt
Nach Oscar Wildes Tragödie „Salome“ (1891)

Erstaufführung: Dresden, Semperoper, 9. Dezember 1905
Premiere: 29. Oktober 2023

Staatsoper Hamburg, 12. November 2023

von Dr. Holger Voigt

Dass Richard Strauss’ einaktige Oper „Salome“ nach der gleichnamigen einaktigen Tragödie Oscar Wildes (geschrieben in Paris im November/Dezember 1891 auf der Grundlage des Markus- und Matthäus-Evangeliums des Neuen Testamentes) überhaupt den Weg auf die Opernbühne schaffte, mag aus heutiger Sicht eines aufgeklärten Publikums fast wie ein Wunder anmuten.

Während Richard Strauss die Operntauglichkeit des Theaterstückes begeistert zum Ausdruck brachte, stieß die Erstaufführung 1905 in Dresden auf eine sehr kontroverse Aufnahme. In Wien gab es gar zensurbedingt keine Freigabe und Genehmigung zur Aufführung, weshalb Graz als Ausweichmöglichkeit gewählt werden musste. „Richard Strauss, Salome
Staatsoper Hamburg, 12. November 2023“
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Asmik Grigorian brilliert als gestörte Kindfrau in einer aufregenden Salome an der Hamburgischen Staatsoper

Magisch und dämonisch, verführerisch und attraktiv, hocherotisch und genau deshalb eine reale Gefahr für die Männerwelt – das ist Salome. Diese Frauenfigur, der in Kunst und Literatur seit jeher der Stempel der „Femme fatale“ aufgedrückt wird, entwickelt sich in der spannenden und höchst verrückten Inszenierung an der Hamburgischen Staatsoper zu einer totalen Anti-Heldin.

Richard Strauss | Salome
Musikdrama in einem Akt (1905)

Musikalische Leitung: Kent Nagano
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

Inszenierung und Bühne: Dmitri Tcherniakov

Herodes – John Daszak
Herodias – Violeta Urmana
Salome – Asmik Grigorian
Jochanaan – Kyle Ketelsen
Page – Jana Kurucová
Narraboth – Oleksiy Palchykov

Staatsoper Hamburg, 12. November 2023

von Nicole Hacke

Im Regiewerk von Dmitri Tcherniakov zeigt sich die von Jochanaan brüsk abgewiesene Salome als äußerst sperrige Kindfrau, die aus dem Teenageralter noch nicht ganz herausgewachsen scheint. Verkörpert von der litauischen Sopranistin Asmik Grigorian zeichnet der Regisseur ein verstörendes Psychogramm einer unreifen Frau, die in ihrer trotzigen und beängstigend autistischen Art ihre unerwiderte Liebe zu Jochanaan gerächt wissen will. „Richard Strauss, Salome
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Im Netz von Macht, Intrigen und Verrat gibt es keinerlei Entrinnen – Giacomo Puccinis düstere „Tosca“ an der Hamburgischen Staatsoper

Archiv: Tosca, Staatsoper Hamburg © Arno Declair

Ein glanzvoller Opernabend in der Hamburgischen Staatsoper. So düster und aussichtslos, dabei musikalisch so wunderschön – das kann nur Oper leisten!

Giacomo Puccini
Tosca

Inszenierung: Robert Carsen
Bühnenbild und Kostüme: Anthony Ward
Lichtkonzept: Davy Cunningham

Premiere 15. Oktober 2000

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Musikalische Leitung: Paolo Carignani

Besetzung:

Floria Tosca:  Ewa Vesin, Sopran
Mario Cavaradossi:  Young Woo Kim, Tenor
Baron Scarpia:  Andrzej Dobber, Bariton
Cesare Angelotti:  Chao Deng, Bass-Bariton
Sagrestano:  David Minseok Kang, Bass
Spoletta:  Peter Galliard, Tenor
Sciarrone:  Liam James Karai, Bass-Bariton

Un Carceriere:  Chorsolist
Un Pastore:  Yeonjoo Katharina Jang

Kinderchor:  Alsterspatzen – Kinder- und Jugendchor der Hamburgischen Staatsoper

Chor: Chor der Hamburgischen Staatsoper
Orchester:  Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

Staatsoper Hamburg, 5. November 2023

von Dr. Holger Voigt

„Dem Wort eines Despoten sollte man tunlichst nicht vertrauen; es öffnet eher Tod und Verderben die Türen“.

Diese Einsicht – der heutigen Politik offenkundig noch immer nicht geläufig – hat Giacomo Puccini bereits vor mehr als einem Jahrhundert dazu bewogen, einen packenden Politthriller auf die Opernbühne zu bringen, dessen Spannung nicht eine Sekunde Entlastung zulässt (Uraufführung: 14. Januar 1900, Teatro Costanzi, Rom). Zum Schluss haben vier Protagonisten (Angelotti, Scarpia, Cavaradossi, Tosca) ihr Leben verloren und keine Seite hat gesiegt. In düsterem Nichts endet eine der bedeutendsten Opern des Verismo und hinterlässt Rat- und Sprachlosigkeit, während im Kopf die musikalischen Leitmotive noch stundenlang nachklingen. Das ist das, was große Oper ausmacht! „Giacomo Puccini, Tosca
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Staatsoper Hamburg: Drei neue Solisten glänzen in der 23 Jahre alten Inszenierung von „Tosca“

Young Woo Kim, Eva Vesin und Andrzej Dobber nach der Tosca-Aufführung am 5. November 2023 in der Hamburgischen Staatsoper, Foto: privat

Giacomo Puccini
Tosca

Staatsoper Hamburg, 5. November 2023

von Jolanta Łada-Zielke

Das Publikum der Hamburgischen Staatsoper spendete großen Beifall den drei Solisten in den Hauptrollen von Puccinis „Tosca“. Die Titelrolle singt die polnische Sopranistin Ewa Vesin. Ihre Partner sind Andrzej Dobber als Scarpia und der koreanische Tenor Young Woo Kim als Cavaradossi. Starke Stimmen, ein hohes Gesangsniveau und lebendig gezeichnete Charaktere trugen zum Erfolg dieses Trios bei. „Giacomo Puccini, Tosca
Staatsoper Hamburg, 5. November 2023“
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