Andris Nelsons musiziert mit zwei Spitzensolisten Berg und Mahler in Salzburg

CD/Blu-ray-Besprechung: Andris Nelsons, Wiener Philharmoniker  klassik-begeistert.de, 12. Juli 2025

CD/Blu-ray-Besprechung:

Die Affinität des Dirigenten zu den aufgeführten Komponisten ist deutlich wahrzunehmen, gemeinsam mit den beiden herausragenden Solisten und dem Spitzenorchester gelingt eine wahre Sternstunde.

Andris Nelsons
Wiener Philharmoniker

Augustin Hadelich
Christiane Karg

Alban Berg,  
Violinkonzert
Gustav Mahler,  Symphonie Nr.4

Unitel C-major 770104

von Peter Sommeregger

Andris Nelsons eröffnet das Konzert im Großen Salzburger Festspielhaus mit Alban Bergs nachgelassenem Violinkonzert „Dem Andenken eines Engels“, das, als Requiem für Manon Gropius gedacht, auch zu seinem eigenen wurde. Längst hat sich das 1936 uraufgeführte Werk zu einem der meistgespielten seiner Art entwickelt, obwohl es weitgehend atonal komponiert ist.
Für die Aufführung im Rahmen der Salzburger Festspiele wählte Nelsons den italienisch-deutsch-amerikanischen Geiger Augustin Hadelich.
Ihm und den Wiener Philharmonikern gelingt eine atemberaubend dichte, beinahe kammermusikalische Realisierung der komplizierten Partitur.

Schon mit den ersten Tönen stellt sich ein schwebend filigraner Orchesterklang her, den Hadelich seinerseits mit dem gläsern transparenten Ton seiner Guarneri aufnimmt. Nelsons lässt die Musik atmen, und gibt ihr den Raum , um sich voll zu entfalten. Der traurige Abgesang auf ein viel zu kurzes Leben rührt das Publikum, das mit frenetischem Applaus für diese meisterhafte Interpretation dankt. Nach mehrmaligen Hervorrufen spielt Hadelich als Zugabe das Andante aus der zweiten Violinsonate von Johann Sebastian Bach. Eine bessere Wahl konnte der Künstler nicht treffen, enthält Bergs Konzert doch Anklänge an einen verfremdeten Bach-Choral.

Als zweites Werk steht Gustav Mahlers 4. Symphonie auf dem Programm. Gustav Mahler und Alban Berg waren befreundet, Berg nahm mehrere Jahre Kompositions-Unterricht bei Mahler. So besteht also eine indirekte Verbindung zwischen beiden Programmpunkten. Die vierte Symphonie ist die letzte der so genannten Wunderhorn-Symphonien, in denen Lieder aus dieser Sammlung eingearbeitet sind. Erhielt das Werk bei seiner Uraufführung 1902 in München noch negative Kritiken, so ist es heute, wie das gesamte symphonische Schaffen Mahlers häufig auf Konzertprogrammen zu finden.

In Umfang und Orchesterbesetzung ist die Symphonie deutlich kleiner dimensioniert als die dritte und fünfte, trägt auch eher lyrischen Charakter. Im vierten Satz erklingt das kunstvolle Sopransolo „Wir genießen die himmlischen Freuden“, auf einen Text aus der Wunderhorn-Sammlung.

Die Sopranistin Christiane Karg singt es, meisterhaft phrasiert, mit der erwünschten Naivität des Engelchens. So haben beide aufgeführten Werke eines gemeinsam: es geht um Engel, wenn auch in unterschiedlichem Kontext.

Den Wiener Philharmonikern sind beide Komponisten praktisch in ihre DNA eingeschrieben, man kann die Vertrautheit der Musiker mit dieser Musik deutlich spüren. Die Virtuosität jedes einzelnen Orchestermitgliedes formt sich so zu einem der besten Klangkörper der Welt.

Mit Andris Nelsons arbeitet man schon seit Jahren erfolgreich zusammen, hat einen Beethoven-Zyklus für die Schallplatte erarbeitet. Die Affinität des Dirigenten zu den aufgeführten Komponisten ist deutlich wahrzunehmen, gemeinsam mit den beiden herausragenden Solisten und dem Spitzenorchester gelingt eine wahre Sternstunde.

Peter Sommeregger, 12. Juli 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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