"Don Giovanni" mal anders

DVD-Rezension: Alessandro Melani, „L’Empio Punito“, Reate Festival Ensemble

Foto: © Andrea Rossi

„Es spricht für die Qualität von Regie, Darstellern und natürlich auch des Werkes selbst, dass diese höchst spartanische Veranstaltung über zwei Stunden lang fesseln, sogar begeistern kann. Ein Ensemble junger, unverbrauchter Stimmen stand dem Dirigenten Alessandro Quarta zur Verfügung und es gelang ihm, daraus ein stimmiges Ensemble zu formen.“

DVD-Rezension: Alessandro Melani, „L’Empio Punito“
Dynamic 37871

Reate Festival Ensemble

von Peter Sommeregger

Opern des frühbarocken Komponisten Alessandro Melani begegnet man so gut wie nie auf den Spielplänen. Melanis Werk hat seinen Schwerpunkt allerdings auch mehr auf dem Gebiet der Kirchenmusik, er bekleidete die meiste Zeit seines Lebens Ämter als Kapellmeister verschiedener römischer Kirchen.

Neben zahlreichen sakralen Werken schrieb er insgesamt neun Opern. Seine zweite, L’Empio punito (Der bestrafte Bösewicht) von 1669 greift zum ersten Mal den Stoff des Verführers Don Giovanni auf, wobei die Handlung dieser Oper nicht so eindeutig auf den besagten Bösewicht bezogen ist, wie später in Mozarts Werk. Im Rahmen des Reate Festivals in Rom 2019 fand in dem Theater der Villa Torlonia die Aufführung statt, die nun vom Label Dynamic als DVD einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wird.

 

Foto: © Andrea Rossi

Der Regisseur Cesare Scarton inszeniert das etwas unübersichtliche Stück mit einfachsten Mitteln, aber wirkungsvoll. Als Kulisse dient ihm eine Reihe von hölzernen Podesten, die sehr flexibel einsetzbar sind und schnelle Szenenwechsel ermöglichen. Requisiten kommen praktisch nicht vor, auch die Kostüme sind teilweise Alltagskleidung und wenig prunkvoll.

Es spricht für die Qualität von Regie, Darstellern und natürlich auch des Werkes selbst, dass diese höchst spartanische Veranstaltung über zwei Stunden lang fesseln, sogar begeistern kann. Ein Ensemble junger, unverbrauchter Stimmen stand dem Dirigenten Alessandro Quarta zur Verfügung und es gelang ihm, daraus ein stimmiges Ensemble zu formen.

Foto: © Andrea Rossi

Den titelgebenden Bösewicht Acrimante gibt Mauro Borgioni mit jugendlichem Charme und verführerischem Timbre. Sein Diener Bibi, dem Leporello Mozarts entsprechend räumt allerdings eindeutig in der Gunst des Publikums ab. Giacomo Nanni, changierend zwischen fast kindlicher Naivität und listiger Verschlagenheit, gewinnt damit nicht nur das Herz der Amme Delfa, die als witzigste Rolle des Stückes vom Countertenor Alessio Tosi mit viel Raffinement interpretiert wird.

Bei so viel männlichem Charme haben es die weiblichen Figuren erheblich schwerer, sich zu profilieren. Stimmlich können Michela Guarrera als Ipomene, Sabrina Cortese als Atamira und Carlotta Colombo in der Hosenrolle des Coridoro durchaus überzeugen, aber die Dramaturgie des Stückes bevorzugt eindeutig die männlichen Figuren.

Das Reate Festival Baroque Ensemble realisiert die erste Aufführung dieses Werkes in modernen Zeiten auf Originalinstrumenten der Entstehungszeit. Die kleine Orchesterbesetzung und der intime Rahmen des kleinen Theaters erreichen eine große Dichte und Unmittelbarkeit des Klangs, was sich selbst in der Aufzeichnung noch positiv bemerkbar macht.

Insgesamt ein weiteres barockes Juwel, für dessen Wiederentdeckung man allen Beteiligten dankbar sein muss!

Peter Sommeregger, 17. Dezember 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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