Muti und die Wiener Philharmoniker verzaubern die Berliner Waldbühne

Waldbühne © ZDF/Jule Roehr

„Eine europäische Nacht“ 

Wiener Philharmoniker
Riccardo Muti, Dirigent

Berliner Waldbühne, 9. Mai 2024

von Kirsten Liese

In die Berliner Waldbühne und überhaupt in Konzerte unter freiem Himmel mit akustischer Verstärkung verirre ich mich eher selten, obwohl ich nach diesem Abend zugeben muss, dass die Akustik in dem Amphitheater, das bis zu 20 000 Zuschauern Platz bietet, besser war als erhofft. Einen Auftritt von Riccardo Muti und den Wiener Philharmonikern an diesem Ort lasse ich mir freilich nicht entgehen.

Und staune allein schon über die enormen physischen Kräfte des Maestros, der eben noch an vier Tagen Beethovens Neunte im Wiener Musikverein dirigierte und am Rande sogar noch für das Waldbühnen-Konzert probte! Dirigenten über 80, die ein solches Pensum mit einem vergleichbaren Elan meistern, gibt es wahrlich nicht allzu viele. Und damit ist die große Sause mit den Wienern und Muti noch längst nicht zu Ende, die sich in Italien mit einem Mozart-Schubert-Programm fortsetzt. „Eine europäische Nacht, Wiener Philharmoniker, Riccardo Muti, Dirigent
Berliner Waldbühne, 9. Mai 2024“
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Ein Russischer Abend in der Berliner Waldbühne: Kunst versus Zeitgeist

Waldbühne Berlin, Foto: © Monika Rittershaus

Waldbühne Berlin, 25. Juni 2022

Anatoli Ljadow
Kikimara op.33

Sergej Rachmaninow
Konzert für Klavier und Orchester Nr.2 op.18

Modest Mussorgsky
Bilder einer Ausstellung

In der Orchestrierung Maurice Ravels

Berliner Philharmoniker
Kirill Gerstein,  Klavier
Kirill Petrenko,  Dirigent

von Peter Sommeregger

In den gegenwärtigen Zeiten, in denen der aktuelle Konflikt mit dem Despoten im Kreml wenig russland-freundliche Stimmung aufkommen lässt, setzt dieses erste Waldbühnen-Konzert Kirill Petrenkos ein bewusstes Zeichen. Die Fülle der russischen Kultur, speziell auf dem Gebiet der Musik, hat nichts, aber auch gar nichts mit jenem Mann und seinem Regime zu tun, das die Welt gerade empört.

Kirill Petrenko findet in seinem ersten Waldbühnen-Konzert zu einer klugen Ausgewogenheit des Programms. Die über 20.000 Besucher wollen schließlich auch Populäres hören, aber für Wunschkonzert-Niveau stehen dieses Orchester und ihr charismatischer Chef nicht zur Verfügung.

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Waldbühne Berlin, 25. Juni 2022“
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Jonas Kaufmann in Topform besingt mit „Dolce Vita“ die Liebe und das süße Leben

Foto: Harald Hoffmann (c) Sony Music Entertainment
Waldbühne Berlin, 13. Juli 2018

von Ursula Wiegand (onlinemerker.com)

Jonas Kaufmann liebt nach eigenen Worten Italien in allen seinen Facetten. Genau so singt er in der Waldbühne und macht den Abend zum Ereignis. Open Air stellt aus technischen Gründen die Ohren nicht immer zufrieden, doch diesmal ist alles gut ausgesteuert. So jedenfalls mein Eindruck in Block C.

Insgesamt wird dieser Freitag, der 13. (!), zu einem Glückstag. Der angekündigte Regen bleibt aus, und wir erleben eine Super-Performance mit einem topfitten Jonas Kaufmann, der mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) unter der Leitung von Jochen Rieder exzellente Musiker an seiner Seite weiß. Schon die Ouvertüre zu Verdis „I vespri siciliani“ zeigt deutlich, dass das RSB ebenfalls einen Nerv fürs Italienische hat.

Kaufmann besitzt den inzwischen sowieso und begeistert sogleich mit seiner ersten Arie „Cielo e mar“ aus „La Gioconda“, um danach Anita Rachvelishvili auf die Bühne zu bitten,  von ihm schon vor Tagen als „Überraschungsgast“ angekündigt.

Der weltweit gefragten Mezzosopranistin, die von vor rd. 10 Jahren von Daniel Barenboim entdeckt wurde – und durch ihre „Carmen“-Interpretation an der Met und den wichtigsten Bühnen  Furore machte – wird zurecht eine Stimme wie ein Vulkan bescheinigt. Dass ihr auch lyrisch zarte Töne zur Verfügung stehen, erweist sich in der Romanze der Santuzza „Voi lo sapete, o mamma“ aus  Pietro Mascagnis Verismo-Oper „Cavalleria rusticana“.

Kann ihr Jonas Kaufmann, der in hohen Lagen gerne zarte Piani singt, mit gleicher Kraft begegnen? Der Test ist sogleich das Duett der Santuzza mit dem ungetreuen Turrido. Da prallen Vorwürfe und Gegenrede hart aufeinander, da helfen ihr auch keine Schmeicheleien, um den Ex-Geliebten wiederzugewinnen.

Der – Kaufmann – wiegelt trotzig ab, bleibt mit Power-Tenor hart, denn er liebt inzwischen eine andere. Großartig dieses Gegen- und Miteinander zweier Stars. Dass beide die Auseinandersetzung auch spielen, ist ein weiteres Plus. Diese „Szenen einer Nichtehe“ verstehen nun auch diejenigen, die diese Oper nicht kennen. Der Applaus ist heftig.

Danach wäre eigentlich schon Pause, doch dunkle Wolken dräuen. Kaufmann schlägt vor, erstmal weiterzumachen und dann zu pausieren, wenn es zu regnen beginnt. Jochen Rieder, total überrascht, muss erstmal die Noten herbeiholen.

Wie schön, keine Unterbrechung als Stimmungstöter! Und da offenbar sogar die Regenfront innehält, um Kaufmanns großartigen Gesang zu genießen, gibt es per saldo gar keine Pause. Kaufmann, der den größten Teil des Programms bestreitet singt per saldo voller Elan etwa 2 ½ Stunden.

Leider geht es jetzt anstelle von Opernarien mit leichterer Muse weiter. Kaufmann, nun im weißen T-Shirt (unterm Sakko) singt italienische Canzonen, sprich populäre Chansons, wie sie auch auf Kaufmanns CD „Dolce Vita“ versammelt sind. Er befindet sich damit allerdings in bester Gesellschaft, hat doch auch Pavarotti solch volkstümliche Lieder gesungen.

Eigentlich ist seine schöne Stimme fast zu schade für solche Leichtgewichte, doch er bietet alles mit soviel Charme und solcher Tonschönheit und Delikatesse, dass alle davon mehr und mehr begeistert sind. Natürlich spürt er, wie gut das ankommt und hört die Bravos. Bei Leoncavallos „Mainata“ geht die Stimmung in die Höhe, um beim Reißer „Torna a Surriento“ von Ernesto de Curtis noch weiter zu klettern.

Die sechs Zugaben gefallen offenkundig besonders. Die sind angenehm unterschiedlich, und Kaufmann gestaltet sie alle wie kleine Preziosen. Das junge Publikum unter den rd. 18.000 Menschen in der Waldbühne kreischt schließlich vor Begeisterung. Kaufmann strahlt und wird immer mutiger. Wie Raketen steigen die Spitzentöne in den Nachthimmel.

Den „Knaller“ bietet er zusammen mit Anita Rachvelishvili: „Volare, cantare oh oh oh“. Da heben viele ab und singen (auch die Rezensentin) lustig mit. Arena di Verona Feeling in der Berliner Waldbühne und brausender, lang anhaltender Beifall.

Ursula Wiegand