Kirill Petrenko © Wilfried Hösl
Eröffnungskonzert der Saison 2024/2025
Anton Bruckner
Symphonie Nr.5 B-Dur
Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko
Philharmonie Berlin, 23. August 2024
von Ralf Krüger
Nach dem 1. Satz, der recht dumpf begann und mit einem Trommelwirbel zu Ende ging, war eine gefühlt sehr lange Minute Pause. Die Philharmoniker konnten durchatmen, sich konzentrieren, das Publikum war mucksmäuschenstill. Der 2. Satz erschien mir anfangs wie ein ruhiger Soundtrack, der auch mal intensiver, dann wieder leiser wurde. Irgendwie wollte sich aber im Verlauf ein starkes Thema, eine starke Melodie nicht so recht etablieren. Sie (die Melodie) wurde durch verschiedene Soloparts immer wieder „abgewürgt“. Und dann endlich, in dieser schon nächtlichen Stimmung, setzte sich in meinem Ohr doch eine Melodie fest, die aber allmählich und langsam einschlief. Ende Satz 2.
Für den Beginn des 3. Satzes hatte ich mir notiert: In angenehmer Stimmung frisch aufgespielt – kurzer Wechsel der Emotionen – ein wenig Marschtempo – dann Musik, wie zum Tanze gespielt – forsch voran – schöne Wiederholungen.
Beim 4. Satz dachte ich eine Zeitlang, ich wäre in einem Konzert für experimentelle Musik. War da nicht auch Kirchenmusik zu hören – durch Posaunen verstärkt? Aber dem folgte gegen Ende doch wieder der große Sound, das ganz große Kino: Bläser, Hörner, Streicher, Harmonie überall im Saal und in den Gängen. Ein tosendes Finale.
Ich gestehe, frisch und frei, ich hatte mit Anton Bruckner noch nie etwas zu tun. Ich kann keine Konzerte vergleichen, ich habe nichts Biografisches gelesen, nichts von seiner Musik, seinen Sinfonien gehört. Ich bin in dieses Konzert gegangen, habe die Ohren aufgesperrt, alle Sinne geschärft, habe den Rücken durchgedrückt, mich konzentriert und Bruckner 5 gehört. Ergebnis: siehe oben.
Als das Orchester schon den Saal verlassen hatte, auch ein Teil des Publikums, konnten ihn die noch Verbliebenen durch ihren Beifall aufs Podium zurück locken. Kirill Petrenko (mit Taktstock) schien erleichtert und dankbar zu sein und nahm die Huldigungen freudig entgegen.
Zum Schluss winkte er. Und ich ging hinaus, aus diesem Tempel der Musik, nach einem super-spannenden und emotional-berührenden Konzertabend, der Realität entgegen. In den Lärm und den Schmutz dieser Stadt.
Ralf Krüger, 24. August 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at