Busonis monumentales Klavierkonzert erklingt in einer bereits historischen Aufnahme

CD-Rezension: Ferruccio Busoni, Klavierkonzert op.39, David Lively, Klavier  klassik-begeistert.de, 29. März 2024

CD-Rezension:

Ferruccio Busoni
Klavierkonzert op.39

David Lively  Klavier

SWR Sinfonieorchester Baden-Baden
Herrenchor des Freiburger Vokalensemble
Michael Gielen  Dirigent

SWR 19141 CD

von Peter Sommeregger

Ferruccio Busonis vergleichsweise selten im Konzertsaal, noch seltener auf Tonträgern anzutreffendes monumentales Klavierkonzert op.39 wird nun auf dem Label des SWR in einer bereits historischen Aufnahme veröffentlicht. Äußerer Anlass dafür dürfte der bevorstehende 100.Todestag des italienisch-deutschen Komponisten im Juli 2024 sein.

Die Einspielung fand am 13. Februar 1990 im Südwestfunk-Studio in Baden-Baden statt. Mit dem französisch-amerikanischen Pianisten David Lively stand dem Dirigenten Michael Gielen ein Spezialist für ungewöhnliches Repertoire zur Verfügung.

Michael Gielen hatte sich mehrfach mit dem Komponisten Busoni beschäftigt, seine Interpretation des Orchesterparts kann daher als authentisch gelten. Das mit gut 72 Minuten Spieldauer ungewöhnlich lange Konzert ist in fünf Sätze gegliedert. Die beiden Kopfsätze ähneln einander, wobei das Finale durch einen Männerchor angereichert ist. Busonis Anweisung war, den Chor im Saal unsichtbar zu platzieren. Der Text stammt vom dänischen Dichter Adam Oehlenschläger und preist, vielleicht etwas befremdend, die ewige Kraft Allahs.

Den zweiten und dritten Satz könnte man als Scherzo, bzw. Adagio bezeichnen, wobei der 4. dann eine Huldigung an die italienische Heimat des Komponisten darstellt, und aus Variationen über Volksweisen besteht.

Die Besonderheit des Konzertes besteht darin, dass die führende Rolle stets dem Orchester überlassen bleibt, der Klavierpart eine eher kommentierende Funktion hat. Trotzdem ist er technisch anspruchsvoll, und stellt schon durch seine zeitliche Dimension eine Herausforderung für den Solisten dar.

David Lively, der bis heute konzertiert, durchmisst die Partitur mit energischem Anschlag, aber gleichzeitig auch spielerischer Leichtigkeit. Der Pianist Busoni hat sich selbst hohe Schwierigkeitsgrade in die Partitur geschrieben, bei der Uraufführung 1904 unter Karl Muck saß der Komponist selbst am Flügel. Lively bewältigt seine Aufgabe aber souverän und reiht sich würdig in die vergleichsweise wenigen Pianisten ein, die das Werk eingespielt haben. Als lobenswerte Ergänzung des eher schmalen Katalogs der Aufnahmen ist dies in jedem Fall eine willkommene Bereicherung.

Peter Sommeregger, 29. März 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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