Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.
Eine Mini-Serie über Missverständnisse
von Reinhard Berger
Der letzte Platz ist immer frei
Am liebsten mag ich Fußballübertragungen. Sie fangen meistens an und hören später auf. Zwischendurch sind sie gewürzt mit Überflüssigem. Heute: Aus der ARD-Sportschau und Sky live.
Das Stadion ist restlos ausverkauft: Gute Nachricht für den Kassenwart, eine doppelt-gemoppelte: Denn wenn es ausverkauft ist, dann doch wohl restlos. Und zwar meistens
bis auf den letzten Platz: Das ist die einzige Einschränkung. Warum der aber grundsätzlich immer frei bleibt, wird mir ein ewiges Rätsel sein.
Sie starten einen Konter nach vorne: Finde ich beruhigend. Nachdenklich würde ich nur, wenn sie einen Konter nach hinten starten würden. Dann hätte die Mannschaft das Spiel nicht verstanden.
Sie spielen von links nach rechts: Welche Alternative gäbe es denn? Von links nach oben geht nicht. Da ist der Himmel. Und nach unten auch nicht. Da ist der Rasen.
Die bessere Mannschaft gewinnt am Ende: Welch ein Glück. Wenn sie am Anfang gewinnen würde, wäre der Rest des Spiels ja sinnlos.
Die schönste Ecke ist immer im Kreis. Ein Mathematiker kann das sicherlich erklären.
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Wer klein ist, darf auf die Hüpfburg
Ich möchte so gern mal in der Hüpfburg hüpfen, auf einem dieser aufgeblasenen Luftkissen, die gern bei Stadtfesten aufgestellt werden. Nur: Mit eins-fünfundsiebzig bleibt mir der Zutritt versperrt, weil sie nur für die kleinen Gäste reserviert sind. Klar, es heißt doch immer: „Für unsere Kleinen haben wir eine Hüpfburg aufgestellt.“
Ich habe eine gute Bekannte, 52 Jahre alt, 159 Zentimeter groß. Die darf zum Beispiel mithüpfen. Mit amtlicher Genehmigung. Wegen der Größe.
Entschuldigung. Ich habe ihn ja nicht erfunden. Diesen sprachlichen Blödsinn.
Genauso wie die Sommer- und die Winterzeit. Die sind auch nicht auf meinem Mist gewachsen. Was ich aber gelernt habe in der Winterzeit: Achtung, Vorsicht! Das „Kuratorium Gutes Sehen“ schrieb in einer Pressemitteilung: „… es dunkelt bereits ab 17 Uhr. Gefährlich wird das vor allem für die kleinen Verkehrsteilnehmer. Sie reagieren langsamer …“.
Nun mal langsam. Erstens weiß ich, dass es im Winter um 17 Uhr dunkel ist. Dazu brauche ich kein Kuratorium Gutes Sehen. Warum diese früher Nacht aber für kleine Verkehrsteilnehmer gefährlicher sein soll als für große und warum kleine Menschen langsamer reagieren als große, das verschließt sich mir.
Noch einmal: Ich habe diesen Quatsch nicht erfunden. Genauso wenig wie die „gemeinnützige Stiftung Haus der kleinen Forscher“. Wie klein muss eigentlich ein Forscher sein, um von dieser Stiftung wahrgenommen zu werden?
Ich habe den Verdacht, dass es nicht um kleine, sondern um junge Menschen geht. Um Kinder.
Ach ja, unsere Sprache ist für allen Unfug zu gebrauchen.
Reinhard Berger, 29. Mai 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Zuerst erschienen in: HNA
Der Schlauberger (c) erscheint unregelmäßig am Sonntag.
Reinhard Berger
Allerleikeiten: Reinhard Berger, geboren 1951 in Kassel, Journalist, Buchautor, Hunde- und Hirnbesitzer.
Vergänglichkeiten: Vor dem Ruhestand leitender Redakteur der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA).
Herzlichkeiten: verheiratet, zwei Söhne, zwei Schwiegertöchter, drei Enkel, ein Rottweiler.
Anhänglichkeiten: Bach, Beethoven, Bergers Nanne (Ehefrau).
Auffälligkeiten: Vorliebe für Loriot, Nietzsche, Fußball, Steinwayflügel, Harley-Davidson.
Öffentlichkeiten: Schlauberger-Satireshow, Kleinkunstbühne.
Alltäglichkeiten: Lebt auf einem ehemaligen Bauernhof.
www.facebook.com/derschlauberger