CD-Rezension:
Rachmaninoff for Two wartet mit einer Überraschung auf und ist ohne Einschränkung empfehlenswert.
Deutsche Grammophon, DG 486 4805
Sergej Rachmaninow (1873-1943)
Adagio aus der 2. Sinfonie op. 27 (arr. für zwei Klaviere: Daniil Trifonov) Suite Nr. 2 für zwei Klaviere op. 17
Suite Nr. 1 für zwei Klaviere op. 5
Symphonische Tänze op. 45 (Fassung für zwei Klaviere)
Daniil Trifonov, Klavier
Sergei Babayan, Klavier
von Brian Cooper, Bonn
Wer Sergei Rachmaninows zweite Suite für zwei Klaviere op. 17 in irgendeiner Form mit Martha Argerich im CD-Regal hat, sei es mit Alexandre Rabinovitch (Elatus 0927496112) oder mit Nelson Freire (Philips 4758520), darf sich glücklich schätzen. Mehr braucht man eigentlich nicht. Gerade in der Einspielung mit Rabinovitch fegt ein derartiger Wirbelwind durchs Wohnzimmer, dass man nur noch staunend und vollkommen beglückt in den Sessel sinkt. Und eben diese CD enthält sogar noch die erste Suite op. 5, „Fantaisie-tableaux“, sowie die Sinfonischen Tänze op. 45 in der Version für zwei Klaviere.
Zudem gibt’s mit La Martha noch etliche Liveaufnahmen, wie zum Beispiel die vierte CD des 6er-Schubers „Solos & Duos“ der Argerich-Edition bei EMI, wo sie mit Lilya Zilberstein die erste (Lugano, Juni 2008) und mit Gabriela Montero die zweite Suite (Lugano, Juni 2003) live eingespielt hat.
In diesem Jahr 2024 ist jedoch auch eine neue Einspielung der Werke mit Daniil Trifonov und seinem Lehrer Sergei Babayan erschienen, die aufhorchen lässt. Diese Doppel-CD mit dem Titel Rachmaninoff for Two – der Name des Komponisten hier in englischer Schreibweise – enthält neben den beiden Suiten und den Sinfonischen Tänzen auch noch Trifonovs Arrangement des Adagios aus der Zweiten Sinfonie op. 27 als überraschendes Schmankerl, das die beiden vor anderthalb Jahren unter anderem in Essen beim Klavier-Festival Ruhr als willkommene Zugabe aufführten.
Mit eben diesem Werk beginnt das vorliegende Doppelalbum, ein Live-Mitschnitt aus dem Wiener Konzerthaus vom Mai bzw. August 2023. Das Adagio beginnt wie eine Meditation, es ist sozusagen die Ruhe vor dem Sturm, steckt aber voller süffig und leidenschaftlich dargebotenen Passagen. Der Satz ist in A-Dur, und immer wieder gibt es Anklänge an das e-Moll-Thema des Kopfsatzes.
Die C-Dur-Suite op. 17 lässt überhaupt keine Wünsche offen. Man spürt die Spannung des Live-Erlebnisses, es ist ein wilder Ritt im Kopfsatz, der einen vollkommen in die Welt des Komponisten eintauchen lässt: etwas langsamer als Argerich und Rabinovitch, doch nicht minder aufregend. Solche Kontrolle, solch technische Perfektion, und doch klingt alles so spielerisch leicht, etwa im zweiten Satz, einem Walzer. Und genau das ist größte Klavierkunst: nicht zu hören, wie schwer das Ganze letztendlich darzubieten ist. Die Romanze ist von beseelter Zartheit, und die abschließende Tarantella lässt einen nach den letzten Takten hingerissen in besagten Sessel zurücksinken.
CD 2 beginnt mit der ersten Suite, die Tschaikowski gewidmet ist und von Gedichten der Romantik inspiriert ist. Trifonov und Babayan fangen im op. 5 insbesondere in den ersten drei Sätzen aufs Feinste eine nebulös-nachdenkliche Stimmung ein, die sich jedoch immer wieder rauschhaft in ungeahnte Höhen schwingt. Im letzten Satz dominieren die insistierenden Glockenklänge der russisch-orthodoxen Kirche. Mussorgskis Großes Tor von Kiew lässt grüßen.
Die Sinfonischen Tänze nehmen einen dann endgültig für dieses Album ein. Aufreizend zögerlich beginnt es in den ersten Takten, bevor wir in einen absoluten Rausch befördert werden. Es lohnt sich, allein im ersten Satz auf die schier unerschöpfliche Bandbreite der Anschlagskunst der beiden Pianisten zu achten. Im zweiten Satz bewegen wir uns dann im Walzertakt nah am Abgrund, bevor uns der Finalsatz aufs Schönste ins musikalische Jenseits (Dies irae!) katapultiert.
Interessant zu erwähnen ist vielleicht noch, dass Trifonov auf einem Bösendorfer spielt, sein Meisterlehrer hingegen einen Steinway D vorzieht. Das Album ist hervorragend aufgenommen, man hört sehr gerne zu, und wenn es vorbei ist, schenkt man sich noch ein Glas ein, macht sich eine Stulle und drückt zu gern wieder auf Play.
Dr. Brian cooper, 30. Oktober 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeisstert.at
CD-Rezension: Yuja Wang Rachmaninoff klassik-begeistert.de, 9. Dezember 2023