Julius Fučík begeistert mit ganz simpler Gute-Laune-Musik

CD-Besprechung: JULIUS FUČÍK, Tänze und Märsche  (Dances and Marches)  klassik-begeistert.de, 12. September 2024

Diese Musik ist immer schön, wenn die Sonne scheint. Und sie ist für Draußen erdacht. Für den Kurpark, die Konzertmuschel, das Pfingstkonzert im Zoo. Dass diese Musik heute (fast) nicht mehr stattfindet, ist schade. Vor allem für die Generation meiner Eltern. In diesem Jahr gab es in Berlin zu Pfingsten Jazz und Neue Deutsche Welle statt Blasmusik. Lohnt es sich da eine CD zu kaufen, die Tanzmusik-Stile vereint, die scheinbar aus der Zeit gefallen sind?

JULIUS FUČÍK

Tänze und Märsche
(Dances and Marches)

Tschechische Kammerphilharmonie Pardubice
Marek Štilec (Dirigent)

 CD des Labels MARCO POLO (8.225381)

von Ralf Krüger

Das Foto auf dem Cover zeigt eine Ansicht von Krems an der Donau. Hier begann die Karriere des Julius Fučík in Diensten verschiedener Militärmusikkapellen der damaligen Donaumonarchie. Er wurde 1872 in Prag geboren, studierte Komposition bei Antonín Dvořák, zog 1913 frisch verheiratet nach Berlin, gründete einen Musikverlag und starb hier drei Jahre später.

Sein kompositorischer Nachlass, der 1916 nur teilweise in gedruckter Form vorlag, wurde von seiner Familie alles andere als pfleglich behandelt. Das erfährt man im Booklet der CD von Darina Svobodová und John Diamond. Sie ist Bibliothekarin des Tschechischen Musikmuseums in Prag, er Vorsitzender der Johann Strauss Society of Great Britain.

Dank der Recherchen des Museums, das im Laufe der Zeit immer wieder Teile des Erbes erworben hatte, konnten verloren geglaubte Partituren Fučíks zusammengestellt und von einem Team unter Mr. Diamonds Leitung restauriert werden. Er und Frau Svobodová schreiben über diese ambitionierte Arbeit und das Wenige, dass sie über die Entstehung der Partituren herausfinden konnten.

So hören wir auf diesem Album nicht die bekannten Hits, wie den Florentiner Marsch oder den Einzug der Gladiatoren, sondern ausschließlich unbekannte Werke, die erstmals von einem großen Orchester eingespielt wurden.

Im süßen Traum, eine Polka française und Die Herzenskönigin, eine Mazurka, sind zwei frühe Kompositionen, die noch vor der Jahrhundertwende in Sarajewo entstanden sind und jetzt aus handschriftlichen Partituren heraus wieder zum Leben erweckt wurden. Man kann als Laie kaum nachvollziehen, wieviel Ausdauer und Leidenschaft erforderlich ist, um ein Projekt dieses Ausmaßes zu stemmen.

Fast 80 Minuten lang höre ich Musik, die so fröhlich, so lebendig wirkt und so hochgradig ansteckend einen Ohrwurm nach dem anderen produziert. Mein Vater hätte dem Gesamtpaket die Überschrift Böhmische Blasmusik verpasst. Ich denke, das passt nur bedingt. Wir hören ja neben einigen Märschen auch romantische Walzer, ein venezianisches Ständchen (mit Flügelhorn) und verschiedene Spielarten der Polka.

Und dann sind da noch diese hellen Töne. Immer wieder tauchen sie auf und suchen sich zwischen den Bläsern einen Weg in meine Gehörgänge. Ist das eventuell ein Glockenspiel, also das Xylophon-ähnliche-Instrument mit den metallenen Klangstäben, das einen schönen, glockenhellen Klang erzeugt?

Für seine und unsere unruhigen Zeiten erfand Julius Fučík ganz simple Gute-Laune-Musik. Als Kapellmeister präsentierte er sie oft selbst, heute übernimmt das die Tschechische Kammerphilharmonie Pardubice. Mit großer Spielfreude!

Ralf Krüger, 12. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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