https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Peter_Gelb_(8166799425)_(cropped).jpg
Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE DIENSTAG-PRESSE – 17. OKTOBER 2023
Klassikwoche: Der Intendanten-Gipfel
Der Intendant der Metropolitan Opera, Peter Gelb, über die Krise der Klassik und das Desinteresse des breiten Publikums, Daniel Barenboims Appell an Frieden im Nahen Osten, Christian Thielemanns Pläne für das Wiener Neujahrskonzert 2024.
https://crescendo.de/klassikwoche-42-2023-peter-gelb-daniel-barenboim/
Wien
Ankündigung: Zur nächsten Staatsopernpremiere „Le Grand Macabre“ Sex, Alkohol und Arien
Regie führt Jan Lauwers, der mit seiner Interpretation von Monteverdis L’incoronazione di Poppea in der Wiener Staatsoper einen riesigen Erfolg feiern konnte.
Wikipedia: Jan Lauwers gilt als Regisseur des postdramatischen Theaters. https://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Lauwers_(Regisseur)
online-Merker.com
Berlin
Poschners Elektra und Meiers Klytämnestra
Patrice Chéreaus immer noch fantastisch gelungene Elektra kann weiterhin Freude bereiten.
konzertkritikopernkritik.berlin.blog
Cottbus
Kavaliere gibt’s hier keine – was Tomo Sugao aus dem „Rosenkavalier“ macht
Es ist die berühmteste Oper von Richard Strauss. Doch in der Inszenierung am Staatstheater in Cottbus ist von Walzerseligkeit nicht viel zu spüren – trotz eines großartigen Sänger-Ensembles.
LausitzerRundschau.de
Wien/Volksoper
„Die Reise zum Mond“: Lebt diese Gesellschaft etwa hinterm Mond?
Die Offenbach-Operette als amüsante Produktion für junge Leute von heute, die doch ein wenig im Gestern stecken geblieben ist.
Die Presse.com
Blu-ray-Besprechung
Diese Inszenierung von Delibes’ „Lakmé“ verschenkt das Potential der Handlung
Aus dieser Oper kennt fast jeder Musikliebhaber die so genannte „Glöckchenarie“ und das Blumenduett. In Frankreich ist das Werk nach wie vor populär, hierzulande nur die beiden erwähnten Ausschnitte.
Die hier als DVD/Blu-ray vorliegende Produktion der Pariser Opéra Comique bietet nun die Gelegenheit, das komplette Werk kennenzulernen. Für die Titelrolle stand Sabine Devieilhe zur Verfügung, die in den letzten Jahren zum Star des Koloraturfaches aufgestiegen ist. Auch in dieser, ganz auf sie fokussierten Produktion enttäuscht sie nicht. Sie verfügt über genau jene Leichtigkeit des Tonansatzes, die für Partien dieser Art nötig ist, ihre Technik ist perfekt und damit überstrahlt sie auch den Rest des Ensembles.
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.de
Wien/Staatsoper
Glückssträhne unwahrscheinlich
Zweimal Niete, einmal Hauptgewinn: Tatjana Gürbaca inszeniert »Il Trittico« an der Wiener Staatsoper
nd.aktuell.de
Volksoper
Mit der Riesenkanone in die emotionale Eiszone Offenbachs „Die Reise zum Mond“ wurde an der Volksoper von Laurent Pelly zum familienfreundlichen Bilderreigen zurechtgestutzt https://www.derstandard.at/story/3000000191210/mit-der-riesenkanone-in-die-emotionale-eiszone
Die Welt braucht Haydn! (Bezahlartikel)
Il Giardino Armonico erweisen dem Meister der Wiener Klassik im Brahms Saal ihre Ehre.
https://www.diepresse.com/17741675/die-welt-braucht-haydn
Salzburg
Durch’s Vivace gejagt
Stiftung Mozarteum / Latino Mozart
DrehpunktKultur.at
Stiftung Mozarteum: Kubaner befreien Mozart (Bezahlartikel)
Salzburger.nachrichte.at.kultur.stiftung
Klagenfurt
Weltuntergang? Silvester! „Götterdämmerung“ in Klagenfurt (Bezahlartikel)
DiePresse.com
München
Vorschau: Debüt in „diesen heil’gen Hallen“
München bekommt endlich eine neue „Zauberflöte“: Am Gärtnerplatztheater inszeniert Intendant Josef Köpplinger, und Weltstar René Pape singt erstmals am Haus.
SueddeutscheZeitung.de
Berlin
„Lasst uns den Aufbruch feiern“
Komische Oper eröffnet im Schillertheater
BZ-Berlin.de
Kassel
Revolution gegen die kapitalistische Gesellschaft – Georges Bizet: Carmen
DieDeutscheBühne.de
„Carmen“ in Kassel: Der Sex-Appeal der Revoluzzer
Fulminanter Auftakt: Opernsaison am Kasseler Staatstheater startet mit George Bizets „Carmen“ in der Raumbühne. Das Publikum kann entscheiden, ob es ein immersives Erlebnis haben und direkt mit auf der Bühne Platz nehmen möchte, oder ganz klassisch im Parkett. Zur Premiere gab es viel Jubel.
hna.de.kultur
Annaberg-Buchholz
Kritik – „Don Buonaparte“ am Erzgebirgetheater: Oper nach 82 Jahren uraufgeführt
Das Erzgebirge Theater in Annaberg-Buchholz ist eines der kleinsten deutschen Opernhäuser. Seit 2021 ist Moritz Gogg dort Intendant. Er hat ein Faible für musikalische Ausgrabungen, die schon für internationales Aufsehen sorgten. Darunter Werke aus den 30er Jahren, die durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten keine Chance hatten, aufgeführt zu werden. Nun ist in Annaberg sogar eine Uraufführung zu erleben: „Don Buonaparte“ von Alberto Franchetti. Mussolini ließ eine Aufführung des damals 80-jährigen Komponisten nicht zu. Franchetti war Jude.
BR-Klassik.de
Über die Liebe zur Dorf-Idylle
Alberto Franchetti: Don Buonaparte
DieDeutscheBuehne.de
Dresden
Opern-Entdeckung: Verliebte Fische (Bezahlartikel)
Mehr davon, bitte: Die wohl erste deutschsprachige Oper überhaupt, „Dafne“ von Heinrich Schütz, wurde jetzt in einer Rekonstruktion in Dresden erfolgreich aufgeführt.
SueddeutscheZeitung.de
Links zu englischsprachigen Artikeln
Wrocław
Review: THE MAGIC FLUTE IN BRESLAU at Wrocław Opera
What do W.A. Mozart and M. Krajewski have in common? Not much on the first side, but in a new production from the Wrocław Opera, black and white blend together to give us a bloody red.
broadwayworld.com.poland
Kyiv
‘The tuba player is now a machine gunner’: classical music on the Ukrainian frontline
The National Symphony Orchestra of Ukraine defies the Russian invasion with a Kyiv premiere, before embarking on a first tour of the UK for 22 years
TheGuardian.com
London
ENO’s music director resigns over proposed cuts to music staff
Martyn Brabbins says proposals to axe 19 posts and employ remaining musicians part-time is plan of ‘managed decline’
TheGuardian.com
A hard and heartless Rigoletto at the Royal Opera House
operatoday.com.2023.10
The Royal Opera’s Rigoletto — a popular favourite returns to the London stage (Subscription required)
https://www.ft.com/content/fa3229a3-c8cf-4966-8427-5b421efb20a4
Leeds
Masque of Might, Opera North review – a tale of ecological virtue
Pountney plunders Purcell to make the greenest show in a green season
TheArts.desk.com.opera
New York
Metropolitan Opera 2023-24 Review: La Bohème
A Spectacular Cast Bonds Together & Revives Puccini’s Opera
https://operawire.com/metropolitan-opera-2023-24-review-la-boheme/
Dreamers with empty hands
Franco Zeffirelli’s beloved 1982 production of Puccini’s La Bohème has returned to the stage of the Metropolitan Opera.
https://parterre.com/2023/10/13/dreamers-with-empty-hands/
Review: ‘The Hunt’ Playfully Makes the Medieval Contemporary Kate Soper’s latest stage work freely moves between legend and anachronism for a story about three virgins taking charge of their bodies.
TheNewYokTimes.com
Lang Lang stars in the Orchestra of St. Luke’s first concert of the season at Carnegie Hall
https://seenandheard-international.com/2023/10/__trashed-2/
Seattle
Review: ALCINA at McCaw Hall
Six Characters in Search of Gender Identity
broadwayworld.com.seattle
Montreal
Andreas Ottensamer switches from soloist to podium in Montreal
bachtrack.com.de
Sydney
The Medium: Opera-noir taps into the spirit world
A new production of Gian Carlo Menotti’s spooky opera The Medium hopes to raise hairs ahead of Halloween. The Medium plays at The Independent Theatre, North Sydney, 19–22 October
limelightmagazin.com
Recordings
Fantasia (Igor Levit)
Levit’s intense, intimate and involving delve into fantasy is compelling.
https://limelightmagazine.com.au/reviews/fantasia-igor-levit/
Rock/Pop
Wien/Stadthalle
Bonnie Tyler: Eine Stimme gegen die böse Macht namens Liebeskummer
Raukehlchen Bonnie Tyler beglückte ihre Langzeitfans in der Wiener Stadthalle. Ihre Herzausreißer sind von einer besonderen Wärme.
Die Presse.com
Ballett/Tanz
Vertanzte Zauberei: „Coppélia“ an der Volksoper
Der märchenhafte Ballettklassiker „Coppélia“, in dem eine Puppe zum Leben zu erwachen scheint, steht wieder auf dem Spielplan der Volksoper. Ein verrückter alter Professor namens Coppélius bastelt eine Puppe, die so echt aussieht, dass ein junger Mann sich in sie verliebt und seine Verlobte vergisst: Das ist der Plot des Ballettklassikers „Coppélia“. Er steht nun wieder auf dem Spielplan der Volksoper, in der Wiederbelebung einer Choreografie von Arthur Saint-Léon durch Pierre Lacotte.
Die Presse.com
Sprechtheater
Bochum
Dostojewski in Bochum: Gottes vergessene Kinder
Der Mensch ist dem Menschen nicht gewachsen: Johan Simons inszeniert „Die Brüder Karamasow“ nach Dostojewski am Schauspielhaus Bochum als siebenstündigen Kraftakt – mit Borschtsch, aber ohne Wodka.
FrankfurterAllgemeine.net
München
Bayerisches Staatsschauspiel: Peer Gynt hat Probleme (Bezahlartikel)
Sebastian Baumgarten inszeniert Ibsens dramatisches Gedicht mit großem Theaterzauber. Doch rechtfertigt der Aufwand den Ertrag
Sueddeutsche Zeitung.de
Ausstellungen/Kunst
Wien-Museen
Freier Eintritt im neuen Wien Museum
Wenn am 6.12. das Wien Museum wieder eröffnet, werden nur Sonderausstellungen kostenpflichtig sein – eine Premiere in Österreich
DerStandard.at.story
Medien
Redakteurin gefeuert. ORF-Insider: Das steckt hinter Sagmeister-Rauswurf
Nach 29 Jahren als Moderatorin beim Staatsfunk kam für Sonja Sagmeister der Rauswurf überraschend. In der „Krone“ teilte die „ZiB“-Sprecherin jetzt kräftig aus. Sie habe sich nur gegen „Einflussnahme“ bei einem Interview gewehrt. Eine Klage beim Arbeitsgericht ist jedenfalls anhängig. Der eigentliche Kündigungsgrund ist laut ORF-Insider (offiziell heißt es nur, die „Vorwürfe seien unrichtig“) aber brisanter. Sagmeister sei über Monate angewiesen worden, „ihre Nebenbeschäftigungen einzustellen“. Dabei gehe es um Firmenbeteiligungen bzw. Geschäftsbeziehungen auch zu Interviewpartnern.
KronenZeitung.at
Suzanne Somers, Sitcom-Star der 80er- und 90er-Jahre, ist tot
Somers spielte in bekannten US-Serien mit, etwa die typisch fröhliche US-Mutter in „Eine starke Familie“. Sie starb mit 76 Jahren.
Die Presse.com
ORF-Comeback
Krankl ist wieder der „Nachtfalke“: „Ich freue mich riesig“
Hans Krankl schlüpft nach 25 Jahren wieder in seine Paraderolle, um auf Radio Wien seine Lieblingsnummern zu servieren. Die Leidenschaft ist noch gleich groß
Der Standard.at
Wirtschaft
Österreich/ORF-„Pressestunde“
IHS-Chef Bonin: Pensionsantritt mit 67 Jahren muss in Betracht gezogen werden
Geht es nach Bonin muss „perspektivisch“ ein Antrittsalter von 67 Jahren in Betracht gezogen werden. Der IHS-Chef vermisst die Diskussion über eine Pensionsreform
Der Standard.at
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Unter’m Strich
Schweden
Fußball-Länderspiel abgebrochen: Zwei Tote nach Schüssen in Brüssel
Nach tödlichen Schüssen auf zwei Schweden in Brüssel ist in der belgischen Hauptstadt die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen worden. Die Polizei bestätigte am Montagabend, dass zwei Menschen in der Nähe des Stadtzentrums erschossen worden seien. Der Täter werde noch gesucht, schrieb die belgische Innenministerin Annelies Verlinden auf Twitter (X). Das EM-Qualifikationsspiel Schweden-Belgien wurde nach der ersten Halbzeit abgebrochen.
https://orf.at/stories/3335953/
Österreich
Georg Dornauer: Der Anti-Babler aus Tirol
Georg Dornauer ist so bekannt wie kaum je ein Tiroler SPÖ-Chef – wenn auch nicht aufgrund seiner Politik. Wie er in seinem ersten Regierungsjahr vom oppositionellen Fehltrittproduzenten zum stabilen Großkoalitionär wurde – und sich jetzt als vorderster Rechtsausleger der Roten positioniert.
DiePresse.com
21 Zeugen beim Kurz-Prozess: Wer weiß was?
Hat Kurz gelogen, als er im U-Ausschuss mit Postenschacher-Vorwurf konfrontiert wurde? Mitwisser und Betroffene aus der türkis-blauen Ära kommen beim Prozess zu Wort – von Schmid über Blümel bis Strache.
Kurier.at
INFOS DES TAGES (DIENSTAG, 17. OKTOBER 2023)
INFOS DES TAGES (DIENSTAG, 17. OKTOBER 2023)
Quelle: onlinemerker.com
Wiener Staatsoper: Die nächste Staatsopernpremiere der Saison – »Le Grand Macabre«
Aus dem Newsletter der Wiener Staatsoper: Mit diesem wichtigen Werk der Operngeschichte des späten 20. Jahrhunderts, der einzigen Oper Ligetis, feiern wir nicht nur die zweite Premiere dieser Spielzeit, sondern auch eine Erstaufführung am Haus. Es ist ein Werk, das von allen Mitwirkenden viel abverlangt, sowohl gesanglich als auch darstellerisch. Ligeti erzählt von Trieben und Schwächen der Menschheit, von Korruption, Eros, ausschweifendem Hedonismus und letzten Endes vom Weltuntergang: In ein imaginäres Schlaraffenland, das »verfressene, verhurte Breughelland«, platzt eines Tages der Tod (Nekrotzar), alias der dämonische große »Macabre«. Sein Ziel ist die Zerstörung der Welt und die Vernichtung der frivolen Menschheit. Doch er selbst verfällt zunehmend den menschlichen Gelüsten, findet überbordend Gefallen an Sex und Alkohol und ist am Ende der Einzige, der tatsächlich stirbt.
Ligeti gelang ein groteskes Meisterstück, das durch ironische Distanz, Verfremdung und eine durchgehende Doppeldeutigkeit, die »den Ernst humoristisch und das Komische todernst nimmt« das Grundthema der Oper, nämlich die Aufhebung der Angst und den Triumph des Eros, eindrucksvoll entfaltet.
Regie führt Jan Lauwers, der mit seiner Interpretation von Monteverdis L’incoronazione di Poppea in der Wiener Staatsoper einen riesigen Erfolg feiern konnte. Lauwers, der auch für Bühne und Choreographie verantwortlich zeichnet, ist bekannt für seine Farbenpracht und seine üppigen Bilder
Die gesamte Szenerie des Grand Macabre ist mit den Gemälden von Pieter Brueghel verbunden, jede einzelne der Körperarbeiten von ihm inspiriert. Wie auch bei der Poppea arbeitet Lauwers auch beim Macabre mit einer besonders großen Gruppe an Tänzer*innen. Als Nekrotzar ist Georg Nigl zu erleben. Die Venus bzw. den Chef der Gepopo singt die preisgekrönte französisch-zypriotische Sopranistin Sarah Aristidou. Musikalisch wird die Produktion von Pablo Heras-Casado geleitet, der mit Lauwers im Rahmen der Poppea bereits zusammengearbeitet hat. Premiere Le Grand Macabre: 11. November 2023 |
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Ankündigung: Zur nächsten Staatsopernpremiere „Le Grand Macabre“ – Sex, Alkohol und Arien
Regie führt Jan Lauwers, der mit seiner Interpretation von Monteverdis L’incoronazione di Poppea in der Wiener Staatsoper einen riesigen Erfolg feiern konnte.
Wikipedia: Jan Lauwers gilt als Regisseur des postdramatischen Theaters. https://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Lauwers_(Regisseur)
Endlich mal erklärt: Was ist Postdramatik? … das Ende psychologischer Einfühlung. Man möchte Figuren nicht mehr verstehen, sondern dekonstruieren… Problematisch bleibt, dass das Misstrauen in die Figuren, in Psychologie oft zu langweiligen Besserwisser-Abenden führt, in denen der Regisseur sich über den Autor stellt. Ohne Figuren fehlt jeder Konflikt, der den Abend antreiben könnte. Das macht Postdramatisches Theater oft verkopft und diskurslastig.
https://www.deutschlandfunk.de/endlich-mal-erklaert-was-ist-postdramatik-100.html
Postdramatisches Musiktheater – Argumente für ein Musikerforschungstheater: Wider die Aktualisierungspetersilie
Eher erwartet als bloß geduldet, gehören Tote, Nackte und Nazis auch auf der Opernbühne zum Standardprogramm einer wohlfeilen Gesellschaftskritik, die deren Zielpublikum längst absorbiert hat. Ihr eigentliches Anliegen hat sich dabei freilich ins Gegenteil verkehrt. Was einmal verstörend sein wollte, erfüllt heute eine Stabilisierungsfunktion als Distinktions-Marker für eine sich selbst als sensibel, kritikempfänglich und reflektiert wahrnehmende Zuschauerschaft. In der ideologischen Antike des Regietheaters lässt es sich so für Opernhäuser und -publikum unverändert bestens aushalten.
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OSTERFESTSPIELE 2024: STARK VERGÜNSTIGTE KARTEN FÜR ALLE U27 und Die HIGHLIGHTS – Internationale Kunstmesse in München
Ab 2. November 2023, 10:00 Uhr, ist es wieder soweit: Jugendliche und junge Erwachsene unter 27 Jahren erhalten große Vergünstigungen für viele Vorstellungen der Osterfestspiele Salzburg 2024 über unseren Partner Ticket Gretchen.
Im Zentrum steht die Premiere von »La Gioconda« mit Anna Netrebko und Jonas Kaufmann, am Pult der Accademia Nazionale di Santa Cecilia steht Festival-Dirigent Antonio Pappano. Das Konzertprogramm reicht von Verdis Requiem über Musik von Boccherini, Respighi und Ponchielli bis zu Berlioz und Martinů.
Gleich zwei Uraufführungen gibt es im Bereich Tanz und Elektronische Musik: Am Palmfreitag feiert die Choreographin Sasha Waltz mit Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion Uraufführung, während am Gründonnerstag der international gefragte britische DJ Max Cooper die Klänge Italiens auf elektronische Beats treffen lässt. Beide Veranstaltungen finden in der Felsenreitschule statt.
Außerdem möchten wir auf die internationale Kunstmesse HIGHLIGHTS in München hinweisen, mehr dazu hier in diesem Newsletter!
U27 – DIE PREISE
Accademia Nazionale di Santa Cecilia unter der Leitung von Antonio Pappano:
Oper »La Gioconda« EUR 35
Orchesterkonzert I EUR 25
Orchesterkonzert II EUR 25
Chorkonzert EUR 25
Liederabend I Gerhaher EUR 20
»Johannes-Passion« (Tanz) EUR 20
»Seme« (Elektro) EUR 15
SO GEHT’S
Sie können die Ticket Gretchen App ganz bequem und kostenlos auf Ihr Mobiltelefon laden: Apple App Store oder Google Play (Android).
Um ein U27-Ticket zu buchen, geben Sie Ihre E-Mail-Adresse ein und registrieren sich mit Reisepass oder Personalausweis als U27. Bitte beachten Sie, dass Ihr Ausweis am Eingang kontrolliert wird.
Von der Aktion ausgenommen ist die »La Gioconda« Premiere am 23. März.
…
Mit Stil durch die Epochen
Die HIGHLIGHTS – Internationale Kunstmesse München begeistert Sammler und Museumsvertreter mit Spitzenwerken von der Antike bis zur Gegenwart. Contemporary Sektion zieht an.
Für die HIGHLIGHTS ist der Name Programm. In diesem Jahr hält die Messe zum 14. Mal ihr Versprechen, eine der schönsten und hochkarätigsten Verkaufsschauen in Europa zu sein. Sie findet nach einem Preview-Tag vom 18. bis 22. Oktober 2023 statt. Etwa 60 international agierende Aussteller machen die Messe wieder zu einem Magneten für Sammler und Museumskuratoren. Im Herzen Münchens in der geschichtsträchtigen Residenz der Wittelsbacher hat sie sich zu einem Kunstevent mit unverwechselbarem Flair etabliert.
Für mehr Informationen klicken Sie hier.
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COTTBUS: DER ROSENKAVALIER: „Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein…“
Anne Martha Schuitemaker (Sophie), Rahel Brede (Octavian), Dirk Kleine (Valzacchi), Philipp Mayer (Baron Ochs auf Lerchenau), Maryna López Gómez (Annina), Herren des Opernchores und der Statisterie (Lerchenaus Diener): Foto: Bernd Schöneberger
So weltverloren finden am Schluss der Oper von Richard Strauss die Liebenden zusammen. Zuvor geht es im Wien der 1910er Jahre, in denen die Cottbuser Inszenierung die Handlung verortet, reichlich turbulent zu. Mit Hilfe von Intrigen, Verkleidungen und Versteckspiel versuchen die Frauen des Stückes zusammen mit Octavian, dessen weibliche Seite schon in der Besetzung als Hosenrolle angelegt ist, ihr Recht auf Liebe und Glück zu verteidigen vor allem gegen eine so irrwitzig überzeichnete Macho-Figur wie die des Baron Ochs auf Lerchenau.
Mit Rollendebüts sind auf der Bühne in Cottbus zu erleben: Rahel Brede als Octavian, Lea-ann Dunbar als Marschallin, Anne Martha Schuitemaker als Sophie und Andreas Jäpel als deren Vater Herr von Faninal. Philipp Mayer gibt den Baron Ochs auf Lerchenau und Maryna López Gómez und Dirk Kleinke agieren als das Intriganten-Paar Annina und Valzacchi.
Ochs, Baron ( Philipp Mayer), Annina Maryna López Gómez. Foto: Detlef Kurth
Musikalische Leitung: GMD Alexander Merzyn
Regie: Tomo Sugao
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Erfolgreiches Gastspiel des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden mit »Tannhäuser« in Bari
Wiesbadener »Tannhäuser« begeistert italienisches Publikum
Vier äußerst erfolgreiche Vorstellungen von Richard Wagners »Tannhäuser« hat das Hessische Staatstheater Wiesbaden am 11., 13., 14. und 15. Oktober 2023 beim Gastspiel am Teatro Petruzzelli in Bari (Italien) gegeben.
Diskussionen im Vorfeld über moderne Inszenierung
Dabei gab es im Vorfeld Bedenken darüber, ob der »deutsche Regiestil« mit einem italienischen Publikum kompatibel sei. Zeitungen diskutierten vor der Premiere über die »kontroverse« Inszenierung des »Avantgarderegisseurs« Uwe Eric Laufenberg. So fragte etwa Francesco Mazzotta (Corriere del Mezzogiorno Puglia) im Interview: »Innovative Inzenierungen werden in Italien immer kritisch beäugt. Haben Sie keine Angst, das Publikum zu verärgern?« Laufenberg: »Ehrlich gesagt Nein. Wir spielen das, was Wagner geschrieben hat, und versuchen dieses für das heutige Theater sinnfällig zu erzählen und erlebbar zu machen. Sinnliche Erfahrungen, Schönheit und ein wahres Erleben sind das, was wir anstreben.« Angesprochen auf aktuelle Fälle, in denen Politiker der rechten Fratelli d’Italia gegen moderne Inszenierungen interveniert haben, hält er fest: »Ich halte gar nichts davon, wenn Politik sich in Kunst einmischt. Das ist Zensur und einem westlichen demokratischen Land unwürdig. Die Freiheit der Kunst und die Freiheit der Presse ist ein hohes Gut und sollte in keinem Land der Erde zur Disposition stehen. In einem europäischen Kernland wie Italien erst recht nicht.«
Stürmischer Applaus
Die Aufführungen von »Tannhäuser« wurden mit stürmischem Applaus aufgenommen. Die Regie von Uwe Eric Laufenberg – einstudiert von Spielleiterin Silvia Gatto –, die Ausstattung von Rolf und Marianne Glittenberg und die Musikalische Leitung von Michael Güttler, der den Chor und das Orchester des Teatro Petruzzelli dirigierte, wurden gefeiert. So auch die Sängerinnen und Sänger, vor allen Aaron Cawley bei seinem Debüt als Tannhäuser, Betsy Horne und Elena Bezgodkova als Elisabeth, Birger Radde als Wolfram, Young Doo Park als Hermann und Jordanka Milkova als Venus.
»Unter großem Beifall [… ] wurden die Protagonisten der bemerkenswerten Aufführung gefeiert«
In der Gazzetta del Mezzogiorno war zu lesen: » Schockierend ist der I. Akt, […] sehr stimmungsvoll (die Regie, das Bühnenbild und die Kostüme von Rolf und Marianne Glittenberg) ist der gesamte dritte Akt mit einem großen Kreuz in einer Landschaft aus Schnee und Eis. […] Das so konsequent im 20. Jahrhundert angesiedelte Bühnenbild, die Präzision des Orchesters (unter dem Dirigenten Michael Güttler) und die tadellose Diktion der Sänger machen den Wert deutscher Inszenierungen wie der des Staatstheaters Wiesbaden verständlich. […] Die Leistung der Sängerinnen und Sänger auf dem Podium war ausgezeichnet und präzise, ebenso die des Chors unter der Leitung von Fabrizio Cassi, ganz zu schweigen vom Petruzzelli-Orchester in großartiger Form unter der Leitung von Michael Güttler. Unter großem Beifall des zahlreich erschienenen Publikums im Petruzzelli (das trotz der fast vierstündigen Dauer bis zum Schluss treu und beständig blieb) wurden die Protagonisten der bemerkenswerten Aufführung gefeiert.«
Auch der Freundeskreis des Hessischen Staatstheaters war mit 23 Mitgliedern in Bari und schloss sich dem Jubel des italienischen Publikums an.
Mehr Informationen zu »Tannhäuser« in Wiesbaden finden Sie unter: https://www.staatstheater-wiesbaden.de/oper/wiederaufnahmen-2023-2024/tannhaeuser/
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Paris: „LOHENGRIN“ an der Opéra de Paris – 14 10 2023
Auftakt der neuen Spielzeit 23/24 mit Piotr Beczała als Lohengrin, in einer Regietheater-Inszenierung von Kirill Serebrennikov, an der sich die deutsch-französischen Meinungen (wieder) spalten und für eine interessante Grundsatzdebatte sorgen.
Die „Gralserzählung“ vor Leichensäcken in einem Militärhospital an der Front. Obwohl als undisponiert angesagt, überstrahlte Piotr Beczała als epochaler Lohengrin dies alles mit einer absolut perfekten Technik. © Charles Duprat / Opéra national de Paris
Ein viel beachteter Auftakt dieser neuen Spielzeit mit lauten Diskussionen im Saal und in den Medien. Darüber freuen wir uns erst einmal, denn letztes Jahr schrieben wir um diese Zeit, dass wir hofften, dass die Pariser Oper nach den Krisenjahren endlich wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt. Dies tritt nun ein und diese Spielzeit gibt es 8 neue Produktionen und 12 Wieder-Aufnahmen (letztes Jahr waren es 6 und 11) – ein deutliches Zeichen, dass die Oper nun aus den roten Zahlen kommt. Das Defizit scheint nur noch 5 Millionen € zu betragen (vor ein paar Jahren waren es noch 80 M €!) und Streiks gab es bedeutend weniger (eigentlich nur das Ballett). In der Direktionsetage wurde wieder mit den Türen geschmissen und der Musikdirektor Gustavo Dudamel ging mitten in seiner zweiten Spielzeit – wieder eine neue Herausforderung, da er viele Projekte dieser Saison (mit)geplant hatte und zum Auftakt diesen „Lohengrin“ dirigieren sollte. Ein Nachfolger steht noch nicht in Aussicht, denn nun will man sich wirklich Zeit nehmen, um Jemanden mit dem guten Profil zu finden (was bei Dudamel als hauptsächlich Konzert-Dirigent offenbar nicht der Fall war). So werden für alle seine Projekte jetzt verschiedene Ersatzdirigenten gesucht und der Brite Alexander Soddy, von 2016-2022 Musikdirektor in Mannheim, der jetzt für „Lohengrin“ einsprang, ließ in dieser Hinsicht keine Wünsche offen, so wie die fantastische Sänger-Besetzung. Die Inszenierung dagegen fachte wieder ganz grundsätzliche Diskussionen an, genau wie bei der „ursprünglichen Carmen“ in Rouen (über die wir gerade berichtet haben). Interessante Fragen und vollkommen verschiedene Antworten!
Aktionismus auf der Bühne: Elsa (Johanni van Oostrum in der Mitte, rechts durch eine Tänzerin gedoubelt) sucht ihren Bruder Gottfried (Foto oben, bevor er „in den Krieg zog“) und trifft auf Ortrud und Friedrich von Telramund (Nina Stemme bei der Premiere und Wolfgang Koch, nun „Direktoren einer psychiatrischen Klinik“). © Charles Duprat / Opéra national de Paris
Den russischen Regisseur Kirill Serebrennikov (der jetzt in Berlin lebt) braucht man wohl nicht mehr vorzustellen. Er ist in die Operngeschichte eingegangen als der erste Regisseur, der von seinem Schreibtisch aus – bei Hausarrest in Moskau – mehrere Inszenierungen an großen Opernhäusern betreut hat, von „Nabucco“ in Hamburg 2019 bis zu „Parsifal“ in Wien 2021. Da das „Lohengrin“-Angebot ungefähr gleichzeitig kam, hat er beide Werke wie ein „Gral-Dyptichon“ inszeniert (aus dem noch ein „Tryptichon“ werden soll). In Wien spielte die Handlung in einem Gefängnis, in Paris in einem (psychiatrischen) Krankenhaus an einer Kriegsfront. Parsifal wurde durch einen Schauspieler gedoubelt, hier bekam Elsa gleich zwei Tänzerinnen zur Seite etc. Doch der allgemeine Eindruck ist in Paris viel düsterer und bedrückender: bei „Parsifal“ gab es zumindest ein Happy End, bei „Lohengrin“ nicht. Nun lautet das alles-übergreifende-Thema „Krieg“ und wird die Geschichte aus der Elsa-Perspektive erzählt, eine „schwer traumatisierte Frau“, die vollkommen „geisteskrank“ und „schizophren“ in Scheinwelten entflieht und die ganze Lohengrin-Geschichte nur „träumt“ (so Serebrennikov). Dementsprechend haben er und sein Dramaturg die Inhaltsangabe der Oper und die Personenliste im Programmheft vollkommen umgeschrieben: der erste Akt heißt nun „das Delirium“, der zweite „die Realität“ und der dritte „der Krieg“. Lohengrin mutiert zur „Vision von Elsa und ihr Beschützer“, Ortrud zum „Psychiater und Direktorin einer psychiatrischen Klinik“, dem ihr Gatte Friedrich von Telramund als „Militärpsychiater“ beisteht. Leider wird dies alles auf der Bühne nicht oder nur kaum verständlich, wenn man nicht erst das Programm-Heft gelesen hat (wozu später mehr).
Das aus dieser bedrückender Regie doch noch ein erwähnenswerter Opernabend wurde, lag an der hervorragenden musikalischen Umsetzung: Alexander Soddy dirigierte ein Orchestre de l’Opéra de Paris in Hochform und der wieder exzellent durch Ching-Lien Wu einstudierte Chor der Oper sang einwandfrei, obwohl er szenisch meist nur ein deprimierender Haufen am Rande blieb. Obwohl als undisponiert angesagt, überstrahlte Piotr Beczała als epochaler Lohengrin alles und seine „Gralserzählung“ war der musikalische Höhepunkt des Abends. Vielleicht gerade weil der Sänger mit seiner Stimme kämpfen musste, die oft erst nur langsam „ansprang“, war die Erzählung umso persönlicher und unsere Bewunderung für seine absolut perfekte Technik desto größer. Johanni van Oostrum konnte ihm als Elsa von Brabant stimmlich nicht ganz das Wasser reichen, aber sie debütierte an der Bastille und ihre Rollengestaltung war berührend intensiv. Als Ortrud wurde Nina Stemme angesagt, die anscheinend kurz vor der Vorstellung absagen musste (sie stand noch auf dem Abend-Theater-Zettel). So sprang Ekaterina Gubanova ein – die auch für die nächsten Vorstellungen geplant war – und tat dies absolut souverän. Wolfgang Koch singt den Friedrich von Telramund schon seit vielen Jahren und wir bewunderten, wie gut er dieses tut, obwohl er in dieser Inszenierung nur ein Bein hat (beinahe alle sind irgendwie kriegsverletzt) und – entgegen dem Libretto von Wagner – mit seiner Frau als „Pazifist“ auftreten soll. Ähnliche Bewunderung für Kwangchul Youn und Shenyang als einwandfreie Heinrich der Vogler und Heerrufer des Königs. Über die musikalische Qualität waren/sind sich alle einig und für sie gab/gibt es viel Applaus. Doch bei der Premiere wurde das Regie-Team mit einem Buh-Orkan empfangen, während im Parterre manche Besucher aufstanden für eine „Standing Ovation“. Und das waren anscheinend hauptsächlich ausländische Besucher – was ganz konkret zeigt, wie verschieden die Auffassungen zur Regie sind.
Live-Video: Elsa (Johanni van Oostrum links) blickt in den Spiegel während Ortrud und ihr Mann auf Rache sinnen (Nina Stemme bei der Premiere und Wolfgang Koch). Aber weil sie eigentlich „Pazifisten“ sind, wurde ihr Video umgedreht (links oben)? © Charles Duprat / Opéra national de Paris
Die deutschsprachigen Rezensenten waren positiv bis hin zu begeistert mit dem Tenor: „Mit niederschmetternder Botschaft zeigt der Regisseur, was aus dieser Oper noch alles hervorgebracht werden kann.“ und „Ein Großmeister der Regie [hat] neue Ebenen in ein Repertoirestück eingezogen, es aktualisiert, verschärft, heutig gedeutet, dabei alles Bühnenmögliche bemüht.“ Doch wegen der starken Ablehnung der Regie fügten sie auch noch ein paar Grundsatzfragen ein – was lobenswert und eher selten ist. So leitete Manuel Brug seine Rezension in Die Welt (in der auch die „Carmen“ aus Rouen besprach) mit folgender Feststellung ein: „Zwei krasse Opernregieschulen prallten jetzt in Frankreich direkt und unversöhnlich aufeinander“. Die deutsche „Opernschule“ meint: „Natürlich erleben wir in diesen Tagen ein Wiederaufleben der ewigen Debatte über die Rolle des Regisseurs bei der Aufführung von Opern und den Respekt, der dem Komponisten in seiner Herangehensweise entgegenbracht werden sollte. Unbestreitbar trägt die neue Pariser Inszenierung von Lohengrin dazu bei, die Debatte zwischen den beiden Lagern anzuheizen. (…) Sicherlich können wir sagen, dass der Bezug zum Krieg nicht sehr innovativ ist, weil wir heutzutage besonders in den Opern-Inszenierungen viel in kriegerischen Situationen baden! Aber ob wir wollen oder nicht: Der Krieg ist da! (…) Also?… Lassen wir uns von einer Reise in Krieg und Wahnsinn überwältigen… oder nicht? Dies ist die grundlegende Frage für das Publikum, die öffentliche Meinung und die Opéra National de Paris.“
Die französische „Opernschule“ (um diesen Begriff jetzt einfach mal aufzunehmen) stellte diese „grundlegende Frage“ ganz anders. Denn das hiesige Publikum und die Rezensenten sind erst einmal nicht an solch radikales Regietheater gewohnt. Dies ist die erste Inszenierung von Serebrennikov in Paris und Frankreich, wo meines Wissens die Vorreiter des „deutschen Regietheaters“ (so wie man hier sagt, siehe mein Artikel zu „Carmen“) Hans Neuenfels und Peter Konwitschny nie eingeladen wurden – aus gutem Grund… Denn die französischen Reaktionen zur Regie waren/sind einhellig verhalten bis hin zu einer prinzipiellen Ablehnung. Der meist erste Vorwurf ist musikalisch: diese Art von Inszenierung mit oft unverständlicher Daueraktion, verstärkt durch Filme (im Prolog noch sehr poetisch) und dazu „Live-Video“ auf der Bühne (Die Welt: „Alles ist rigoros bebildert“) stört das Zuhören („distrait de la musique“, „pollue l’écoute“ etc). Oft als erster Satz: „Was ist der Sinn von Aufführungen, bei denen man sich abmüht zu verstehen, was der Regisseur ausdrücken will? (Was man erst verstehen kann, nachdem man das Programmheft gelesen hat.)“. (…) „Letztendlich überlagern sich zwei parallele Erzählungen, die des ursprünglichen Librettos und die der Inszenierung, oder besser gesagt, sie stören sich gegenseitig, so dass der unwissende Zuschauer Mühe hat, sowohl der einen als auch der anderen zu folgen.“ (…) „Dieses früher einmal originelle Konzept, sich fast vollständig vom Libretto zu lösen und eine andere Geschichte als die des Werkes zu erzählen, führt bei einem Teil des Publikums offensichtlich zu einem Überdruss. Da es sich relativ leicht auf jedes beliebige Werk anwenden lässt: es fehlt nun nicht mehr an Beispielen im Repertoire der Pariser Oper.“ Mit als Fazit der französischen Presse: „Krankenhausgänge und Soldaten in Uniform haben unsere Opernbühnen nun schon zu lange in Beschlag genommen.“.
Das scheint mir der springende Punkt. Es gibt offensichtlich eine klare Grenze, was man einem französischen Publikum an Regietheater zumuten kann und was nicht. Und das liegt meiner Meinung nach an der Umsetzung und nicht ganz prinzipiell am Ansatz. Denn „Lohengrin“ haben wir an der Bastille Oper schon als „Kriegsdrama“ in einem Bunker erlebt, in der Inszenierung von Robert Carsen, die ab 1996 immerhin zehn Jahre lang erfolgreich gespielt wurde. (Dort gab es noch keine Videos und Dauer-Aktivismus auf der Bühne.) 2017 erschien die Inszenierung von Claus Guth (für die Scala 2012), mit ebenfalls einer sehr unübliche Rollengestaltung: alles wurde als „Traum von Lohengrin“ erzählt. Jonas Kaufmann erschien (auch) nicht als kühner Ritter, in glänzender Rüstung, in einem goldenen Nachen, der durch einen Schwan gezogen wird etc., sondern lag als ein wimmernder Knabe auf der Erde, barfüßig, schutzsuchend und sang seinen ersten Satz, „Nun sei bedankt, mein lieber Schwan“ (auch) mit dem Rücken zum Publikum. Er spielte als Weltfremder mit einer Schwanenfeder und bemerkte nicht einmal, dass Andere ihm zuhören – wie jetzt Elsa… Doch da gab es keinen Buh-Orkan für das Regie-Team. Wahrscheinlich, weil die Regie der Musik Raum ließ, das Bühnenbild nicht unbedingt schön, aber zumindest nicht so deprimierend hässlich war wie jetzt (Ausstattung: auch Serebrennikov) und es auch noch stilvolle historische Kostüme gab. Denn Ästhetik in der Oper ist für Franzosen ein ganz wesentlicher Punkt (siehe die Debatte um „Carmen“) und mehrere Zeitungen stellten ganz offen die Frage, wer denn heute noch bereit sei 220 € für einen Parterre-Platz zu zahlen, um dann den ganzen Abend Krieg, Blut und wirkliche Verwundete zu sehen? (Bei den Statisten gab es einige Amputierte, deren Verstümmelungen uns schonungslos vorgeführt wurden.) Dementsprechend waren/sind die Vorstellungen dieses „Lohengrins“ nicht ausverkauft – trotz Starbesetzung, Dauer-Werbung in der Metro und intensiver Medienpräsenz.
Gang ins Münster: Elsa (Johanni van Oostrum vorne im Krankenbett) kämpft innerlich mit dem Wort „Nie“ (Video oben). Hinter ihr links die kampfbereiten Soldaten, in der Mitte die Verwundeten und rechts die Toten (Chor der Oper und Statisten. © Charles Duprat / Opéra national de Paris
Diese Grundsatz- und Auslastungsdebatte wird im Laufe der Spielzeit neuen Nährstoff bekommen, denn bei den nächsten Neuproduktionen werden Regietheater-Ansätze wieder sehr präsent sein. Auch bei den seltenen gespielten französischen Opern des 19. Jahrhunderts, die nun lobensweise wieder auf die Bühne kommen werden: „La Vestale“ von Spontini (1807 an der Pariser Oper uraufgeführt und dort seit 150 Jahren nicht mehr gespielt) kommt unter dem Motto „Militarismus und religiöser Fanatismus“ und die Handlung von „Médée“ von Jean-Marc Charpentier (1693 an der Pariser Oper uraufgeführt und seitdem nicht mehr gespielt) wird in den Zweiten Weltkrieg verlegt. „Beatrice di Tenda“ von Bellini (1833) wird zum ersten Mal an der Oper gespielt in einer Art Gefängnis, das „die Bewachung während einer Diktatur“ symbolisieren soll. Dagegen wird der „Don Quichotte“ von Massenet (seit 20 Jahren nicht mehr an der Bastille gespielt) hoffentlich auch „Poesie ausstrahlen“ (wir freuen uns schon auf die Rollendebüts (?) von Ildar Abdrazakov und Marianne Crebassa). Die jungen Sänger des Atelier Lyrique der Oper werden sich sicher in „Street Scene“ von Kurt Weill amüsieren (in Bobigny, außerhalb von Paris) und es wird auch wieder eine aktuelle Oper geben: „The Exterminating Angel“ von Thomas Adès, 2016 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt und nun in einer neuen Inszenierung von Calixto Bieito. Doch dies wird alles erst ab Februar sein, bis dahin gibt es nur Wieder-Aufnahmen, meist von Inszenierungen, die wir schon rezensiert haben. Aber zu manchen werden wir gerne zurückkehren, so wie zur „Adriana Lecouvreur“ von Cilea in der stilvollen Inszenierung von David McVicar (ursprünglich in London für Angela Gheorghiu, seitdem auch in Wien, nun in Paris mit Anna Netrebko und Anna Pirozzi). Die französische Presse wird jubeln, die deutsche wahrscheinlich nicht – es wird also wieder viel über die Pariser Oper zu berichten geben!
Waldemar Kamer
Opéra National de Paris (Bastille) bis zum 27. Oktober
Informationen dazu auf der Homepage: www.operadeparis.fr
(Live-Übertragung dort am 24. Oktober, auf Medici.Tv ab 1. November)
Für den Opernfreund:
„Lohengrin“ von Richard Wagner
Opéra National de Paris (Bastille) 14.10.2023
Inszenierung: Kirill Serebrennikov
Dirigat: Alexander Soddy
Orchestre et Choeurs de l’Opéra de Paris
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=De7QAzZQk88
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Die Bundeskunsthalle BONN präsentiert die Ausstellung
ALLES AUF EINMAL: DIE POSTMODERNE, 1967–1992
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger
Postmoderne in Bonn: Modell der Kunst und Ausstellungshalle von Gustav Peichl 1990. Foto: Andea Matzker
Ein chronologischer Überblick der Jahre 1967 bis 1992 stellt Entwicklungen in Kunst, Design, Architektur, Mode, Medien, Musik, Literatur, Politik, Film, Technologie und Wissenschaft gleichwertig nebeneinander und zueinander in Bezug. Die Ausstellung eröffnet mit Musikvideos, die Geschmack sowie Atmosphäre und Themen der Zeit aufrufen. Von da ab entfaltet sich ein chronologischer Parcours, in dem Möbel, Bücher, Modeentwürfe, Architekturmodelle, Manuskripte und das erste Mobiltelefon oder der erste Personal Computer Konstellationen eingehen.
1967 – mit dem Beginn der Postmoderne – begann unsere Gegenwart: Die Moderne, die glaubte, alles regulieren zu können mit gleichen Häusern, Möbeln und Rechten für alle, wurde verabschiedet, und aus ihren Ruinen entstand eine bizarre, exzentrische Welt, da die Abstandnahme das Grundprinzip der postmodernen Gestaltung mit ihrer Skepsis gegenüber den Universalismen und Reinlichkeitsideologien der Moderne, außerdem der Dammbruch „Anything goes“, „Alles ist möglich“, auch die Absage an das Diktat der Funktionalität darstellte.
Bis zum 28. Januar 2024 kann man in Bonn eine unterhaltsame Zeitreise in die letzten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts unternehmen, denn zwischen 1967 und 1992 entstand das, was heute „Postmoderne“ mit all der Exzentrik in Design, Architektur, Mode und Pop genannt wird. Es gab die ersten Mobiltelefone und Sendungen im Farbfernsehen mit dem Höhepunkt der Mondlandung. Die Designergruppe Memphis hat sich in Mailand das Ziel gesetzt, „das Spießbürgerliche“ aus dem Design zu verbannen.
Die Ausstellung vermittelt auch Kontexte und stellt pointierte Fragen, denn sie führt in ein frenetisches Vierteljahrhundert, das wie ein (Zerr-) Spiegel der Gegenwart erscheint, weil sich in ihm bis heute bestimmende Brüche auftun: Zum Beispiel die Abwendung von politischen Bewegungen mit Entstehung von Subkulturen, wie auch einer Querdenker- und Wutbürgerszene, so wie generell die Hinwendung zum Selbst, die Digitalisierung, die Kulturalisierung der Ökonomie, sowie die Verschiebung der Realität in die Medialität, etc.
Die Ausstellungsmacher sammelten all das Material, das es erlaubt, sämtliche Annahmen und Vorurteile über die Postmoderne zu überprüfen. Der Besucher verlässt die Ausstellung ob der Vielzahl der interessanten Objekte gut unterhalten, doch stellt man sich einige Fragen, zum Beispiel: Sind 68-er Studentenbewegung und Bildung der RAF, welche ebenfalls in der Zeit der Postmoderne entstanden, ein Zeichen der Abstandnahme vom Establishment und dem „System“ generell? Oder lediglich von vermeintlich eingefahrenen Gewohnheiten und Prozessen?
Die strukturelle Verwandtschaft trotz historischem Abstand ist vielleicht ein Grund, warum über die Postmoderne in den letzten Jahren wieder gestritten wurde. Während nach 1980 geborene Vertreter der Kunst- und Designerszene sich begeistert den eklektischen Provokationen in Kunst, Theorie, Architektur und Design zuwenden, werfen andere Autoren der Postmoderne Nihilismus vor. Das Ende der Postmoderne fällt mit dem Ende des Kalten Krieges zusammen, das heißt jedoch nicht „das Ende der Geschichte“. Es bleibt eine als Stil etablierte Postmoderne als Wegweiser zurück in die Zukunft.
Postmoderne in Bonn. Hommage to Charles Moore von Ironimus alias Gustav Peichl 1980. Foto: Andea Matzker
Postmoderne in Bonn 4. Tribute to Ettore Sottsass von Ironimus alias Gustav Peichl 1982: Foto: Andrea Matzker
Postmoderne in Bonn 8: Tee-Coffee Piazza von-Paolo Portoghesi für-Alessi 1983. Foto: Andrea Matzker
Postmoderne in-Bonn 10. Sofa Interno di un interno von Alessandro Mendini 1990: Foto: Andrea Matzker
Postmoderne in Bonn 11 Bocca Studio 65-1970 Gufram: Foto: Andrea Matzker
Postmoderne in Bonn 12 mit Ultrafragola und Cacto. Foto: Andrea Matzker