Sommereggers Klassikwelt 251: Der Komponist Anton (von) Webern war Teil der „Zweiten Wiener Schule“

Sommereggers Klassikwelt 251: Der Komponist Anton (von) Webern  klassik-begeistert.de, 12. September 2024

Anton Webern in Stettin

von Peter Sommeregger

Für die drei Komponisten Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton von Webern hat die Musikwissenschaft den Begriff der „Zweiten Wiener Schule“ geprägt.

Der 1883 in Wien als Spross einer im 18. Jahrhundert geadelten Familie, geborene Webern erlernte von seiner Mutter das Klavierspiel, später studierte er auch das Cellospiel. An der Universität Wien studierte er von 1902 bis 1906 Musikwissenschaft, privat nahm er von 1904 bis 1908 bei Arnold Schönberg Kompositionsunterricht, 1909 wurde er zum Dr. phil. promoviert.

In den folgenden Jahren verdiente er als Kapellmeister, u.a. in Teplitz, Danzig und Stettin seinen Lebensunterhalt, soll aber unter dieser Tätigkeit mit provinziellen Orchestern gelitten haben. Seine Kompositionstätigkeit hatte noch während seines Studiums begonnen, in seine Anfängen entstanden hauptsächlich Lieder, Chöre und Kammermusik.

Mittersill Webern Grab

Nach dem ersten Weltkrieg übernahm Webern verschiedene Aufgaben in Wien. So wurde er Leiter des Schubertbundes und dirigierte die Arbeiter- Sinfoniekonzerte, er wirkte auch als Chorleiter des Arbeiter-Singvereins. Ab 1927 wurde er ständiger Dirigent beim Österreichischen Rundfunk. Seine Einstellung zum Nationalsozialismus ist in der Forschung umstritten. Fest steht aber, dass er nach dem Anschluss Österreichs 1938 keine offiziellen Funktionen übernahm und sich zunehmend aus der Öffentlichkeit zurückzog.

In den Wirren des zweiten Weltkrieges verschlug es Webern und seine Familie in das Städtchen Mittersill im Salzburger Land. Dort erlebte er auch das Kriegsende, die dortige U.S.-Besatzung führte tragischerweise zu seinem Tod am 15. September 1945. Ein übereifriger G.I. erschoss ihn, als er aus seinem Haus trat, in dem gerade eine Kontrolle stattfand.

Anton_Webern_Statue_Mittersill_1

Die Musikwelt nahm zunächst wenig Notiz von Weberns Tod, erst im Laufe der Zeit wurde registriert, wie bedeutend Webern für die Entwicklung der Musik seiner Zeit gewesen war. Auch die Gemeinde Mittersill würdigt ihn inzwischen umfangreich. Sein Grab hat den Status eines Ehrengrabes erhalten, es gibt Gedenksteine und Gedenkorte für Webern. Die Straße, in der er zu Tode kam, trägt inzwischen seinen Namen.

Der Dirigent und Komponist Pierre Boulez, ein Verehrer von Anton Webern, initiierte Ende der 1990er Jahre eine erstmals komplette Edition sämtlicher veröffentlichter Werke Weberns, einschließlich jener, denen Webern keine Opuszahlen gegeben hat, und Werken aus dem Nachlass bei der Deutschen Grammophon Gesellschaft.

Heute findet man den Komponisten häufiger auf Konzertprogrammen. Man kann die Vielfältigkeit seiner Werke bewundern, die vom Klavier solo, über Lieder, Streichquartette-und Trios über Orchesterwerke und Tänze reichen.

Tatsache ist aber, dass Anton Webern von der Trias Schönberg/Berg/Webern der bisher am wenigsten populäre geblieben ist. Dabei lohnt die Beschäftigung mit seinem vielschichtigen, inspirierten Werk durchaus.

Peter Sommeregger, 12. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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