Zum Puccini-Gedenkjahr 2024 spielt die Oper in Lüttich zwei frühe Werke des Maestros aus Lucca

Giacomo Puccini (1858 – 1924), LE VILLI / MESSA DI GLORIA  Opéra Royale de Wallonie Lüttich, 3. Februar 2024

Vlnr: Claudio Sgura, Matteo Lippi, Maria Teresa Leva, Giampaolo Bisanti, Foto Jean-Nico Schambourg

Dieses Jahr feiern wir am 29. November den 100. Todestag von Giacomo Puccini. Die Opéra Royale de Wallonie in Lüttich spielt gleich zu Beginn des Jahres, als Hommage an den Komponisten aus Lucca, zwei seiner frühen Werke: “Le Villi”, seine erste Oper, und die “Messa di Gloria”. Der Abend ist auch ein Beweis, welch großartiges Orchester und großartigen Chor Giampaolo Bisanti, als Musikdirektor der Oper in Lüttich, zur Verfügung hat.

Giacomo Puccini (1858 – 1924)
LE VILLI / MESSA DI GLORIA

Musikalische Leitung:  Giampaolo Bisanti
Orchester und Chor der Opéra Royal de Wallonie-Liège
Chorleitung:  Denis Segond

Konzertante Aufführung

Opéra Royale de Wallonie Lüttich, 3. Februar 2024

von Jean-Nico Schambourg

Geboren und aufgewachsen in Lucca, war Giacomo Puccini eigentlich dazu bestimmt, in der Tradition seiner Vorfahren, ein Leben als Organist und Komponist religiöser Musik zu fristen. Es kam, Gott sei Dank, anders! Ein Opernbesuch in frühen Jahren entfachte in ihm die Leidenschaft für die Dramatik der Opernbühne. Bis er aber zu einem der größten Autoren der Musikgeschichte wurde, bedurfte es einiger Zeit und Anstrengungen.

Für ein Examen am “Istituto Musicale G. Pacini” in seiner Geburtsstadt (heute “Istituto Musicale Luigi Boccherini”) komponierte Puccini 1880 die “Messa a quattro voci con orchestra, die später, wegen der Bedeutung des zwanzig-minütigen “Gloria”, in Messa di Gloria umbenannt wurde. Es ist dies kein normales religiöses Werk, bemerkt man doch schon hier Puccinis Hang zum Theater. Einige seiner musikalischen Einfälle verwendete er später in seinen Opern. Die Erstaufführung fand am 12. Juli 1880 in der Kirche San Paolino in Lucca statt. Kurz danach wurde er am Mailänder Konservatorium aufgenommen, wo er Schüler von Amilcare Ponchielli wurde.

Für einen Kompositions-Wettbewerb, organisiert vom Musikverleger Sonzogno, bewarb Puccini sich mit seiner einstündigen Oper “Le Villi”.

Seine Komposition wurde nicht zum Wettbewerb zugelassen. Allerdings, dank der Unterstützung des Komponisten Arrigo Boito, wurde die Oper am 31. Mai 1884 in Mailand am Teatro Dal Verme mit großem Erfolg aufgeführt. Puccini war ab diesem Moment der italienischen Musikwelt ein Begriff, auch wenn es bis zu seinem ganz großen Durchbruch mit “La Bohème” einige Zeit dauerte. Aber schon mit seinem ersten Opernwerk hatte er seine Stilrichtung gefunden.

Die Oper in Lüttich hat nun beide Frühwerke als Hommage an Puccini in einem kurzweiligen Abendprogramm zusammengestellt. Dafür hat sie drei wunderbare Solisten engagiert. Die Sopranistin Maria Teresa Leva singt die Rolle der Anna in der Oper “Le Villi”. Mit ihrem großen lyrischen Sopran setzt sie sich mühelos auch gegen ein voll aufspielendes Orchester durch. Dabei verliert sie in keiner Lage den samtenen Klang ihrer Stimme und weiß mit langen runden Spitzentönen das Publikum in ihren Bann zu ziehen.

Dessen Liebling ist an diesem Abend allerdings der Tenor Matteo Lippi, der in der Kurzoper als Annas Liebhaber, Roberto, und in der “Messa” als Solist auftritt. Scheint er in der “Messa” noch ein wenig gehemmt, so dreht er in der Oper voll auf und singt die Arie des von Reue geplagtem Roberto mit dem stimmlichen Schmelz, den man sich bei Puccini von einem Tenor erwartet. Auch er besitzt eine über alle Lagen ausgeglichene Stimme mit warmem Timbre, die er bis in die Höhenlage ohne Druck und sicher führen kann.

Claudio Sgura bringt sowohl als Solist in der “Messa”, wie auch später als verzweifelter Vater Guglielmo, seinen markanten Bariton zu Gehör. Kann man seiner Stimme in der kurzen Intervention in der “Messa” vielleicht ein etwas zu starkes Vibrato für ein geistliches Werk vorwerfen, so erlaubt es ihm in der Oper die Verzweiflung des Vaters von Anna eindrucksvoll wieder zu geben.

Die “Messa” lebt hauptsächlich von der Qualität des Chores, und da hat die Oper Lüttich mit dem ihrigen das große Los gezogen. Sowohl die lyrischen, wie auch die dramatischeren Passagen (“Qui tollis”) werden mit vollem, rundem Klang gestaltet. Die Fuge des “Cum Sanctu Spiritu” wird mit Präzision von allen Stimmregistern ausgeführt. Auch in der Oper überzeugt der Chor, vor allem mit den Frauenstimmen in der Rolle der Willis, die Roberto in den Tod führen.

Giampaolo Bisanti weiß die großen emotionalen Bögen von Puccinis Musik, sowohl in der religiösen Musik, als auch in dem Opernwerk, aus Chor und Orchester herauszukitzeln. Der Dirigent lebt mit großen Bewegungen und viel körperlichem Engagement die Musik vor, und sein Orchester geht voll darauf ein. Es besticht dabei durch absolute Ausgewogenheit und Präzision in allen Registern. Das Opernintermezzo bringt Puccini-Sound pur: erotisch, emotional, schwelgerisch.

 Als kleine Kritik sei anbemerkt, dass man sich für ein “unbekanntes” Werk wie “Le Villi” doch die normalerweise üblichen “Übertitel” gewünscht hätte.

Am Ende gibt es enthusiastischen Applaus für alle Beteiligten.

Jean-Nico Schambourg, 5. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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