Martina Gedeck und das Schumann Quartett erzählen vom Beziehungszauber im Hause Clara und Robert Schumanns

Dresden/Martina Gedeck, Rezitation / Schumann Quartett  Stadtkirche St. Marien zu Pirna, 20. Mai 2025

Martina Gedeck © Karel Kühne

Dresdner Musikfestspiele

Martina Gedeck, Rezitation
Schumann Quartett                                            Erik Schumann, Violine
Ken Schumann, Violine
Veit Hertenstein, Viola
Mark Schumann, Violoncello

„Heimliche Liebe“
Musikalische Lesung mit ausgewählten Texten von Clara Schumann (1819–1896) und Auszügen aus dem Roman „Schumanns Schatten“ von Peter Härtling (1933–2017)

Stadtkirche St. Marien zu Pirna, 20. Mai 2025

von Pauline Lehmann

Hin und wieder laden die Dresdner Musikfestspiele dazu ein, Spielstätten außerhalb Dresdens zu entdecken. Elbaufwärts und am Rande der Sächsischen Schweiz gelegen, lockt Pirna mit einer beschaulichen und belebten Innenstadt und einer Vielzahl an Geschäften und Gastronomie. Die spätgotische Hallenkirche St. Marien mit ihrem hellen Netzgewölbe und dem überreich drapierten Sandsteinaltar der Gebrüder David und Michael Schwenke bildet ein wunderbares Ambiente für klassische Konzerte. Einziges Manko ist die eingeschränkte Sicht auf den Plätzen im Seitenschiff.
In ausgewählten Briefen Clara Schumanns und Auszügen aus Peter Härtlings Roman „Schumanns Schatten“, der 1996 erschienen ist, spürt Martina Gedeck der Lebens- und Liebesgeschichte von Clara und Robert Schumann nach. Zum Künstlerehepaar gesellen sich der früh verstorbene, enge Leipziger Freund Felix Mendelssohn Bartholdy und der junge Brahms, der dem Ehepaar über Roberts Tod hinaus eng verbunden geblieben ist, sowie der Berliner Komponist Aribert Reimann.

Stadtkirche St. Marien zu Pirna (Foto privat)

Eine einfühlsame Hommage an die wohl bekannteste Ménage à trois der Musikgeschichte

Durchweg fesselnd, einfühlend authentisch und in starken Bildern erzählt Martina Gedeck von Liebe, Freundschaft und gegenseitiger Bewunderung im Schatten von Schumanns Nervenerkrankung. Die Brüder Erik (Violine), Ken (Violine) und Mark (Violoncello) Schumann sowie der Bratschist Veit Hertenstein beeindrucken mit ihrer wandlungsfähigen und sensiblen Musikalität und ihrer grazilen Interpretation.

Es gibt keine andere deutschsprachige Schauspielerin, die das Publikum mit dem unverwechselbaren Timbre ihrer Stimme so in den Bann ziehen kann wie Martina Gedeck. Anfang Februar dieses Jahres erhielt die 1961 geborene Schauspielerin den Choros Award „Kunst und Kultur“ des Dresdner SemperOpernballs aus Meißener Porzellan. Zu Beginn der Spielzeit bot sie an der Semperoper Dresden in Arrigo Boitos Oper „Mefistofele“ in der Rolle „Einer Frau“ dem Teufel die Stirn.

Heiße Wangen an einem kühlen, fröstligen Novembertag

„Und jetzt müssen Sie aufpassen, dass es Ihnen nicht über den Kopf wächst, das Kind“, heißt es von der ersten Begegnung Robert Schumanns mit der erst 16-jährigen Clara Wieck im Herbst 1835. Den Vater Wieck hinter der Tür wissend, verloben sich Robert und Clara im November 1835 heimlich auf der Treppe, sie hat „Hände, die jedem Klavier auf dieser Welt das Singen beibringen“. Am 13. August 1837 gibt Clara ein Konzert in der Buchhändlerbörse in Leipzig, wo Robert sie nach langer Zeit wieder am Klavier hören wird. Alles ist so spannungsvoll, dass Felix Mendelssohn Bartholdy, der seinen Freund begleitet, nur das Schweigen bleibt. Fürs Publikum ist es, als könnte man den Nachhall ihrer Schritte auf dem Straßenpflaster spüren! „Es muss werden, wenn wir wollen und handeln.“ „Wäre es, dass nur eine Morgenröte uns trennt!“ Im dritten Satz, einem Intermezzo, von Felix Mendelssohn Bartholdys Streichquartett a-Moll op. 13, das zwischen Juli und Oktober 1827 unter dem Eindruck von Beethovens Tod entstand, lässt Erik Schumann das Solo der ersten Violine süßlich-weich schimmern.

Schumann Quartett (Foto privat)

1840 gewinnt Robert Schumann schließlich die Klage gegen seinen zukünftigen Schwiegervater. Friedrich Wieck erteilt den Ehekonsens. Robert und Clara heiraten am 12. September 1840, einen Tag vor ihrem 21. Geburtstag, in der Dorfkirche Schönefeld bei Leipzig: „Du meine Seele, Du mein Herz, Glück Du.“ Als Triumph über den Schwiegervater kauft Robert Schumann für die Wohnung in der Leipziger Inselstraße 1000 Flaschen Rheinwein.

„Hier kommt einer, wie von Gott gesandt“

Nach einer kurzen Begegnung mit dem Ehepaar Schumann bei einer Soiree bei Theodor Avé-Lallemant am 14. März 1850 in Hamburg besuchte der junge Johannes Brahms das Künstlerehepaar nach einer sommerlichen Rheinreise am 1. Oktober 1853 in ihrer Düsseldorfer Wohnung. Es ist die älteste Tochter Marie, 1841 geboren und Patenkind Felix Mendelssohn Bartholdys, die dem fremden Besucher die Tür öffnet. Die erste Begegnung mit Johannes Brahms ist für Clara und Robert verheißungsvoll: „Brahms zum Besuch (ein Genius)“, notiert Robert und in Claras Tagebucheintrag vom Oktober 1853 heißt es: „Dieser Monat brachte uns eine wunderbare Erscheinung in dem 20jährigen Brahms aus Hamburg.“

Robert Schumanns Endenicher „Sterbechoräle“

Aribert Reimann hatte 1988 als entfernter Nachfahre des Endenicher Arztes Franz Richarz die Krankenakten Robert Schumanns geerbt. Anlässlich des 150. Todestages gab Bernhard R. Appel, Leiter der Schumann-Forschungsstelle Düsseldorf, eine Dokumentation über die letzten Lebensjahre (1854–1856) Robert Schumanns heraus, die neben den ärztlichen Protokollen und dem Obduktionsbericht auch Briefe, zeitgenössische Berichte und medizinhistorische Stellungnahmen sowie ein Vorwort von Aribert Reimann enthält.

Schumann Quartett (Foto privat)

Der Berliner Komponist, der im März 2024 im Alter von 88 Jahren verstorben ist, schrieb sein Streichquartett „Adagio – zum Gedenken an Robert Schumann“ für die Präsentation des Buches beim Düsseldorfer Schumannfest. Während seines Aufenthalts in der privaten Heilanstalt in Endenich bei Bonn hatte Robert Schumann die Choralmelodie „Wenn mein Stündlein vorhanden ist“ zu einem vierstimmigen Chorsatz bearbeitet, der an diesem Abend vor Aribert Reimanns Bearbeitung erklingt. Gleichsam seismographisch zeichnen die vier Musiker des Schumann Quartetts in dem vielschichtigen Werk dem Seelenzustand Robert Schumanns nach. Exaltiert hohe Pizzicati, Cluster und Glissandi berichten von Angst, Irrungen und Bedrängnis.

Pauline Lehmann, 21. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Dresdner Musikfestspiele 17. Mai bis 14. Juni 2025 Dresden, 17. Mai 2025

„Humanity in War“, Thomas Quasthoff, Rezitation Dresdner Musikfestspiele, 31. Mai 2024

Schönberg, „Pierrot lunaire“, Patricia Kopatchinskaja, Sprechgesang und Violine Dresdner Musikfestspiele, 2. Juni 2024

Georg Nigl, Martina Gedeck und Elena Bashkirova: „Sag mir, wo die Blumen sind“ Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin, 10. November 2022

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