DVD-Rezension: Sergey Prokofiev, The Fiery Angel
Naxos 2.110663
Prokofievs „Feuriger Engel“ in bildmächtiger Inszenierung
Orchestra e Coro del Teatro dell’Opera di Roma
Dirigent: Alejo Pérez
Regie: Emma Dante
von Peter Sommeregger
Das komplexe und vielschichtige Werk von Sergey Prokofiev, seine Oper „Der feurige Engel“ hat eine reichlich komplizierte Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte. Literarische Grundlage ist der gleichnamige Roman Der feurige Engel (1908) von Waleri Jakowlewitsch Brjussow. Bereits seit etwa 1920 arbeitete der Komponist an dem Libretto, insgesamt sieben Jahre nahm die Arbeit an der Oper in Anspruch. Zunächst wurden einzelne Szenen in Paris in französischer Sprache aufgeführt. Pläne für eine szenische Aufführung in Berlin, später an der Metropolitan Opera in New York zerschlugen sich. Die Uraufführung seiner Oper erlebte Prokofiev nicht mehr. Konzertant fand sie 1954 in Paris in französischer Sprache statt, szenisch 1955 am Teatro la Fenice in Venedig in italienischer Sprache.
Es dauerte bis in die 1980er Jahre, bis das Werk seine sowjetische Uraufführung erlebte. In unregelmäßigen Abständen erscheint es auf den Spielplänen internationaler Opernhäuser, eine Schwierigkeit bereitet jeweils die Besetzung der Hauptfigur Renata, die hohe stimmliche und schauspielerische Ansprüche stellt. Die hier vorliegende DVD ist der Mitschnitt einer Aufführung des römischen Opernhauses von 2019.
Die Geschichte spielt im mittelalterlichen Deutschland, zentrale Figuren sind der Ritter Ruprecht, der in den Bann der jungen Frau Renata gerät, die ihrerseits von geheimnisvollen Dämonen besessen zu sein scheint. Willig folgt er ihr nach Köln und Frankfurt, wo sie auf der Suche nach ihrem Liebhaber, dem Ritter Heinrich, bzw. ihrem Engel Madiel ist.
Die Regisseurin Emma Dante entfesselt einen bildmächtigen Hexensabbat, der anschaulich die zwischen Realität und Zauberei wechselnden Handlungsmomente illustriert. Die Gestalt Madiels wird von einem Tänzer verkörpert, auch der Chor wird in die szenischen Aktionen eingebunden, die beklemmende Handlung steigert sich immer mehr bis zur Szene des Exorzismus, der Renata auferlegt wird und mit ihrer Verurteilung endet. Dante gelingen dafür verstörende und faszinierende Bilder, die die Spannung trotz der verworrenen Handlung halten können.
Für die zentralen Rollen Ruprecht und Renata standen in Rom großartige Sänger zur Verfügung. Der Bariton Leigh Melrose verleiht seinem Rollenporträt neben stimmlicher Souveränität auch glaubwürdiges Spiel. Gleiches gilt für die Sopranistin Ewa Vesin in der extrem schwierigen Rolle der Renata. Die noch junge polnische Sängerin stürzt sich mutig in diese Rolle, die permanent am Rande des Wahnsinns agiert.
Orchester und Chor des römischen Opernhauses unter Alejo Pérez und eine Reihe vorzüglicher Nebendarsteller sorgen für eine Aufführung von Modellcharakter. Man bekommt Lust, dem Werk öfter zu begegnen.
Peter Sommeregger, 23. Februar 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at