Alle Protagonisten dieses Abends waren exzellent: Die Turandot der Russin Elena Pankratova zeigte überragende Stimmkraft, die aber der Schönheit ihres Gesangs sowie Präzision und Sicherheit des Vortrags keinerlei Abbruch taten. Die berührende Liù der italienischen Sopranistin Ruth Iniesta begeisterte mit Subtilität und stimmlichem Wohlklang. Die beiden aus Italien stammenden Sänger Carlo Bosi, der mit betont männlicher Tenorstimme einen majestätischen Kaiser Altoum auf die Bühne brachte und Giorgio Giuseppini als Timur riefen beim Publikum einhellig enthusiastischen Applaus hervor – doch der Star des Abends war eindeutig der Calaf von Murat Karahan – kraftvoll und doch, beim Tod der Liù und beim Liebeswerben um die vorerst eiskalte Turandot, in den leiseren Tönen äußerst subtil.
Arena di Verona, 3. September 2021
Giacomo Puccini, Turandot
von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)
Hatte das Publikum in der Arena am Vorabend noch der musikalisch ausgezeichneten (aber szenisch durchzogenen) „Traviata“ großzügig Beifall gespendet, so wurde die „Turandot“ am folgenden Abend zu einem Triumph: Die Begeisterung des Publikums brandete auf wie ein Orkan, als der türkische Tenor Murat Karahan in der Rolle des Calaf das weltberühmte „Nessun dorma“ ins gewaltige Rund der römischen Arena schmetterte – und gleich wie einige Abende zuvor beim „Va’, pensiero“ im „Nabucco“ forderte das Publikum unerbittlich eine Zugabe, die der Dirigent bereitwillig gewährte.
Der mit dem Römer Konservatorium „Santa Cecilia“ verbundene Francesco Ivan Ciampa, aus der süditalienischen Stadt Avellino stammend, lief an diesem denkwürdigen Abend ebenfalls zur Hochform auf: Zeigte er am Vorabend bei der „Traviata“ noch Zurückhaltung, peitschte er das großartige Hausorchester der Arena zu geradezu überwältigendem Sound an. Bläser, Pauken und Streicher verliehen den an chinesischen Tonfolgen inspirierten Klängen des Altmeisters Puccini imposante Kraft und Farbe in fantastischer Vielfalt. Hier wirkte die uralte gigantische Arena wie ein natürlicher Verstärker, der dieser großartigen Musik ein Vielfaches an Stärke verlieh.
Die dramatische Handlung dieser in der Verbotenen Stadt von Beijing spielenden chinesischen Märchenoper entfaltete sich vor einer Folge von chinesischen Tuschmalereien auf den großen Flüssigkeitskristall-Wänden. Wie in allen Produktionen dieses Jahres folgte auch die „Turandot“ dem Konzept, die virtuellen LCD-Kulissen mit Schätzen ausschließlich aus italienischen Museen zu bespielen. Bei der „Turandot“ kamen virtuelle Leihgaben des Museums für chinesische Kunst und Ethnographie in Parma zum Einsatz.
Alle Protagonisten dieses Abends waren exzellent: Die Turandot der Russin Elena Pankratova zeigte überragende Stimmkraft, die aber der Schönheit ihres Gesangs sowie Präzision und Sicherheit des Vortrags keinerlei Abbruch taten. Die berührende Liù der italienischen Sopranistin Ruth Iniesta begeisterte mit Subtilität und stimmlichem Wohlklang. Die beiden aus Italien stammenden Sänger Carlo Bosi, der mit betont männlicher Tenorstimme einen majestätischen Kaiser Altoum auf die Bühne brachte und Giorgio Giuseppini als Timur riefen beim Publikum einhellig enthusiastischen Applaus hervor – doch der Star des Abends war eindeutig der Calaf von Murat Karahan – kraftvoll und doch, beim Tod der Liù und beim Liebeswerben um die vorerst eiskalte Turandot, in den leiseren Tönen äußerst subtil. Eine denkwürdige Aufführung, wie man sie selbst in der Arena selten in dieser Perfektion erlebt.
Dr. Charles E. Ritterband, 3. September 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Musikalische Leitung: Francesco Ivan Ciampa
Chöre: Vito Lombardi
Turandot: Elena Pankratova
Calaf: Murat Karahan
Kaiser Altoum: Carlo Bosi
Timur: Giorgio Giuseppini
Liù: Ruth Iniesta
Ping: Biagio Pizzuti
Pong: Marcello Nardis
Pang: Matteo Mezzaro
Orchester, Chor, Ballett und Techniker der Arena di Verona
Video Design und digitale Kulisse: D-WOK
Ich war am 03.09.21 in der Vorstellung in der Arena und kann Herrn Dr. Ritterband nur in allen Belangen zustimmen. Es war eine überwältigende Aufführung mit keinerlei Schwächen.
So kraftvoll und intensiv in allen Solopartien, im Chor und im Orchester habe ich diese Oper noch nie gehört (und ich habe sie schon oft gehört).
Es war ein unvergessliches Ereignis.
Karlheinz Pause