15 Sängerinnen und Sänger der Staatsoper Hamburg boten wunderbare Lieder von Clara und Robert Schumann bis Claude Debussy und ehrten Kammersängerin Hellen Kwon, die seit 35 Jahren im Haus an der Dammtorstraße auf der Bühne steht.
Staatsoper Hamburg, 4. Oktober 2020
Ensemble-Abend „Loreleis Lied vom Ei hart gekocht“
zu Ehren des 35-jährigen Bühnenjubliläums von
Kammersängerin Hellen Kwon
von Andreas Schmidt
Sie ist ein Opernstar zum Anfassen. Mit ihr kann man Pferde stehlen. Sie ist auf dem Teppich geblieben. Sie liebt das Leben. Sie ist keine Diva, sie ist für die Musik da. Sie kann so richtig herzlich lachen, auch über sich selbst. Sie liebt Neues und bewahrt Traditionen. Sie ist immer neugierig. Sie singt seit exakt 35 Jahren im Haus an der Dammtorstraße. Ihre wunderbare Stimme kennt jeder, der sich mit der Staatsoper Hamburg beschäftigt.
Wir sprechen von Hellen Kwon, 59, dem weiblichen Markenzeichen der Hamburgischen Staatsoper, der „Königin der Nacht“. Die Sopranistin aus Seoul, Südkorea, hat diese Partie aus Mozarts „Zauberflöte“ 450 Mal gesungen, in den besten Häusern Europas. Der Intendant Rolf Liebermann holte sie nach Hamburg – das waren noch Zeiten, da war dieses Hamburger Haus, dem das Genie Gustav Mahler von 1891 bis 1897 als erster Kapellmeister vorstand (damals Stadttheater), noch eine Hausmacht in Deutschland.
Am Sonntag sangen 15 Sängerinnen und Sänger des Ensembles zu Ehren der Kammersängerin, und auch Hellen Kwon gab zwei Stücke zum Besten: „Der Zauberer“ von Wolfgang Amadeus Mozart und als Zugabe „Das vergebliche Ständchen“ von Johannes Brahms. Die Zuschauer waren dankbar und spendeten allen Sängern viel Beifall. Unter den Sängern waren auch viele sehr junge Mitglieder des Ensembles und des Internationalen Opernstudios. Der Schweizer Intendant Georges Delnon fand sehr schöne, herzliche Worte für die Koreanerin: „Sie haben sich schnell in die Herzen der Hamburger gesungen.“
Hamburg herzt Hellen. Und Hellen herzt Hamburg.
Sie dankte den Hamburgern mit warmen Worten, wie immer mit einem Lächeln auf den Lippen: „Ich fühle mich sehr wohl in dieser Stadt.“
Ich verzichte zum Ehrentag dieser verdienstvollen Sängerin auf Einzelbewertungen – nur soviel: die Leistungen bewegten sich im Korridor von der Schulnote „drei“ bis zur „zwei“. Zwei Sänger möchte ich namentlich erwähnen, sie sangen „sehr gut“ und bewiesen, dass sie für größere Aufgaben bereitstehen:
Marie-Dominique Ryckmanns, Sopran, glänzte mit „Apparition » von Claude Debussy mit einem ganz feinen Timbre, gezeichnet von einer edlen Mittel- und tieferen Lage mit vielfältigsten bersteinfarbenen Nuancen. Bei den höchsten Tönen singt sie fast makellos, hier fehlt noch ein wenig die Fein-Politur. Die Deutsch-Französin gehört seit der Spielzeit 2020/21 zum Internationalen Opernstudio der Staatsoper Hamburg. Zu hören sein wird sie wieder am 11. Oktober in „Pierrot lunaire“ (Premiere).
Ein richtiger „Bringer“ ist auch der Tenor Daniel Kluge, in Buenos Aires geboren und im Schwarzwald aufgewachsen. Er sang „Die Klapperschlange“ aus den Krokodilsliedern von Iván Eröd so locker und erfrischend wie es seine Klamotten, darunter stylische Sneakers, waren. Dieser „junge Wilde“ mit der ganz besonderen, flexiblen Stimmnote bereichert seit einem Jahr das Ensemble. Er wird in dieser Saison auch Partien in den Neuproduktionen von „Manon“ und „Lucia di Lammermoor“ übernehmen.
Ganz wunderbar – am Steinway-Flügel, mit seiner Moderation und seinem Spirit – leitete der Brite Rupert Burleigh, seit zehn Jahren Studienleiter der Staatsoper Hamburg, durch den Abend. Thank you, Mr. Burleigh, das war musikalisch vom Feinsten, unterhaltsam und sehr humorvoll. Entertainment at its best! And very British…
Andreas Schmidt, 4. Oktober 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at