Diese Inszenierung von Delibes’ „Lakmé“ verschenkt das Potential der Handlung

DVD/Blu-ray-Rezension: Léo Delibes, Lakmé  klassik-begeistert.de, 15. Oktober 2023

DVD/Blu-ray-Rezension:

Léo Delibes
Lakmé

Orchestra and Choir Pygmalion
Raphaël Pichon

Naxos NBDO 177V

von Peter Sommeregger

 Aus dieser Oper kennt fast jeder Musikliebhaber die so genannte „Glöckchenarie“ und das Blumenduett. In Frankreich ist das Werk nach wie vor populär, hierzulande nur die beiden erwähnten Ausschnitte.
Die hier als DVD/Blu-ray vorliegende Produktion der Pariser Opéra Comique bietet nun die Gelegenheit, das komplette Werk kennenzulernen. Für die Titelrolle stand Sabine Devieilhe zur Verfügung, die in den letzten Jahren zum Star des Koloraturfaches aufgestiegen ist. Auch in dieser, ganz auf sie fokussierten Produktion enttäuscht sie nicht. Sie verfügt über genau jene Leichtigkeit des Tonansatzes, die für Partien dieser Art nötig ist, ihre Technik ist perfekt und damit überstrahlt sie auch den Rest des Ensembles.

Ihren streng gläubigen Vater verkörpert Stéphane Degout in Maske und Gestalt des Brahmanenpriesters Nilakantha und setzt seine runde, wohlklingende Bass-Stimme wirkungsvoll ein. Lakmés Liebhaber Gérald singt der Tenor Frédéric Antoun mit lyrischem Schmelz, leider stößt er an den dramatischeren Stellen seiner Rolle zu schnell an die Grenzen seiner Stimme, was nicht zu überhören ist. Orchester und Chor Pygmalion unter Raphaël Pichon musizieren auf hohem Niveau und stilsicher.

Der häufig an dem Haus beschäftigte Regisseur Laurent Pelly stellt eine Inszenierung auf die Bretter, die an Schlichtheit nicht zu über- bzw. unterbieten ist. Das Budget für diese Produktion scheint ausgesprochen karg gewesen zu sein, ein paar Stoffbahnen und Pappe sind schmale Kost für das Auge.

Das eigentlich Ärgerliche an der Inszenierung ist aber, dass Pelly ganz offenbar das Potential der Handlung nicht erkannte, oder erkennen wollte. Es geht in dem Stück um nichts weniger, als die Unvereinbarkeit verschiedener Kulturen, dem mangelnden gegenseitigen Respekt, der in dem Stück zur Katastrophe zwischen der Tochter des Priesters und dem unbedarften britischen Offizier während der Kolonialisierung Indiens führt. Das hätte schon sichtbar sein müssen und wäre der Aufführung zuträglich gewesen.

Was wir zu sehen bekommen, sind aber nur ein paar gefällige Arrangements und konventionelle Gesten, in Form des altbekannten Rampentheaters.

Schade um die verpasste Gelegenheit! In dieser Form taugt diese Oper tatsächlich nur für ein Opernmuseum.

Peter Sommeregger, 15. Oktober 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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