Grosvenor erweist sich als höchst kompetenter Interpret dieser romantischen Musik und festigt damit seinen Ruf als einer der bedeutendsten Pianisten seiner Generation. Mit diesem, seinem siebten Soloalbum setzt er seine erfolgreiche Karriere fort.
CD-Rezension:
Benjamin Grosvenor
Schumann & Brahms
Decca 485 3945
von Peter Sommeregger
Der britische Pianist Benjamin Grosvenor erregte schon als Kind Aufsehen, als er mit nur zehn Jahren seinen ersten Wettbewerb gewann. Seine Mutter, eine professionelle Klavierlehrerin, hatte mit seiner Ausbildung begonnen, als er fünf Jahre alt war.
Grosvenor war bei mehreren Gelegenheiten der jüngste Künstler, so auch bei der Unterzeichnung eines Plattenvertrages mit dem Label DECCA, den er mit gerade einmal 19 Jahren abschloss. Sechs Alben sind dort inzwischen mit ihm erschienen, die nun vorgelegte neue CD ist bereits die siebte.
Der Pianist hat sich ein interessantes Konzept für sein Programm ausgedacht. Er beginnt mit Robert Schumanns achtsätzigem Werk „Kreisleriana“, das eine musikalische Schilderung von E.T.A. Hoffmanns fiktiver literarischer Figur des Kapellmeisters Johannes Kreislers ist. Jener Kreisler scheint eine Seelenverwandtschaft mit dem manisch-depressiven Komponisten gehabt zu haben, jedenfalls schien sich Schumann in Kreislers verträumter Natur selbst zu entdecken. Seine junge Braut Clara Wieck gestand, von den beschworenen Visionen beunruhigt zu sein. Auf „Kreisleriana“ folgt die zweite von drei Romanzen op.28, das Blumenstück op.19 und nach dem dritten Satz der Klaviersonate Nr.3, das „Andantino de Clara Wieck“, noch Grosvenors Arrangement für Klavier solo des Abendliedes aus Roberts Feder. Er wählte damit Stücke, die alle in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Clara Wieck, bzw. der Verlobungszeit der beiden in Zusammenhang stehen.
Als nächstes kommt die Komponistin Clara Wieck selbst zu Wort. Ihr op. 20 sind Variationen über ein Thema Roberts, was den regen Austausch der komponierenden Brautleute erneut dokumentiert. Eine komplizierte Rolle in ihrer Beziehung spielte der Freund und Komponist Johannes Brahms, der hier mit seinen drei Intermezzi op.117 vertreten ist.
Die drei komponierenden Freunde hier gemeinsam zu Wort kommen zu lassen, ist eine reizvolle und stilistisch interessante Unternehmung. Grosvenor setzt dafür seine Stärken ein, einen ungewöhnlich zarten Anschlag und eine empathische, phantasievolle Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten. Es gelingt ihm hervorragend, die innere Verwandtschaft der hier kombinierten Werke erlebbar zu machen. Er regt auch zum Nachdenken über die diffizile Verknüpfung dieser drei Künstlerexistenzen an. Gerade Aufnahmen von Claras Kompositionen sind immer noch dünn gesät, erst allmählich gesteht man ihr auch im Konzertrepertoire eine größere Rolle zu.
Grosvenor erweist sich als höchst kompetenter Interpret dieser romantischen Musik und festigt damit seinen Ruf als einer der bedeutendsten Pianisten seiner Generation. Mit diesem, seinem siebten Soloalbum setzt er seine erfolgreiche Karriere fort.
Peter Sommeregger, 22. April 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Schubert, Schumann, Brahms, Alexandra Dovgan, Klavier Wiener Konzerthaus, Mozartsaal,