Jahres-Pressekonferenz am 23. Juni 2021
Deutsche Oper Berlin © Foto: Leo Seidel
von Peter Sommeregger
Im März 2020, bei der letzten Pressekonferenz dieser Art, überwog noch die Hoffnung, den geplanten Spielplan trotz der Corona-Pandemie realisieren zu können. Nur Tage später kam das Aus für alle schönen Pläne.
Um eine solche Situation nicht noch einmal heraufzubeschwören, setzte das Leitungsteam der Deutschen Oper Berlin diesmal auf vorsichtigen Optimismus, eine detaillierte Programmvorschau reicht vorerst nur bis Oktober 2021. Lediglich die geplanten Premieren werden bereits für die gesamte Spielzeit angekündigt
Im Vordergrund steht erwartungsgemäß die Vollendung des neuen „Ring des Nibelungen“, dessen Timing besonders hart von der Pandemie betroffen war. Statt die vier Opern in der richtigen Reihenfolge herauszubringen, ist die Chronologie nun völlig auf den Kopf gestellt. Die „Götterdämmerung“ soll nun am 17. Oktober ihre Premiere erleben, der „Siegfried“ erst im Rahmen eines kompletten Ring-Zyklus am 12. November. Dies wird die Sinnhaftigkeit der ohnehin problematischen Deutung durch Stefan Herheim noch erschweren.
Mit den „Les Vêpres Siciliennes“ von Verdi wird diese selten gespielte Oper in der für Paris komponierten französischen Originalfassung gezeigt. Mit der Regie hat man Olivier Py betraut, am Haus bereits mit einer reichlich geschmacklosen Inszenierung des „Prophète“ von Meyerbeer vertreten. Dass Py die Handlung von Sizilien nach Algerien verlegen will, fällt wohl unter den modischen Begriff „Überschreibung“. Am Pult wird Enrique Mazzola stehen, der schon bei den Meyerbeer-Opern bella figura gezeigt hat.
Der Regisseur Christof Loy wird Schrekers „Schatzgräber“ inszenieren, eine in den 1920er Jahren extrem erfolgreiche Oper, die sich von ihrem Bann durch die Nazis nie mehr erholen konnte, und nur noch selten zu sehen ist. Marc Albrecht wird als Dirigent seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Loy bei dieser Premiere fortsetzen.
Als letzte Premiere der Saison werden Jossi Wieler und Sergio Morabito am 12. Juni eine Neuinszenierung von Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ herausbringen. Hausherr Sir Donald Runnicles dirigiert, Johan Reuter wird der neue Sachs und der wohl unvermeidliche Klaus Florian Vogt der Stolzing sein. Nachdem auch insgesamt drei komplette Ring-Zyklen stattfinden sollen, hat Wagner in der kommenden Spielzeit doch ein deutliches Übergewicht.
Nachgeholt werden zwei Premieren: zum Einen am 30. Januar Rued Langgaards „Antikrist“, eine Mischung aus Oper, Oratorium und szenischer Sinfonie, zum Zweiten am 8. April Marina Abramovićs „7 Death of Maria Callas“, an der man trotz der umstrittenen Münchner Uraufführung festhält.
Für das Musikfest im September wird Donald Runnicles mit dem Chor des Hauses Brittens „War-Requiem“ einstudieren.
Über das Repertoire inklusive seiner Besetzungen hält man sich noch bedeckt, angesichts der unübersichtlichen Pandemie-Lage verständlich und richtig.
Die alternativen Spielstätten des Hauses, das Parkdeck und die Tischlerei haben auch Einiges an Produktionen nachzuholen, fest stehen bis jetzt „Die Vorüberlaufenden“ von Andrej Koroliov, „Neue Szenen V: 3 Scheiterhaufen“ von Sara Glojnaric, Sergey Kim und Lorenzo Troiani, „Once to be released“ einer Auseinandersetzung von sechs Komponisten mit Jani Christous „Project files“, sowie „Lieder von Vertreibung und Nimmerwiederkehr“, ein Musiktheater von Bernhard Gander, sämtlich in der Tischlerei vorgesehen. Auf dem Parkdeck wird Pinar Karabulut „Greek“ von Mark-Anthony Turnage inszenieren.
Ein wenig ernüchternd fällt diese Pressekonferenz diesmal vor sehr überschaubarem Publikum aus. Dazu passt, dass es auch kein prächtiges Programmbuch gibt, auch dies ein Opfer der Pandemie.
Wollen wir hoffen, dass dieser Spielplan nicht wieder schnell zur Makulatur wird.
Peter Sommeregger, 23. Juni 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at