Fotos © © Thomas Zwillinger
Zwischen Mars und Venus XVI: The first booke of songs von Joel Frederiksen
Ensemble Phoenix Munich
Hille Perl – Gambe
Emma-Lisa Roux – Sopran, Laute
Joel Frederiksen – Bass, Laute, Leitung, Komponist und Texter
Mars-Venus-Saal im Bayerischen Nationalmuseum,
München, 5. Mai 2024
von Frank Heublein
An diesem frühlingshaften Sonntagnachmittag stellt Joel Frederiksen sein „First Booke of Songs“ vor. Er knüpft dabei an die Tradition der Komponisten-Sänger der Renaissance an, etwa an sein Vorbild Thomas Campion.
Vier Stücke anderer Komponisten sind direkte Inspiration und werden verbunden mit der jeweiligen Komposition Frederiksens. Viele seiner Lieder sind in der Corona-Zeit entstanden, erzählt er in der Einführung. Wie soll es anders sein? Es geht um Liebe und Freundschaft, die Texte kommen aus seinen persönlichen Erfahrungen. Ich habe als langjähriger Begleiter des Ensembles auch häufig die Person vor Augen, auf die sich der Liedtext bezieht. Denn einige dieser Menschen, über die seine Lieder handeln, haben ihn auch auf der Bühne und als Künstler durchs Leben begleitet.
In der Einführung erläutert Frederiksen, dass es die Lieder gelungener erscheinen, wenn er zuerst den Text dichtet und dann die Melodie komponiert. Die komponiert er speziell für sich, also für die Laute und Bass. Er verwendet dabei Kompositionsmodelle seiner Vorbilder, etwa eine Quart in die Tiefe als musikalische Malerei eines Lamentos.
Ist es Renaissance Musik? Nein! Es ist zeitgenössisch. Ist es so wie etwa Leonard Cohen oder Bob Dylan? Auch nein. Wer komponiert schon zeitgenössisch Lieder für Gesang und Laute? Genau das ist das Außergewöhnliche. Die Renaissance-Idee des zeitgenössischen Komponisten-Sängers küsst Joel Frederiksen wach mit seinem Programm. Er stellt eine Verbindung der Zeiten her.
Bei The day love died zieht er mich in einen Sog. Emma-Lisa Roux strahlend heller Sopran konterkariert Joel Frederiksens sonoren Bass gekonnt. Es entsteht eine dichte Atmosphäre, in denen sich die Stimmen in mir verschmelzen.
Snow, das erste Stück nach der Pause, ist ein weiteres brillantes Duett. Der versetzte Gesang Rouxs und Frederiksens erzeugt eine interessante Mehrstimmigkeit, die im Ende der Strophen stets wieder zueinander findet.
In Ana’s song – The sky a strain of blue zupft Hille Perl ein mich beeindruckend leichtes flockiges Gambensolo. One – To a Buddhist Knight klingt einen Moment nach Cohen. Hier schillert die Grenzüberschreitung zwischen Renaissance Komponisten-Sänger und Singer-Songwriter in den schönsten Farben.
Ich feiere die drei Ausführenden zusammen mit dem ganzen Publikum euphorisch. Als Zugabe gibt es die Wiederholung des wohl fröhlichsten Lieds des Nachmittags: Fix my car. Eine heitere Erinnerung an den verstorbenen Tenor Tim Evans, der mich als Mitglied des Ensemble Phoenix Munich viele Male verzaubert hat mit seiner Stimme. Was er neben dem Singen auch gut konnte: Autos reparieren. Sein sehr guter Freund Joel weiß das. Was für ein schönes zugeneigtes warmherziges Lied ist draus geworden!
Frank Heublein, 9. Mai 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Ensemble Phoenix Munich „Doulce mémoire“ Bayerisches Nationalmuseum, München, 22. Oktober 2023