Cecilia Bartoli präsentiert sich als unverändertes Stimmwunder

Georg Friedrich Händel, Giulio Cesare in Egitto  Wiener Staatsoper, 9. Juli 2024 

Kangmin Justin Kim (Sesto) und Sara Mingardo (Cornelia)
© Marco Borrelli

Heute ist es schon fast ein Wunder, wenn man in einer Opernaufführung von einer gelungenen und ansehnlichen Regie sprechen kann. Wenn nicht ein Libretto verunstaltet wird, die Musik durch dümmlichen Aktionismus geradezu zerstört wird und man letztlich das Libretto nicht erkennt.

Das Wunder einer hervorragenden und lebendigen Regie bescherte uns beim Gastspiel der Oper von Monte-Carlo in der Wiener Staatsoper der italienische Regisseur Davide Livermore.

Georg Friedrich Händel
Giulio Cesare in Egitto

Gastspiel der Oper von Monte-Carlo

Mit Carlo Vistoli, Cecilia Bartoli, Max Emanuel Cenčić, Sara Mingardo, Kangmin Justin Kim u.a.

Choeur de l’Opéra de Monte-Carlo
Les Musiciens du Prince – Monaco

Dirigent: Gianluca Capuano

Regie: Davide Livermore

Wiener Staatsoper, 9. Juli 2024

von Herbert Hiess

Ja, es war ein interessanter Regieansatz; das Abenteuer von Cleopatra und ihrem Caesar spielt sich auf einer immer turbulenter werdenden Nilkreuzfahrt ab. Caesar dürfte hier – genauso wie Cleopatra – Passagier auf dieser Kreuzfahrt gewesen sein.

Das Schiff hieß „Tolomeo“, so wie sein größter Widersacher. Obwohl fast immer Videos zumeist zur Entstellung, wenn nicht sogar zur Zerstörung eines Bühnenwerkes führen, schaffte es der Videokünstler „Dwok“ perfekt, auf großflächigem Hintergrund Landschaften, Fluss (Nil) und mehr gekonnt und stimmungsvoll darzustellen.

Livermores Regiearbeit war niemals gekünstelt und outriert; sie spiegelte in wunderbaren Szenen die Herrschaftsverhältnisse im Römischen Reich wider. Da brauchte es weder „Wokeeinlagen“ noch unappetitliche Sex- und Gewaltdarstellungen.

Cecilia Bartoli (Cleopatra) und Helferinnen © Marco Borrelli

Und musikalisch war diese Produktion DER Glücksgriff der Saison. Es war ein internationales Treffen der führenden Countertenöre; angefangen von dem großartigen Carlo Vistoli als „Caesar“, Max Emanuel Cenčić als „Tolomeo“ und Kangmin Justin Kim als „Sesto“. Exzellent Sara Mingardo als „Cornelia“ und natürlich Cecilia Bartoli als „Cleopatra“.

Cecilia Bartoli ist ein Kapitel für sich. Sie ist bald 40 Jahre im Geschäft und hat immer noch den Boden unter den Füßen behalten. Sie ist in punkto Stimme und auch Schauspielerei ein echtes Naturwunder. Sie singt wie eine Primadonna, hat aber niemals Allüren wie eine solche.

Cecilia Bartoli (Cleopatra) und Carlo Vistoli (Giulio Cesare, rechts sitzend) und Ensemble © Wiener Staatsoper / Marco Borrelli

Ihre großen Arien verzauberten das Publikum sofort; herausragend der Beginn des zweiten Aktes mit ihrer Arie „V’adoro, pupille“, da zeigte sie ihr gesamtes Können. Gesang von pianissimo bis zum einprägsamen Forte. Ihre traumhaft schöne runde Stimme klang niemals forciert; Ihre Forte waren bestechend schön. Und Wortdeutlichkeit ist bei ihr keine leere Phrase.

Natürlich dürfen Chor und Orchester nicht fehlen; großartig wie Maestro Capuano mit den Musikern und MusikerInnen diese komplexe Partitur erarbeitet und in goldene Klänge gegossen hat.

Diese Aufführung war in vieler Hinsicht denkwürdig und Cecilia Bartoli bewies, dass sie musikalisch ein Einzelfall ist.

Mag. Herbert Hiess, 10.Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Georg-Friedrich Händel, Giulio Cesare in Egitto Oper Frankfurt, 14. April 2024

Georg Friedrich Händel: Giulio Cesare in Egitto Oper Leipzig, Premiere, 1. April 2023

Blu-ray Rezension: George Frederic Handel, Giulio Cesare in Egitto klassik-begeistert.de 21. Oktober 2022

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert