DIE MONTAG-PRESSE – 9. JUNI 2025

DIE MONTAG-PRESSE – 9. JUNI 2025

Elīna Garanča (Carmen), Piotr Beczała (Don José) ©Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE MONTAG-PRESSE – 9. JUNI 2025

Göttweig
Opernstar Elīna Garanča: „Manchmal hasse ich die Inszenierung“
Die herausragende Mezzosopranistin erzählt, warum sie Kritiken liest, was Inszenierungen, die sie hasst, in ihr auslösen, und über ihre zwei Leben als Garanča und als Elīna.
Kurier.at

Hamburg
Auf den Punkt 62:  Simone Youngs gute Schule
Zuweilen denkt man, das Publikum der Hamburgischen Staatsoper wisse nicht zu schätzen, was man gerade hat. Simone Young hat das 2011 in einem Gespräch mit dem NDR auf den Punkt gebracht: Es sei schon hart, hier an der Oper ausgebuht zu werden, während sie überall sonst auf der Welt als Dirigentin stürmischen Beifall bekommen. Erst als die Ära Young ausklang, da wusste man zu schätzen, was man an Simone Young hatte. Nämlich eine großartige Anwältin für Werke der deutschen Spätromantik. Das Gras ist eben immer auf der andern Seite grüner.
Von Jörn Schmidt
Klassik-begeistert.de

Lübeck
Herzlichen Glückwunsch, Thomas Mann! Lübeck gratuliert seinem großen Sohn
„Groß ist das Geheimnis der Musik – sie ist ohne Zweifel die tiefsinnigste, philosophisch alarmierendste, durch ihre sinnlich-übersinnliche Natur, durch die erstaunliche Verbindung, die Strenge und Traum, Sittlichkeit und Zauber, Vernunft und Gefühl, Tag und Nacht in ihr eingehen, die faszinierendste Erscheinung der Kultur und Humanität.“ Das schrieb Thomas Mann anlässlich des 50. Geburtstags seines Freundes Bruno Walter, dem großen Dirigenten. Nun hat seine Heimatstadt dem Sprachtitanen ein klingendes Geburtstagsgeschenk gemacht – zum 150. am 6. Juni 2025.
Von Dr. Andreas Strobl
Klassik-begeistert.de

Salzburg/Pfingstfestspiele
Pfingstfestspiele – Im „Hotel Metamorphosis“ wird geträumt
Mit dem neugezimmerten Pasticcio zu Musik von Antonio Vivaldi: mit reduzierter Szene, großen Stimmen und ausgelassenem Tanz entstand rund um Pfingst-Intendantin Cecilia Bartoli ein kurzweiliger Musiktheaterabend zwischen Verbrechen, Verlangen und Verwandlung.
APA.at

Bern/Casino
Krzysztof Urbański erschließt bei Dvořák eine neue Welt
Der sowjetische Komponist Aram Chatschaturjan war eine Zeitlang durchaus populär, auch in der westlichen Welt – speziell sein „Säbeltanz“ aus dem Ballett Gayaneh ist immer wieder auch in Filmen verwendet worden, am bekanntesten vielleicht in Billy Wilders One, Two, Three. Anderes wie das Ballett Spartakus und erst recht der Zeit geschuldete Gelegenheitsstücke wie eine Ode auf Lenin und die Ouvertüre zum Parteitag der KPdSU von 1959 sind weitgehend vergessen. Umso verdienstvoller ist es, diesen Komponisten wieder einmal zu präsentieren. Chatschaturjan ist im Vergleich zu anderen Komponisten dieser Generation leichter zu hören und zu erfassen, und man sollte wohl wirklich wieder öfter spielen.
Von Julian Führer
Klassik-begeistert.de

Wien/Staatsoper
„Siegfried“ am 8.6.
So mangelhaft Andreas Schager vor knapp einer Woche mit dem Siegmund zurande kam, so gut gelang ihm der heutige Jung-Siegfried: Es ist ja schon für sich eine Leistung, diese lange Partie ohne Ermüdungserscheinungen durchzuhalten, aber nicht nur das, er erweckte den Eindruck, über nie endende stimmliche wie auch darstellerische Reserven zu verfügen (so viel herumgerannt wie er ist selten ein Siegfried), zudem sang er heute im zweiten und dritten Akt bemerkenswert feinfühlig und (an den entsprechenden Stellen) leise, auch die Textkenntnis war heute ungleich besser – das bin ich gar nicht von ihm gewohnt, und so gut wie heute habe ich ihn schon jahrelang nicht mehr gehört.
forumconbrio.com

Musikalisch-theatralischer Rundblick
Wichtige Events in diesem Sommer
pressreader.com

Wien
Plitschnasse Räuber*innen: Johann Strauss’ erste Operette „Indigo“ für Wien outdoor (Bezahlartikel)
NeueMusikzeitung/nmz.de

Salzburg
„Hotel Metamorphosis“
Vivaldi, Ovid und das Kochbuch von 2000 Jahren abendländischer Kunstgeschichte
Regisseur Barrie Kosky bringt in Salzburg „Hotel Metamorphosis“ auf die Bühne. Vivaldis Musik und eine vierstündige überzeugende Inszenierung bescheren den Pfingstfestspielen einen Höhepunkt.
DieWelt.de

Kritik – „Hotel Metamorphosis“ in Salzburg: Übervoll
Mit einem Opernpasticcio starten die diesjährigen Salzburger Pfingstfestspiele: Aus diversen Arien und Chören von Vivaldi hat sich Barrie Kosky sein „Hotel Metamorphosis“ gebastelt. Das ist abwechslungsreich, ja üppig, wird zum Ende hin aber ein wenig lang.
BR-Klassik.de

Gefühlsexzess im Salzburger Pfingsthotel „Metamorphosis
Für die Pfingstfestspiele hat sich Barrie Kosky ein Vivaldi-Pasticcio kreiert. „Hotel Metamorphosis“ mixt effektvoll Barock mit Ovids „Metamorphosen“
DerStandard.at

Graz
Geister und große Gefühle: Puccinis Le Villi an der Oper Graz
bachtrack.com/de

Halle
Römische Dekadenz in die Wüste geschickt
Die Händel-Festspiele starten mit dessen vergnüglicher „Agrippina“
concerti.de

Im Westen nicht Neues? Händels „Agrippina“ bei den Händelfestspielen in Halle
NeueMusikzeitung/nmz.de

Frankfurt
Bühnenweihfestspielbrezn für alle!
omm.de

Aachen
Zur Kennlichkeit entstellt
Giuseppe Verdi: Ernani
DieDeutscheBuehne.de

Prag
Dirigent Bäumer über Reimanns „Lear“: Genremix zwischen Oper und Schauspielmusik
deutsch.radio.cz

Links zu englischsprachigen Artikeln

Hamburg
Elbphilharmonie Hamburg 2025 Review: Rituel/ Daphnis et Chloé
Sir Simon Rattle’s French Visions Illuminate the Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg & Bavarian Radio Symphony Orchestra
operawire.com

Paris
Georges has Georges
A double bill of rare Bizet works in Paris is not something any of us needs to do more than once:
„L’Arlésienne“ / „Le Docteur Miracle“
parterre.com

Alresford
Grange Park Opera season gets off to a sturdy start with Simon Boccanegra (Subscription required)
Simon Keenlyside brings authority to the title role in a minimalist Verdi production that does more with less
ft.com

Edinburgh
Müller-Schott , RSNO, Søndergård, Usher Hall, Edinburgh – spectacular Shostakovich to end the season
Brilliant orchestral results, while the cellist walks a tightrope in the Second Cello Concerto
theartsdesk.com

New York
Botstein, ASO unearth buried treasure with Strauss’s “Guntram”
newyorkclassicalreview.com

Pittsburgh
Ma and Honeck offer definitive Dvořák on festive Pittsburgh Symphony program
bachtrack.com/de

Fort Worth
Cliburn Competition closes with thunder and poetry
theclassicalreview.com

San Francisco
La bohème hits all the right notes at San Francisco Opera
seenandheard-international.com

SF Opera’s La bohème Will Make You Feel All the Emotions
sfcv.org

Review: Esa-Pekka Salonen’s next-to-last S.F. Symphony concerts promise renewal
sfchronicle.com

Montreal
Australian Mezzo-soprano Fleuranne Brockway Wins CMIM 2025
myscena.org

Tokyo
A Captivating Il barbiere di Siviglia at the New National Theatre Tokyo
operatoday.com

Recordings
Q & A: Soprano Benedetta Torre on Singing Mozart, Studying Voice With Barbara Frittoli & Her Upcoming Performances in Beijing
operawire.com

Ligeti: Violin and Piano Concertos, etc album review –
As always, Faust’s performance is perceptive and immaculate
TheGuardian.com

Ballett / Tanz

Hamburg/Kampnagel
In Schlangenhaut gehüllt und nicht von dieser Welt (Bezahlartikel)
Sehr nackt, sehr menschlich und dem Mythos sehr nahe: „Mirage“ von Damien Jalet und Kohei Nawa auf Kampnagel in Hamburg.
FrankfurterAllgemeine.net

Ballet / Dance
London
Review: Onegin with The Royal Ballet – Natalia Osipova is a great dance-actress… electrifying

gramilano.com

Sprechtheater

Wiener Festwochen
Kurdwin Ayubs islamisch-feministisches 1001-Nacht-Märchen „Weiße Witwe“
DerStandard.at

Ein „Ey“ für den Islamstaat! „Weiße Witwe“ bei den Festwochen (Bezahlartikel)
DiePresse.com

Rock/Pop

Wien
Billie Eilish in Wien: Charisma, Talent und Pop vom Feinsten
Superstar Billie Eilish zog bei ihrer „Hit Me Hard And Soft“-Show in der Wiener Stadthalle alle Register ihres Könnens
Kurier.at

Ausstellungen/Kunst

Landesgalerie
Kunst kommt von Zusammenwirken: Landesgalerie würdigt Christa Hauer
Eine Ausstellung über die Künstlerin, Galeristin und Aktivistin vergegenwärtigt den Geist der Kunstszene der 1960er- und 70er-Jahre.
Kurier.at

Politik

US-Offizielle: Kreml plant „bedeutenden“ Schlag
Die ukrainische Operation „Spinnennetz“ hat Kremlchef Wladimir Putin offenbar mächtig erzürnt. Die USA warnen, dass ein riesiger Vergeltungsschlag unmittelbar bevorsteht. Aus Deutschland kommen ebenfalls warnende Stimmen. Die vergangenen Tage waren für die Ukraine bereits der reinste Horror. Russland überzog das Land mit heftigen Luftattacken, die vielen Zivilisten das Leben kosteten. Auch am Sonntagabend schrillten wieder die Sirenen. Doch das Schlimmste dürfte noch bevorstehen. US-Offizielle gehen davon aus, dass die von Putin angedrohte Vergeltung für die Operation „Spinnennetz“ noch gar nicht ernsthaft erfolgt ist. Es bahne sich ein „bedeutender, vielschichtiger Schlag“ gegen die Ukraine an, berichtet die Nachrichtenagentur Reuter unter Berufung auf die US-Quellen.
krone.at

Russland bietet Elon Musk Asyl – Spott über Trumps Zerwürfnis mit dem Tech-Milliardär
Nach dem öffentlichen Streit zwischen Donald Trump und Elon Musk macht sich Russland lustig – Ex-Präsident Medwedew bietet gleich ein Friedensabkommen und Asyl für Musk an.                                                                              Vol.at

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Unter’m  Strich

Greta Thunberg: Es war einmal eine Ikone…
Die Klimabewegung verlor ihre Galionsfigur an pro-palästinensischen Aktivismus – und sucht jetzt neue Wege. Mit grünem Fischerhut, weißem T-Shirt und dem Mittelmeer im Rücken spricht Greta Thunberg von einem „live-streamed genocide“ – also einem „Völkermord, der live übertragen wird“. Sie meint damit den Krieg Israels gegen die Hamas. Die einstige Galionsfigur der Klimabewegung hat ihren Kurs geändert. Statt der Bekämpfung der Klimakrise hat sie sich dem pro-palästinensischem Aktivismus verschrieben. Derzeit befindet sich Thunberg auf einem Segelboot mit Hilfsgütern vor Gaza.
Kurier.at

INFOS DES TAGES (MONTAG, 9. JUNI 2025 – Pfingst-Montag)

INFOS DES TAGES (MONTAG, 9. JUNI 2025 – Pfingst-Montag)

Quelle: onlinemerker.com

Wien/Ehrbar-Saal:  So etwas…

…hat es bei mir noch nicht gegeben. Ich sag’ es Ihnen, es ist so weit. Mein 1. Mal! Na, nicht, was Sie jetzt gleich wieder denken. Ich rede von meiner ersten Podcastnacht. Angeblich kommt auch hoher Besuch. Aber überzeugen Sie sich selbst und seien Sie dabei am 13.06. ab 16:00 Uhr!

clo
© www.collectiv.at

Schauen Sie doch wieder einmal auf meine Website, es gibt da so viel zu entdecken, allein in den kommenden Tagen!

Und falls Sie ein Vater sind: Ich denk’ heut’ an Sie.
Herzlich, Ihr
Ehrbar Saal

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Wien/Konzerthaus: ‚Johann Strauss 2025‘: THE LAST WALTZ – doch ohne Charme?       (6. 6. 2025)

Babys, der letzte Walzer soll der unsere sein! SAVE THE LAST WALTZ FOR ME – eine Theaterdisco im Wiener Konzerthaus. Ein Abend zwischen Live-Musik, Impro-Theater und großen Emotionen mit Künstler*innen aus allen

Hinein in den Friedhof! Den Wiener Zentralfriedhof. Die Eventreihe ‚Johann Strauss 2025 Wien‘ hat am Jahrestag des Begräbnisses des Walzerkönigs – drei Tage nach seinem Tod, am 6. Juni 1899 ist dies gewesen – in das Konzerthaus zum letzten Walzer gebeten. Genauer, in Verleugnung der heimischen Sprache, zu „SAVE THE LAST WALTZ FOR ME“. Weg geräumte Sitzreihen im großen Saal, ein gut gestimmtes etwas jüngeres Publikum steht in Erwartung dicht gedrängt herum. Ohne zu tanzen, spendet aber viel Beifall. Lockerer geht’s nicht. Mit der Zeit allerdings – da füllen sich auch die Foyers des Konzerthauses mehr und mehr, gar so toll scheint es da drinnen nicht zu sein…
 
Dieser Besuch am Zentralfriedhof-Grabdenkmal des Johann Strauss jr. ist ein am Beginn vorgeführter spleeniger Kurzfilm der ‚Last Waltz -Gestalter Oskar Haag und Oliver Welter. Zusammen gestoppelt haben sie auch das Programm für diese von ihnen ‚Theater-Disko‘ benannte Show. Und als singendes, rezitierendes Menschen-Material waren am Konzertpodium eingesetzt: Lino Camillo, der Nino aus WienPeachesThe Royal Strauss Sprachorchester (keineswegs royal, mehr social) und Naked Lunch und, und… Und Verena Altenberger ist zu einer kämpferisch heraus geschrienen Kaiserwalzer-Paraphrase angetreten. Als Schlusspunkt ist Lars Eidinger als DJ angesetzt gewesen, doch nach 105 Minuten lautstarker Pop-Disko durfte man ruhig seinen eigenen Schlusspunkt setzen.
 
Somit, einmal mehr: Solch ein musikalische Glücksfall wie mit der Dynastie Strauss im 19. Jahrhundert ist der heute sich so selbstlobenden Wiener-Stadt mit ihrer Werbe- und Einkaufskultur nicht gegeben. Das an den Charme und die musikalischen Strauss-Feinheiten geschulte Ohr wird vom herzzerreißenden Nino oder seinen aufbrüllenden Kollegen nicht wirklich berührt. Ein anderes Niveau, ein anderer Charme, eine andere Welt. Könnte man diesem derzeitigen ‚Save The Last Waltz‘-Team etwa Maurice Ravels „La Valse“ irgendwie als Letzter Walzer-Vorbild empfehlen? Wohl zu  hoch gegriffen. Immerhin, gute Sitten sind gegeben: ‚Johann Strauss 2025 Wien‘ bedankt sich artig für die Filmaufnahme am Grab des Walzerkönigs bei Friedhöfe Wien.
Meinhard Rüdenauer 
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„Lulu“ von Alban Berg und Frank Wedekind mit dem Ensemble der Opernschule der Musikhochschule am 7. Juni 2025 im Wilhelmatheater/STUTTGART
Packende Aufspaltung der Figur
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© Christoph Kalscheuer
Der Regisseur Bernd Schmitt hat die schillernde Figur der Lulu gleich in vier Personen aufgeteilt. Das ist ein neuer und durchaus spannender Ansatz. Zunächst erscheint Lulu als Clown (Alba Valdivieso Passolas), dann wird sie zu „la femme“ (Cecilia Seo), zur „Governess“ (Elena Salvatori) sowie zu „la mort“ (Katharina Holzapfel). Außerdem wird noch moritatenhafter Gesang mit Texten von Frank Wedekind geboten. Schmitt leugnet hier auch nicht feministische Ansätze. Lulu befindet sich nämlich ständig auf Kollisionskurs  mit gesellschaftlichen Normen. Die Figur der Lulu, der Text  von Wedekind und die Musik von Berg sind für Bernd Schmitt unendlich vielschichtig, aber niemals ein Idealbild für menschliches Verhalten. Daraus zieht diese Inszenierung ihre Spannungskraft. Alle Männer sind ihr freiwillig hinterhergelaufen, auch die lesbische Gräfin Geschwitz. Die Tragik dieser Figur liegt für Schmitt darin, dass niemand sie wirklich liebt. So verdeutlicht  die Lulu bei Schmitt immer wieder drastisch die Schieflage der Gesellschaft.

Das zerklüftete Bühnenbild und die Kostüme von Annette Wolf zeigen auch zahlreiche Tiermasken und verstärken damit die Wirkung des Fantastischen, Surrealistischen und Skurrilen. Der Boden wirkt zerklüftet, hinter dem niederen Gerüst verschwinden die Figuren wie Gespenster, man hat gleichzeitig das Gefühl, dass eine  permanente Angst vor Insekten in der Luft lauert. Im Hintergrund erscheinen dann auf einer Leinwand die verschiedenen Gesichter Lulus, die sich wie in einem Psychogramm aufspaltet. Die rasante Entwicklung der Handlung lässt Bernd Schmitt in elektrisierender Weise Revue passieren. Als der Ehemann und Medizinalrat Dr. Goll mitbekommt, dass Lulu und der Maler Sex haben, stirbt er an einem Herzinfarkt. Sie heiratet den Maler, hat aber gleichzeitig mit dem Verleger und Chefredakteur Dr. Ludwig Schön weiterhin ein Liebesverhältnis. Als dieser mit seiner Verlobten im Publikum sitzt, provoziert sie ihn mit einem gespielten Ohnmachtsanfall. Zuvor hat sich der Maler wegen Dr. Schön das Leben genommen. Lulu heiratet Dr. Schön, die Ehe scheiert jedoch bald  – und sie erschießt Dr. Schön bei einer Auseinandersetzung.  Man spürt bei dieser Inszenierung, wie der gesellschaftliche Abstieg Lulus unaufhaltsam ist. Zuletzt reist sie nach London, wo sie als Prostituierte arbeitet. Dort wird sie von Jack the Ripper ermordet. Jack the Ripper ersticht auch die ihr nachgereiste Gräfin Geschwitz.

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© Christoph Kalscheuer
Das Stuttgarter Kammerorchester und das Erasmus Ensemble Stuttgart musizieren hier unter der Leitung von Bernhard Epstein mit leidenschaftlicher Emphase. In den Zwischenspielen könnte die elektrisierende Glut manchmal noch stärker hervorleuchten – die geschlossenen musikalischen Formen werden aber sehr gut herausgearbeitet. Dies gilt für den rezitativischen Beginn des ersten Bildes, das sich zu einem reizvollen „Poco Adagio“ mit kanonischem Duett steigert, als der Maler Lulu umwirbt. Auch die Form der Canzonetta beim Monolog Lulus an der Leiche des Medizinalrats Dr. Goll sticht stark hervor. Und das aufklärende Gespräch Dr. Schöns mit dem Maler entfaltet sich deutlich aus einem einzigen Rhythmus, wobei Lulus Auseinandersetzung mit Dr. Schön die Sonatenform nie verlässt. Das Prinzip der imitatorischen Satztechnik sowie das geheimnisvolle Auftauchen des Krebsmodus der Erdgeist-Quarten als Schlusspunkt der ersten Szene verdeutlichen die akribische Detailarbeit bei dieser Interpretation. Ihre Struktur fällt so nie auseinander. Die Arietta des komplizierten Koloraturliedes von Lulu kurz vor der Ermordung Dr. Schöns gerät zu einem konsequenten Höhepunkt dieser Entwicklung, wobei es den vier Sängerinnen Katharina Holzapfel, Elena Salvatori, Cecilia Seo und und Alba Valdivieso Passolas glänzend gelingt, die seelischen Qualen Lulus in leidenschaftlichen Kantilenen zu verdeutlichen. Das erneute Liebesbekenntnis von Dr. Schöns Sohn Alwa gerät zu einem aufwühlenden Rondo. Der fis-Moll-Dreiklang bei Alwa und der Fis-Dur-Dreiklang bei Dr. Schön verdeutlichen sehr markant jene Szene, als Dr. Schön von der Galerie aus beobachtet, dass sein eigener Sohn der Liebhaber seiner Frau ist. Versteckt erscheint später sogar das Tristanmotiv. Selbst die Operettenzitate von Lehár und Kálmán unterstreichen gelegentlich sogar humoristische Akzente, die Epstein ebenfalls hervorhebt.
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© Christoph Kalscheuer
Auch der von Friedrich Cerha vervollständigte dritte Akt erklingt bei dieser insgesamt packenden Aufführung, wobei die Sängerinnen und Sänger von Bernhard Epstein gut geführt werden. Ausdrucksstark ist nicht nur die Gräfin Geschwitz von Sarah Kling, sondern auch der wandlungsfähige Sewon Oh als Alwa Schön und Isaac Tolley als Chefredakteur Dr. Ludwig Schön, dessen Bariton manchmal auch noch voluminöser klingen könnte. Man hat hier immer noch die Idealbesetzung mit Franz Mazura im Ohr. Patrik Hornak als Maler, Siegfried Laukner als Schigolch und Andi Jin als Tierbändiger, Medizinalrat, Theaterdirektor, Journalist und Jack the Ripper liefern überzeugend-dämonische Charakterporträts. In weiteren Rollen fesseln Clara Schneider als Garderobiere, Gymnasiast und Groom, Mathias Tönges als Athlet, Paulo Maria als Prinz, Kammerdiener, Marquis und Kickboxer, Vladyslava Poyan als Bankier, Linda Bennett als 15-Jährige, Rebecca Herter als Mutter, Olha Slatvinska als Kunstgewerblerin sowie Shaoyu He als Diener, Clown und Professor (wobei diese Figur mit Patrik Hornak, Vladyslava Poyan und Mathias Tönges mehrfach besetzt ist).
So ist diese Produktion der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart ein überzeugendes Plädoyer für die Arbeit der Opernschule, die hier Hervorragendes leistet und vom Publikum zu Recht gefeiert wird.
Alexander Walther
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NEWS NEWSLETTER: HEINZ SICHROVSKY: verteidigt Kunst und Kultur – das Wichtigste in Kürze

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Hilger, Kupfer, Seitter: drei Abschiede

Eben erst habe ich über meinen schleichenden Reifungsprozess vom Zeitgenossen zum Zeitzeugen lamentiert. Und jetzt diese Woche, in der ich von drei Freunden Abschied nehmen musste! Ernst Hilger, den ich schon kannte, als sein Klient Alfred Hrdlicka das Mahnmal bei der Albertina erst skizzierte: ein Galerist mit dem Auge für Qualität, loyal zu seinen Künstlern, unbeirrt durch windige Trendsetter und Marktwertjongleure; und dann zwei große Sängeragenten, die für ihre Klienten da waren und nicht umgekehrt. Als Peter Kupfer starb, trauerten in den Kondolenzbüchern Domingo, Carreras, Bryn Terfel und Juan Diego Flórez. Der dritte Verlust betrifft Erich Seitter, der die Karrieren von Elīna Garanča und Philippe Jordan in Bewegung gesetzt hat und alles abrufbar hatte, was man über Aufführungsgeschichte ab den Sechzigerjahren wissen kann (noch mehr wusste nur mein Freund Marcel Prawy, von dem Karl Löbl sagte: „Wer ihm zuhört, ist sicher, dass er noch Verdi kannte. Nicht Giuseppe, sondern Monte.“) Und schon wieder erwischt es mich: Sind der entgrenzte Opernenthusiast Prawy und der durch kein Marketinggeklimper zu betörende Kritiker Löbl noch geläufig? Verdi hat noch generationenübergreifende Chancen. Aber Monteverdi?

Was tun die Agenten?

 

Zum Stichwort „Sängeragent“ kann ich etwas erzählen. Immer öfter wird mir Unglaubliches zugetragen: Die riesigen internationalen Agenturen häufen möglichst viele Namen an, aktualisieren nicht einmal die Biografien und warten, bis ein Opernhaus per Rundmail eine Fach-Anfrage stellt. Dann schicken sie ein paar Namen in die Runde und kassieren im Erfolgsfall die Provision. Das war einmal anders. Als der Agent Ioan Holender Staatsoperndirektor wurde, gifteten manche über Unvereinbarkeit. Aber Holender hatte ein Ohr für Stimmen, und der Staatsoper entwuchs eine ganze Generation an Spitzensängern. Erreicht wurde Holender vom Österreicher Josef Hussek: Als Besetzungsdirektor des Salzburger Festspielintendanten Ruzicka beförderte er Anna Netrebko, Nina Stemme, Anja Harteros und Jonas Kaufmann ins Weltgeschehen. Heute gibt es nur noch wenige Könner, die ihre Schutzbefohlenen mit Strategie und Instinkt in ein Netz aus Angebot und Nachfrage betten. Meist geht das über die spärlichst nachwachsenden großen Operndirigenten. Hat man zwei im Portfolio und als Musikdirektoren an je einem großen Opernhaus platziert, kann man dort seine halbe Klientel mit unterbringen. Werden die Maestri dann aber von einem Top-Orchester abgeworben, steigen sie zwar an die Weltspitze auf. Nur ihre Verwendung für Sänger sinkt ins Bodenlose.

Hier handelt es sich um den Newsletter des Magazins NEWS. Zu Abonnieren beim Autor Heinz Sichrovsky

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Manfred Schild gewinnt den ersten Österreichischen Komödienpreis Porcia

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Alexander Kratzer (künstlerischer Direktor Schauspielhaus Salzburg), Manfred Schild (Autor, Preisträger), Florian Eisner (Intendant Komödienspiele Porcia) © Gabriele Grießenböck

Der Tiroler Autor und Theatermacher Manfred Schild wurde mit dem erstmals vergebenen Österreichischen „Komödienpreis Porcia“ in Kooperation mit dem Schauspielhaus Salzburg ausgezeichnet. Sein Stück „doppelt gemoppelt“ überzeugt durch Witz mit Tiefgang und wird 2026 bei den Komödienspielen Porcia und im Schauspielhaus Salzburg uraufgeführt.

Spittal an der Drau/Innsbruck – Wer zuletzt lacht, hat die beste Komödie geschrieben.  In diesem Fall war es Manfred Schild, der Grund zum Schmunzeln hatte. Denn sein Theatertext „doppelt gemoppelt“ wurde mit einem neuen Preis bedacht, der das Lachen wieder ernst nimmt.

Am 7. Juni wurde in Spittal an der Drau der erste Österreichische Komödienpreis vergeben. Ein Abend mit Applaus, Witz und erfreulich wenig Pathos. Der Preisträger: Manfred Schild. Geboren 1968, wohnhaft in Innsbruck, beruflich meist dort, wo Theater nicht nur gespielt, sondern gestaltet wird. Schild ist Intendant des Innsbrucker Kellertheaters, vielfach ausgezeichneter Autor und in der österreichischen Kulturszene alles andere als ein Unbekannter. Umso mehr freut ihn, dass die Einreichungen anonym bewertet wurden. Der Text musste für sich sprechen, nicht sein Name. Und das tat er offenbar laut und deutlich.

Das Siegerstück „doppelt gemoppelt“ ist eine Komödie, geschrieben mit scharfem Blick und feinem Gespür für das Alltägliche, das ins Groteske kippt. Eine fünfköpfige Fachjury wählte es aus 56 eingereichten Texten zum besten unveröffentlichten deutschsprachigen Komödientext des Jahres 2025. Mit dem Preis verbunden sind nicht nur 5.000 Euro Preisgeld, sondern auch zwei Aufführungsserien: 2026 wird das Stück im Rahmen der traditionsreichen Komödienspiele Porcia in Spittal an der Drau uraufgeführt und danach ins Programm des Schauspielhauses Salzburg übernommen.

„Manfred Schilds Komödie überzeugt auf den ersten Blick durch ihre absurde Komik. Zwei Personen, die zu Beginn des Stücks aufeinandertreffen und behaupten, sich jeweils in ihrer eigenen Küche zu befinden, verwickeln sich bald in ein temporeiches Verwirrspiel um Wahrheit und Lüge. Besonders gelungen, finde ich aber die gesellschaftskritische Komponente dieses Stücks, das im weiteren Verlauf den heutigen Drang zur Selbstoptimierung ebenso auf die Spitze treibt, wie leider immer noch vorhandene klischeehafte Gender-Zuschreibungen“, sagt Florian Eisner, Intendant des Ensemble Porcia und Initiator des ersten Österreichischen Komödienpreis Porcia.

Das Porcia-Festival gibt es seit 1960. Jeden Sommer verwandelt es das Renaissance-Schloss im Zentrum von Spittal an der Drau in einen Ort für Komödien, die mehr wollen als nur zu unterhalten. Die Komödie wird dort als wichtige Kunstform besonders ernst genommen, da sie die wichtigen Themen der Gesellschaft so verhandelt, dass das Ergebnis nicht trennt oder belehrt, sondern unterhält und verbindet. Der neue Preis ist eine Kooperation mit dem Schauspielhaus Salzburg. Er soll dieser freudigen Verbindung Rechnung tragen und künftig jährlich verliehen werden.

Schild nahm den Preis mit trockenem Humor entgegen. „Komödie ist für mich die Königsdisziplin. Sie ist das anspruchsvollste Genre. Eine gute Komödie braucht Takt, Leichtigkeit und Substanz. Wie eine gute Bergtour: Wenn man alles richtig macht, sieht es mühelos aus, aber jedes falsche Wort ist ein Ausrutscher.“

Biografie Manfred Schild

Manfred Schild kam am 17.4.1968 in Innsbruck zur Welt. Nach der Matura studierte er zunächst Germanistik und Geschichte. Weil rasch klar wurde, dass er ein furchtbarer Literaturwissenschaftler werden würde, meldete er sich für die Aufnahmeprüfung am Mozarteum in Salzburg an. Er bestand und studierte von 1991-1995 Theaterregie. Anschließend begann er als Regieassistent am Tiroler Landestheater. Dort machte er auch seine ersten Regiearbeiten. Von 2000 bis 2010 arbeitete Schild als freischaffender Regisseur, Autor und Werbetexter. Seit 2011 leitet er das Innsbrucker Kellertheater.

Schild schrieb insgesamt 8 Hörspiele für den ORF. Sein Hörspiel „Sturm & Zwang“ wurde 2016 von den Kritikern der österreichischen Tageszeitungen zum Hörspiel des Jahres gewählt. Schilds Theaterstücke werden vom Thomas Sessler Verlag vertreten. Die Stücke wurden in Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien (Südtirol) gespielt.

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