Ádám Fischer – mit 75 bringt einen auch eine schwierige Saalakustik nicht mehr aus der Fassung!

Düsseldorfer Symphoniker, Ádám Fischer, Dirigent, Beethoven und Strauss  Tonhalle Düsseldorf, 12. September 2024

Ádám Fischer © Susanne Diesner

Düsseldorfer Symphoniker
Ádám Fischer, Dirigent

Ludwig van Beethoven – Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 op. 72B
Richard Strauss – Don Juan op. 20 TrV 156 – Tondichtung (nach Nicolaus Lenau) für großes Orchester
Richard Strauss – Suite aus der Komödie für Musik „Der Rosenkavalier“ op. 59

Tonhalle Düsseldorf, 12. September 2024

Von Daniel Janz

Ein Chefdirigent feiert Geburtstag! So lautet das Motto heute Abend, an dem Ádám Fischer (75) sowohl vom Intendanten als auch Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf beglückwünscht wird; Kuchen und Suppen-Verköstigung für die Besucher inklusive. Generell – man ist zum Feiern aufgelegt, was auch ein Musikprogramm voller festlicher Momente beinhaltet. Wäre da nur nicht der Erzfeind in Düsseldorf – ein Saal, dessen Akustik immer wieder Probleme bereitet. Wie schlagen sich das – sichtlich bewegte – Geburtstagskind und seine Musiker wohl heute?

Zu Beginn erklingt Beethovens Leonoren-Ouvertüre. Dieses Werk ist bekannt und wird so oft gespielt, wie wenige andere. Bei solcher Allgegenwärtigkeit braucht es gute Interpretationen, um sich nicht in Beliebigkeit zu verlieren. Und heute bieten Orchester und Dirigent diesen Klassiker in fein geschliffener Ausführung dar. Die Streicher klaren auf, feinfühlige Töne sind vom Cello zu hören und die Kontrabässe bringen in straffen Passagen ordentlich Tempo. Die Soli vom Fagott brillieren und die Pauke darf auch ein ums andere Mal herausragen. Dennoch trübt die Akustik der Tonhalle diese Interpretation. Gerade auch Holzbläser, Trompeten und Posaunen kulminieren über weite Strecken in einem recht matschigen Tongemisch. Hier fehlt oft die Klarheit. Erster Punkt also für den Erzfeind?

Ádám Fischer © Susanne Diesner

Akustisch besser stellt sich jedenfalls der Don Juan von Richard Strauss dar. In breit aufgefächerten Klangkulissen weht der Frauenverführer und Tunichtgut heldenhaft durchs Orchester und reiht eine Liebschaft nach der anderen an. Hier strahlen vor allem die Hörner, aber auch das Oboensolo mit der mystischen Streicherbegleitung zu Don Juans zweiter Verführung gelingt traumhaft. Einziges Manko: Die Klänge der Harfe wirken bei ebenjenem Solo gegen den Takt, als kämen sie regelmäßig zu spät. Erneut muss man fragen, ob das der Akustik geschuldet ist?

Nicht der Akustik geschuldet ist die Tempowahl. Ádám Fischer entscheidet sich oft für einen breiten, schwärmerischen Ansatz. Dies wird der Figur Don Juan durchaus gerecht und bei den Liebesszenen funktioniert das auch außerordentlich gut. Kann man also so machen. Der Rezensent hätte sich allerdings bei der Vorstellung von Don Juan noch etwas mehr Pep gewünscht. Und auch beim abschließenden Duell, in dem Don Juan erst haushoch überlegen ist, sich dann aber aus Überdruss und Selbstekel erstechen lässt, fehlt ihm letztendlich das letzte bisschen Konsequenz. Trotz solider Aufführung hätte das in Summe also noch etwas aufbrausender sein dürfen.

Ádám Fischer © Susanne Diesner

Aufbrausend geht es nach der Pause im Rosenkavalier zu. Vom ersten Ton ist das Orchester rund um die klangmächtigen Hörner da. Mit ihren prächtigen Fanfarenrufen stacheln sie die breit auftrumpfenden Streicher zum feinen Zirpen der Holzbläser von einem Höhepunkt zum nächsten an. Wenige Kompositionen kennen so inbrünstige Einstiege und Ádám Fischer zelebriert diesen mit seinen Musikern auch noch in einem Maß, dass es richtig festlich wird.

Dem gelungenen Einstieg folgen viele weitere, mal schillernde, mal brillant tanzende, mal einfühlsam sensible Passagen. Noch einmal sticht die Oboe mit einem Solo heraus, das einem beim Zuhören regelrecht das Herz schmelzen lässt. Kurz donnern Posaunen und Kontrabässe bedrohlich los, bevor sie von jenem Walzerrhythmus durchbrochen werden, der am Ende das komplette Geschehen bestimmen soll. Auch die erneuten Soli von der ersten Violine und dem Cello überzeugen durch Filigranität. Und mit wie viel Freude alle Beteiligten dabei sind, als dann das Schlagzeug einsetzt! Ádám Fischer und das Orchester wollen sich und allen hier wohl einen von musikalischer Schokolade und Zucker strotzenden Geburtstagskuchen spendieren.

Ádám Fischer © Susanne Diesner

Dennoch muss selbst hier etwas an der Glasur gekratzt werden. Die Makel bewegen sich zwar auf der Ebene von Details, zeigen aber dennoch Entwicklungspotenzial. So sind die flirrenden Begleitfiguren gerade auch zum Oboensolo leider etwas matt. Die Harfen und auch die Celesta kommen klanglich gut raus, doch die Flöten sind häufig wenig präsent – ein Manko, dass sich durch den gesamten Abend durchzieht. Auch bleiben die Klarinetten und Trompeten bis auf wenige Ausnahmen oft etwas schwach im Klang. Erneut: Die schwierige Akustik der Tonhalle fordert stets ihre Opfer. Der Erzfeind bleibt zwar im Schach, wird aber nicht bezwungen.

Und auch hier hätte die Tempowahl von Ádám Fischer ab und zu noch etwas zackiger sein können; gerade auch bei den Schlussakkorden vom Rosenkavalier. Zugegeben, diese gelingen klanggewaltig und reißen das Publikum zum Schlussapplaus auch teilweise aus den Stühlen. Doch kann man sich auch hier fragen, ob man nicht sogar noch eine Spur hätte anziehen können. Denn dass man auch mit 75 noch Elan und Jugend versprühen kann, beweist Ádám Fischer an vielen anderen Stellen.

Ádám Fischer © Susanne Diesner

Diesen Mankos zum Trotz bleibt am Ende aber ein über weite Strecken glanzvoller Abend, der sicher als gelungene Geburtstagsgala in Erinnerung bleiben wird. Und bei aller kritischen Liebe zum Detail darf am Ende doch klar die Dankbarkeit überwiegen, Teil von einem so schönen Erlebnis gewesen zu sein. Und gekrönt wird dieser Abend mit der Nachricht, dass Ádám Fischers Vertrag bei den Düsseldorfer Symphonikern bis 2030 verlängert wurde. Eine Freudenbotschaft, die bereits mit Spannung in die Zukunft weist. Wer weiß, was er uns dann zu seinem 80. Geburtstag spendieren wird!

 

Daniel Janz, 14.September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Interview: Johannes Karl Fischer im Interview mit Ádám Fischer – Teil 1 klassik-begeistert.de, 25. April 2024

Johannes Karl Fischer im Interview mit Ádám Fischer – Teil 2 klassik-begeistert.de, 27. April 2024

Düsseldorfer Symphoniker, Gordon Hamilton, Jörg Mohr Tonhalle Düsseldorf, 4. September 2024

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