CD-Blu-ray Besprechung:
W.A. Mozart
Mitridate, Re di Ponto
Les Musiciens du Louvre
Marc Minkowski
Unitel c major 768004
von Peter Sommeregger
Man reibt sich die Augen: Wolfgang Amadeus Mozart war gerade einmal 14 Jahre alt, als er den Auftrag für eine Opera Seria aus Mailand erhielt. Die ganz nach den Regeln der damaligen Zeit angelegte Handlung, die auf ein Drama Racines zurückgeht, ließ dem Komponisten formal wenig Spielraum, das Gewicht der großen Emotionen musste durch ausladende Arien ausgedrückt werden. Was Staunen macht ist die subtile Umsetzung verschiedenster Gefühle in große Musik, deren emotionale Tiefe bei einem halben Kind doch sehr verwundert. Der junge Mozart eroberte damit das verwöhnte Mailänder Publikum und erhielt einen Folgeauftrag für das nächste Jahr.
Die Berliner Staatsoper Unter den Linden brachte die lange nicht mehr gezeigte Oper im Rahmen der Barocktage 2022 auf die Bühne, Ausführende waren das Ensemble Les Musiciens du Louvre unter ihrem Gründer Marc Minkowski, einem ausgewiesenen Spezialisten für Barockmusik. Er sorgt für ein authentisches Klangbild, ein besonderer Moment ist die Begleitung einer Arie Ismenes, für die der Solohornist auf die Bühne kommt und mit der Sängerin direkt kommuniziert.
Die Besetzung ist bis zu den kleinsten Rollen hervorragend, bewegt sich auf höchstem Niveau. Der aus Samoa stammende Tenor Pene Pati kann bei seinem Berliner Debüt mit technisch gut geführter Stimme und einem kernigen Timbre überzeugen. Seine ungleichen Söhne sind mit der Mezzosopranistin Angela Brower (Sifare) und dem Countertenor Paul-Antoine Bénos-Djian (Farnace) stimmlich gut abgestimmt besetzt. Als Aspasia überzeugt Ana Maria Labin mit großem, beweglichem Sopran, Sarah Aristidou als Ismene setzt ihren lyrischen Sopran mit silbernem Timbre gekonnt ein. Vokal bleibt also kein Wunsch offen.
Aus schwer nachvollziehbaren Gründen hat man die Regie dem japanischen Regisseur Satoshi Miyagi übertragen, der die Handlung auf drei gestaffelten Terrassen spielen lässt, die seitlich jeweils von steilen Treppen begrenzt werden. Die Sänger müssen an diesem Abend viele Stufen überwinden, aber auch Tänzer sorgen für permanente Bewegung auf der Bühne. Damit will Miyagi wohl der Statik der Handlung entgegenwirken, aber im Laufe der drei Stunden dauernden Aufführung wird das Auge dieser Leibesübungen doch müde.
Jumpei Kiz hat das seltsame Bühnenbild entworfen, das teilweise in fernöstlichen Kitsch abgleitet, vor allem aber einen unverzeihlichen Konstruktionsfehler hat: jede der drei Terrassen hat bewegliche Rückwände, durch die Sänger und Tänzer auf- und abtreten. Dazu müssen sie aber jeweils den Kopf einziehen, oder sich sogar bücken. Das wirkt ziemlich lächerlich, und kann so wohl nicht gewollt sein.
Der Genius des fast noch kindlichen Komponisten beschert nun auch in der Aufzeichnung ein reines Hörvergnügen, mit der weniger geglückten Optik kann man leben, zumindest einzelne der Kostüme sind bei aller Überladenheit aber doch prächtig.
Peter Sommeregger, 8. Dezember 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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