Das Tonkünstler Orchester mit Mahlers III. Symphonie im Goldenen Saal
Gustav Mahler III. Symphonie
Kate Lindsey Mezzosopran
Wiener Singverein
Wiener Sängerknaben
Yutaka Sado Dirigent
Tonkünstler Orchester
Eigenlabel Tonkünstler Orchester
von Peter Sommeregger
Die über eineinhalb Stunden dauernde 3. Symphonie Gustav Mahlers ist eine von den drei so genannten Wunderhorn-Symphonien, die Texte aus dieser Liedersammlung enthalten und stilistisch eine gewisse Verwandtschaft zeigen. Im vierten Abschnitt der Symphonie, die als Misterioso bezeichnet wird, singt die Solistin einen Text Friedrich Nietzsches aus dessen Werk „Also sprach Zarathustra“, der die feierliche Grundstimmung der Symphonie auf den Punkt bringt. Die ausladenden Kopfsätze des Werkes umschließen die beiden vokalen Abschnitte und ein Scherzo.
Das Tonkünstler Orchester ist das Orchester des Landes Niederösterreich und in der Landeshauptstadt St. Pölten beheimatet, konzertiert aber regelmäßig auch im großen Goldenen Saal des Wiener Musikvereins und ist außerdem Residenzorchester in Grafenegg. Im Ranking der Wiener Orchester, den Philharmonikern und Wiener Symphonikern, ist der Klangkörper traditionell gut aufgestellt. Das liegt nicht zuletzt an der glücklichen Hand, die das Orchester bei der Wahl seiner Chefdirigenten über die Jahre bewies, die ein hohes Niveau der Aufführungen garantierten. Aktuell ist der Japaner Yutaka Sado der Chef, der einstige Schüler Seiji Ozawas und Leonard Bernsteins leitet das Orchester seit der Saison 2015/16.
In den letzten Jahren wagten sich die Musiker auch an die großen Symphonien Anton Bruckners, Gustav Mahlers und Dmitri Schostakowitschs, und konnten damit auch vor dem verwöhnten Wiener Publikum bestehen.
Die Doppel-CD ist die Aufzeichnung eines Konzertes im Goldenen Musikvereins-Saal vom November 2021. Als prominente Solistin konnte man Kate Lindsey gewinnen. Die Mezzosopranistin, die erfolgreich an der Wiener Staatsoper tätig ist, trifft den sonoren Ton des Nietzsche- und Wunderhorn-Textes optimal, auch ihre Diktion ist akzentfrei und klar. Assistiert wird sie von den Damen des Chores der Gesellschaft der Musikfreunde Wien und den Wiener Sängerknaben. Damit ist der vokale Teil der Symphonie optimal und prominent besetzt.
Wie bei den meisten Symphonien Gustav Mahlers durchbricht der Komponist die konventionelle Reihung und den Charakter der einzelnen Sätze. In der dritten Symphonie ist der Grundton ein breit angelegter lyrischer Fluss, der sich besonders im Scherzando in dem wunderbaren, außerhalb des Saales gespielten Hornsolo manifestiert, das entfernt an eine Volksweise erinnert und eine tieftraurige, wehmütige Weise einführt. Ungewöhnlich auch, dass sich das Werk in einem fast halbstündigen Satz mit der Bezeichnung langsam, ruhevoll, empfunden, verströmt. Mahlers großer Orchesterapparat verlangt höchste Präzision, der Dirigent Yutaka Sado kennt seinen Mahler, schließlich waren seine Lehrmeister Ozawa und Bernstein große Mahler-Dirigenten. Ihm gelingt eine Interpretation von großer Dichte und Authentizität. Fast kann man die hoch konzentrierte Spannung im Saal auch in der Aufzeichnung empfinden.
Am Ende schenkt das Publikum den Ausführenden starken Applaus, der auch Eingang in die CD-Veröffentlichung gefunden hat. Gespannt wartet man auf die Fortsetzung des Mahler-Zyklus des Orchesters.
Peter Sommeregger, 8. Februar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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