Glucks Iphigenie erklingt in historisch informierter Form

CD-Rezension: Gluck, Iphigénie en Aulide, Le Concert de la Loge, Julien Chauvin  klassik-begeistert.de, 17. Oktober 2024

CD-Rezension:

Gluck
Iphigénie en Aulide

Le Concert de la Loge
Julien Chauvin

Alpha 1073

von Peter Sommeregger

Der Komponist Christoph Willibald Gluck gilt zu Recht als Reformator der Oper während der Barockzeit. Seine Abkehr von der italienisch dominierten Opera seria manifestiert sich am deutlichsten in seinen beiden Iphigenie-Opern, die er beide für Paris schrieb. Durch den ähnlichen Titel, einmal „en Aulide“, dann „en Tauride“ oft verwechselt, sind beide Werke allerdings jeweils eigenständig einzuschätzen.

Die seltener eingespielte Iphigénie en Aulide erscheint nun in einer Neuaufnahme , die sich ganz der informierten, historischen Aufführungspraxis bedient. Motor des Projekts war ganz eindeutig der Geiger und Dirigent Julien Chauvin, der das von ihm begründete Ensemble Le Concert de la Loge sicher durch Glucks Partitur führt.

In der Titelrolle kann Judith van Wanrou durchaus gefallen, es fehlt ihr nur ein wenig an einem charakteristischen Timbre mit Wiedererkennungswert. Ihre Mutter Clytemnestre hat in Stephanie d’Oustrac eine Interpretin mit größerem Ausdrucksspektrum.

Als Vater Agamemnon überzeugt der griechische Bariton Tassis Christoyannis mit sonorer, geschmeidiger Stimme. Der Tenor Cyrille Dubois als Achille ist vokal der überzeugendste Interpret, ihm gelingen mit seinem lyrischen Tenor große Momente.

Auch die kleinen Rollen sind auf hohem Niveau besetzt und tragen zu einer ausgewogenen Ensembleleistung bei. Als klein besetzter, aber klanglich hervorragend aufgestellter Chor fungieren Les Chantres du Centre de Musique Baroque de Versailles, einstudiert von Fabien Armengaud.

Dem Ensemble Concert de la Loge, das ausschließlich auf historischen Instrumenten spielt, gelingt ein bestechend authentisches Klangbild. Orchester, Chor und Solisten verschmelzen unter der Gesamtleitung von Julien Chauvin zu einer gestalterischen Einheit, die Glucks Meisterwerk im Stil der Uraufführung rekonstruiert. Sehr gerne würde man auch die spätere Iphigénie en Tauride von diesen Interpreten hören.

In Aufnahmequalität und Ausstattung ebenfalls höchst befriedigend, lässt das Album keinen Wunsch offen.

Peter Sommeregger, 17. Oktober 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

W. A. Mozart, La clemenza di Tito Gluck-Festspiele, Bayreuth, 11. Mai 2024

CD-Rezension: Gluck, Orfeo & Euridice klassik-begeistert.de, 5. Mai 2024

Iphigénie en Tauride, C. Gluck, Hamburgische Staatsoper

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert