Wagner-Wonnen: „Die Walküre“ begeistert bei den Bayreuther Festspielen

Richard Wagner, Die Walküre  Bayreuther Festspiele, 27. Juli 2025

Walküre Bayreuth 2025 © Enrico Nawrath

Es ist der Wechsel zwischen intim gestalteten Momenten und den brutal alles zerstörenden Umständen, die der Regisseur durch die genau der Musik abgehörten Personenführung herausarbeitet.

Der Ring des Nibelungen
Erster Tag:
Die Walküre

Musikalische Leitung: Simone Young

Regie: Valentin Schwarz
Bühne: Andrea Cozzi
Kostüm: Andy Besuch
Dramaturgie: Konrad Kuhn
Lichtwiederaufnahme: Nicol Hungsberg nach Reinhard Traub
Video: Luis August Krawen

 Orchester der Bayreuther Festspiele

Bayreuther Festspiele, 27. Juli 2025

von Axel Wuttke

„So blühe denn, Wälsungenblut“

Auch bei der Walküre gibt der Regisseur mit seiner Sichtweise dem Publikum einige Rätsel auf. Zum Teil lassen sich diese, bei genauem Nachdenken und Reflektieren, sehr wohl in den Ring-Kontext einfügen.
Immer vorausgesetzt, man lässt sich auf Neues ein. Zumal er immer wieder magische Momente schafft, etwa, wenn im ersten Akt Sieglinde und Siegmund in Ihre Kindheitserinnerungen abtauchen und sich das Bühnenbild in ihr Kinderzimmer verwandelt. Staunend und immer mehr von Emotionen überwältigt, entdecken sie, dass sie Geschwister sind. Das ist so einfallsreich, und in der Personenführung mitreißend, dass man sich der Wirkung nicht entziehen kann.

Die Walküre II. Aufzug – Catherine Foster (Brünnhilde), Christa Mayer (Fricka), Tomasz Konieczny (Wotan), Statisterie der Bayreuther Festspiele © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Es ist der Wechsel zwischen intim gestalteten Momenten und den brutal alles zerstörenden Umständen, die der Regisseur durch die genau der Musik abgehörten Personenführung, herausarbeitet. Hier sei nur der Kampf zwischen Hunding und Siegmund am Ende des zweiten Aktes genannt, wenn Wotan eingreifend seinen ihn jetzt freudig erkennenden Sohn Siegmund erschießt. Ganz reduziert und verinnerlicht dagegen der Moment, wenn sich der Vorhang am Ende langsam über einer einzigen brennenden „Toten“- Kerze schließt.

Im wahrsten Sinne festspielwürdig ist das Dirigat von Simone Young. Die Dirigentin gestaltet die Musik äußerst spannungsgeladen, ohne dass die Durchhörbarkeit und die Plastizität der einzelnen Instrumente darunter leiden würden. Immer wieder wird man von der Schönheit und der Dramatik ihrer Interpretation geradezu überwältigt. Das Festspielorchester spiel auf allerhöchstem Niveau in allen Instrumentengruppen.

„Sieglinde bin ich, die Dich ersehnt“-Überzeugendes Bayreuth-Debüt

Jennifer Holloway überzeugt bei ihrem Bayreuth-Debüt mit ihrer dramatisch timbrierten, lodernden Stimme und äußerst eindringlichem Spiel als Sieglinde. Sie vermag die Seelenzustände dieser, vor allem in der Lesart von Valentin Schwarz, durch ihre Lebensumstände bis an den Rand des Wahnsinns gedrängten Frau, mit großer Intensität zu vermitteln. Zumal sie auch aus dem Text heraus diese Interpretation glaubwürdig gestaltet.

Die Walküre I. Aufzug – Jennifer Holloway (Sieglinde), Michael Spyres (Siegmund) © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Faszinierend die Leistung von Michael Spyres. Hatte man im letzten Jahr noch eine gewisse Zurückhaltung bei seinem Debüt gespürt, so ist er jetzt ganz in der Rolle angekommen. Er begeistert mit seiner kraftvollen, dunkel grundierten Stimme, die in allen Lagen gleichmäßig anspricht. Ihm steht einfach alles zur Verfügung, was diese Rolle benötigt, strahlende Höhen, zarte Lyrismen und heldisches Auftrumpfen. Seine Wälse-Rufe, man hätte gerne die Zeit gestoppt, erfüllten das ganze Haus mit knisternder Intensität. Auch er gestaltet aus dem Text heraus und mit schauspielerischer Intensität.

Sehr gut die Besetzung des Hunding mit Vitalij Kowaljow. Er vermag, bei klarer Diktion und kraftvoller Stimme, seine Rolle als von den Lebensumständen frustrierter, aggressiver Gegenspieler Siegmunds gesanglich und darstellerisch, optimal zu gestalten.

Christa Mayer fühlt sich bei der Fricka in der Walküre hörbar wohler als im Rheingold. Mit ihrer klangschönen Stimme gab sie ohne Manierismen eine selbstbewusste, ihre Ziele unbarmherzig verfolgende Figur. Die genaue Diktion und die daraus entstehende Gestaltung ergeben ein faszinierendes Rollenportrait.

Etwas problematisch der Wotan von Tomasz Konieczny. Die leider immer wieder auftretende Textunverständlichkeit und Überzeichnung der Rolle beeinträchtigen die Gesamtleistung. Dabei hat der Sänger eine unglaubliche Bühnenpräsenz, eine kraftvolle Stimme und schauspielerische Ausstrahlung, die mitreißt. Erst bei Wotans Abschied kommen alle Vorzüge zusammen. Hier gestaltete er, sowohl was die Diktion und die Gesangslinie betraf, wunderbar eindringlich. Unterstützt durch sein eindringliches Spiel entstand ergreifendes, faszinierendes Musiktheater, das man nicht so schnell vergisst.

Die Walküre III. Aufzug – Tomasz Konieczny (Wotan) © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Catherine Foster als Brünnhilde wirkte zuerst etwas verhalten im Ausdruck, lief dann aber zu gewohnter Höchstform auf und überzeugte wieder durch die Schönheit ihres klaren, in der Höhe sich klangvoll öffnenden Soprans. Auch sie fügt sich darstellerisch wunderbar in die Inszenierung ein und gestaltet die Wandlung von der übermütigen Tochter zur Ausgestoßenen sehr packend.

Die Walküre III. Aufzug – Tomasz Konieczny (Wotan), Margaret Plummer (Waltraute), Brit-Tone Müllertz (Ortlinde), Christa Mayer (Schwertleite), Catharine Woodward (Gerhilde), Alexandra Ionis (Siegrune), Noa Beinart (Rossweise), Dorothea Herbert (Helmwiege), Marie Henriette Reinhold (Grimgerde), Statisterie der Bayreuther Festspiele © Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Die Walküren waren von wunderbarer stimmlicher Homogenität und herrlich exaltiert in ihrer Darstellung als frisch im Schönheitssalon operierte High-Society-Ladys.

Wie beim Rheingold gab es am Ende der Walküre für alle Beteiligten verdienten, frenetischen Applaus.

Axel Wuttke, 29. Juli 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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