Gelegenheit macht Freude: Rossini amüsiert in der Wiener Kammeroper

Gioachino Rossini, L’occasione fa il ladro  MusikTheater an der Wien, Kammeroper, 23. September 2025 PREMIERE

L’occasione, Inna Demenkova (Berenice) © Marcel Urlaub

Mit einer humorvollen Produktion von Rossinis L’occasione fa il ladro (Gelegenheit macht Diebe) eröffnet das MusikTheater an der Wien ihre Spielzeit in musikalisch familiären Kammeroper-Atmosphäre. Der umjubelte Opernabend brachte viel spaßige Rossini-Stimmung ins Haus stand der deutlich namenhafteren Spielplan-Konkurrenz von Staatsoper und Co. szenisch wie musikalisch um nichts nach!

MusikTheater an der Wien, Kammeroper, Wien, 23. September 2025 PREMIERE

L’occasione fa il ladro
Musik von Gioachino Rossini
Libretto von Luigi Prividali

von Johannes Karl Fischer

Gerade einmal 300 Leute passen in den Saal, der Weg in das stilvoll geschmückte Foyer führt durch eine feine, enge Gasse des ersten Bezirks. Ein bisschen fühlte sich die Saisoneröffnung des Musiktheaters in der Wien in der Kammeroper an wie eine Rossini-Uraufführung, leider abzüglich der venezianischen Meeresluft. Und vielleicht der beste Geheimtipp der Wiener Musiktheaterszene, denn diese köstliche, doch rar gespielte Rossini-Komödie stand der weit namenhafteren Spielplan-Konkurrenz im Musikverein um nichts nach!

Schlichte Drehtüren-Inszenierung überzeugt

In dieser künstlerisch intimen Atmosphäre führte Marcos Darbyshires schlichte wie amüsante Inszenierung das Publikum in die Mitte des Geschehens, man fühlte das für die Handlung zentrale Gewitter von Seiten donnern und blitzen. Die erste Arie des Conte Alberto segelte direkt aus dem Seitengang des Parketts den Saal, die Ohren des Publikums amüsierten sich in den Lüften der heiteren Musik. Als Highlight dieser genialen und unterhaltsamen Regiearbeit sausten die zahllosen Verwirrungen und Verwechslungen dieser Handlung fast wie auf einem Jahrmarkt zwischen den drei die Bühne dominierenden Drehtüren umher. Als würde Rossinis Oper im hier und jetzt spielen…

L’occasione, Petra Radulovic (Ernestina), Inna Demenkova (Berenice), Roberto Lorenzi (Don
Parmenione), Alberto Robert (Conte Alberto), Ilyà Dovnar (Don Eusebio), Lazar Parežanin
(Martino) © Marcel Urlaub

Kleiner Raum gefüllt mit starken Rossini-Stimmen

Musikalisch setzte vor allem Inna Demenkovas Berenice ein starkes, stimmlich emotionales Ausrufezeichen. Frau Demenkova stürzte sich mit einem von Liebe gefesselten Eifer ihrer Rolle in Rossinis Melodien und ließ die Gefühle ihrer Partie im musikalischen Herzen resonieren. Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme entdeckte sie eine völlige neue musikalische Seite des eigentlich für seine heiteren Klänge bekannten Komponisten, so kraftvoll habe ich Rossinis Musik noch nie strahlen hören!

Auch Roberto Lorenzis Don Parmenione hatte die Bühne stimmlich und szenisch stets im Griff. Durch eine versehentliche Gepäckverwechslung an einen falschen Pass geraten, wusste sein stimmstarker Bariton die Betrugsmasche bestens zu verkaufen und brachte den echten Conte Alberto wie auch seine Verlobte in spielvolle Verwirrungsstimmung. Alberto Robert sang seinen namensgleichen Conte Alberto mit fabelhaftem, stimmlich äußerst sauberem Tenor. Seine Stimme segelte mit Brillanz durch die italienischen Melodiebögen und strahlte die ganze Freude seiner Partie im Saal aus!

L’occasione, Roberto Lorenzi (Don Parmenione), Alberto Robert (Conte Alberto) © Marcel Urlaub

Mit Petra Radulovic war auch die etwas kleinere, doch für die Handlung kaum weniger wichtige Rolle der Ernestina großartig besetzt. Die Sopranistin zeigte die wandelbare Partie von allen charakterlichen Seiten und trug ihre vielen musikalischen und schauspielerischen Facetten mit keckem Anstrich auf ihren Schultern. Stets mit einem Taschenhund in der Hand spazierte Ilyà Dovnar als Berenices Onkel, Don Eusebio, unterhaltsam über die Bühne und setzte dem bereits sehr heiteren Opernabend ein stimmlich luftiges, amüsantes Sahnehäubchen obendrauf.

Petra Radulovic (Ernestina), Inna Demenkova (Berenice), Alberto Robert (Conte Alberto),
Roberto Lorenzi (Don Parmenione), Ilyà Dovnar (Don Eusebio) © Marcel Urlaub

Beriso verziert mit Wiener Walzer-Anstrich

Aus dem Graben verzierte das Wiener KammerOrchester unter der Leitung von Pedro Beriso dem ohnehin sehr stimmigen Rossini-Abend wunderbar spaßig mit den vielen musikalischen Scherzen der Orchesterpartitur. Herr Beriso ließ das Orchester stets der Bühnen folgen und die Sänger den Takt angeben, begleitet die Rezitative souverän und sorgte für einen insgesamt sehr transparenten und entspannten Streicherklang.  Ein bisschen Fledermaus-Walzer am Hammerklavier durfte natürlich auch nicht fehlen, diese kleine Wiener-Walzer-Infusion passte bestens zu den vielen genialen wie humoristischen Einfällen des Abends!

Mit einem dreisprachigen lieto fine brachten die Sänger die umjubelte Premiere zu Ende. Höchste Zeit, die etwa 30 weiteren fast vergessenen Rossini-Werke auf die Spielpläne zu bringen! Rossini ist eben weit mehr als nur der Staatsopern-Barbier-von-Siviglia…

Johannes Fischer, 24. September 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Gioachino Rossini, Zelmira Rossini Opera Festival, 13. August 2025

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