Juan Diego Flórez brilliert als Oreste beim Rossini-Festival Pesaro

Gioachino Rossini, Ermione  Rossini Opera Festival, Pesaro, 13. August 2024

© Rossini Opera Festival 2024, Bartoli, Flórez

Musikalisch war diese Produktion in der Arena geradezu überwältigend – vor allem der Weltstar Juan Diego Flórez brillierte als Orest und das RAI-Sinfonieorchester unter der virtuosen Stabführung von Michele Mariotti brachte einen gigantischen und doch dann wieder differenzierten Sound in diesen riesigen Raum.

Gioachino Rossini, Ermione
Libretto: Andrea Leone Tottola

Dirigent: Michele Mariotti
Regie: Johannes Erath
Bühne: Heike Scheele

Oreste: Juan Diego Flórez
Ermione: Anastasia Bartoli

Coro del Teatro Ventidio Basso
Chormeister: Giovanni Farina
Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI

Rossini Opera Festival, Pesaro, 13. August 2024

von Dr. Charles E. Ritterband

Die an sich nicht gerade attraktive Sportarena Vitrifrigo Arena am Stadtrand von Pesaro bietet den kreativen und beachtlich aufwendigen Regiekonzepten des Rossini-Festivals endlos viele technische Möglichkeiten und extrem großzügige räumliche Gegebenheiten.

So war auch die szenische Umsetzung (Regie: Johannes Erath, Bühne: Heike Scheele) dieser für den sonst meist so „heiteren“ Rossini ungewöhnlich tragischen, auf der griechischen Mythologie beruhenden Opera seria, Ermione, die mit der Ermordung von König Pyrrhus endet, schlicht grandios: ästhetisch und technisch.
Rossini allerdings erlitt nach der Uraufführung im Teatro San Carlo, Neapel Schiffbruch – das Werk kam nach der Premiere gerade auf vier vollständige Aufführungen und blieb eigentlich bis zur Aufnahme im Rossini Opera Festival, Pesaro, im Jahr 1987 praktisch verschollen.

Musikalisch war diese Produktion in der Arena geradezu überwältigend – vor allem der Weltstar Juan Diego Flórez brillierte als Orest und das RAI-Sinfonieorchester unter der virtuosen Stabführung von Michele Mariotti brachte einen gigantischen und doch dann wieder differenzierten Sound in diesen riesigen Raum.

© Rossini Opera Festival 2024, Flórez

Die drei Hauptfiguren sind hörbar überwältigt von ihren eigenen Leidenschaften und sie vernachlässigen ihre sozialen Verpflichtungen. Für ihr verantwortungslos-irrationales Verhalten machen sie, wie im antiken Griechenland üblich, Cupid verantwortlich – ein stumme aber stets präsente Figur mit einem riesigen Leuchtpfeil, den er großzügig und ziemlich wahllos auf die Protagonisten abschießt. Juan Diego Flórez als Oreste war unbestreitbar der umjubelte Star des Abends: Mit seiner herrlich melodischen, mühelos und präzis die Belcanto-Koloraturen erklimmenden Stimme perfekt phrasierend und mit herrlicher Leuchtkraft war sein Auftritt ein Hochgenuss.

© Rossini Opera Festival 2024, Bartoli, Flórez

Anastasia Bartoli in der Titelrolle des Ermione verfügt zwar nicht über eine traditionelle „Rossini“-Stimme, doch ihre Verkörperung der Hauptfigur mit ihrer überaus kraftvollen und doch sorgsam kontrollierten Sopranstimme war vor allem in den unglaublich steilen Höhen absolut faszinierend – der weibliche Höhepunkt neben Flórez.

Eher etwas zurückgenommen Enea Scala in der Rolle des Pirro – zwar mit einer schönen, warmen Tenorstimme doch nicht völlig präzis in den Koloraturen und fast etwas ungeschickten Portamenti in seiner Phrasierung.

Grandios das RAI-Sinfonieorchester unter dem konkurrenzlosen Michele Mariotti – transparent in den leisen Partien, subtil, detailliert und dann doch wieder monumental.

Das Publikum sparte nicht mit Begeisterung – unbestreitbar ein einsamer Höhepunkt dieses Festivals.

Dr. Charles E.  Ritterband, 15. August 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Besetzung:

Ermione: Anastasia Bartoli                                                                                        Oreste: Juan Diego Flórez                                                                                                Andromaca: Victoria Yarovaya
Pirro: Enea Scala
Pilade: Antonio Mandrillo
Fenicio: Michael Mofidian
Cleone: Martiniana Antonie
Cefisia: Paola Leguizamón
Attalo: Tianxuefei Sun

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