Die Jubiläums-„Aida“ fasziniert in der Arena von Verona

Giuseppe Verdi, „Aida“, Arena di Verona, 27. August 2021

 

Man durfte gespannt sein, markierte die Neuinszenierung der „Aida“ in der Arena von Verona immerhin das 150. Jubiläum der Erstaufführung dieser prominentesten aller Verdi-Opern – und wie auch bei den anderen Opern, welche diesen Sommer unter dem Schatten der Covid-Pandemie in diesem grandiosen römischen Bauwerk über die Bühne gehen wurden innovative High-Tech-Lösungen verwirklicht.

Arena di Verona, 27. August 2021
Giuseppe Verdi, Aida

Erstaufführung im Khedivial Opernhaus Kairo am 27. 12. 1871

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Man durfte gespannt sein, markierte die Neuinszenierung der „Aida“ in der Arena von Verona immerhin das 150. Jubiläum der Erstaufführung, dieser prominentesten aller Verdi-Opern – und wie auch bei den anderen Opern, welche diesen Sommer unter dem Schatten der Covid-Pandemie in diesem grandiosen römischen Bauwerk über die Bühne gehen wurden innovative High-Tech-Lösungen verwirklicht. „Aida“ ist seit Jahrzehnten das Aushängeschild und stärkster Publikumsmagnet der sommerlichen Arena-Festspiele. Und Jahr für Jahr stapelten sich auf der Piazza Bra, vor der Arena, die mächtigen, farbenprächtigen Kulissen – riesige Tempelsäulen, überdimensionierte Skulpturen unter denen natürlich die Sphinx nicht fehlen durfte.

Dieses Jahr war alles anders: Statt der üblichen 1350 Besucher wurde wegen der vorgeschriebenen Distanz das Publikum in der Arena drastisch auf 600 reduziert und die Piazza Bra blieb leer. Das pharaonische Ägypten der „Aida“ fand nicht mehr in den üblichen imposanten Kulissen statt, sondern vor ebenfalls riesigen Flüssigkristall-Bildschirmwänden, auf denen computergesteuert die Welt der „Aida“ aufleuchtete – und sie war zum allgemeinen Erstaunen prachtvoller, realistischer denn je. Im Handumdrehen vollzog sich der virtuelle Kulissenwechsel, erschien vor den Augen des verblüfften Publikums ein prunkvoller Saal im Palast des Pharao, ganz in Marmor – und dann wieder die Wüste mit Tempeln, der im Schein der Mondsichel funkelnde Nil, und in der letzten Szene versank der Tempel und ein unterirdisches Verlies wurde sichtbar, in welchem der zum Tode verurteilte Radamès schließlich doch noch seine Aida wiederfand.

Einmal mehr geriet diese „Aida“ unter der Stabführung des israelischen Verdi-Spezialisten Daniel Oren zu einem differenzierten musikalischen Erlebnis, das die ganze Spannweite zwischen feinster Subtilität (Arie der Amneris mit Chor) über den mitreißend interpretierten Triumphmarsch bis hin zur Dramatik der dreifachen Verurteilung des Radamès als Hochverräter. Man staunt immer wieder, wie sehr die Akustik dieses gigantischen Baus, der ja alles andere als für musikalische Vorstellungen konzipiert war, selbst die leisesten Töne der Sänger und der Instrumente im Orchester ohne jede Mikrophon-Verstärkung (wie beispielsweise Römersteinbruch St. Margarethen) von den Sängern ungedämpft und unverzerrt bis hin in die obersten Publikumsränge transportiert.

Der mächtige, von  Vito Lombardi einstudierte Chor des Arena-Festivals, der – eine von der Pandemie diktierte Neuerung – links von der Bühne auf den steinernen Rängen Aufstellung nahm und die Darsteller auf der Bühne zu Pantomimen werden ließ – erbrachte hervorragende musikalische Leistungen von raumfüllender Stärke bis in die leisesten Nuancen.

Unter den Sängern glänzte die Aida der María José Siri mit einer Stimme, die alle Feinheiten dieser Partie zum Klingen brachte. Ihr stand die Amneris von Olesya Petrova mit ihrer kraftvollen und doch stets wohlklingenden Stimme in nichts nach. Auffallend perfekt der samtene Bariton des Amonasro von Alberto Gazale und der imposante Bass des Ramfis von Rafał Siwek.

Gegenüber diesen erstklassigen Sängern fiel der Radamès von Carlo Ventre mit wenig tenoralem Schmelz ziemlich ab, obwohl vom Publikum freundlich beklatscht. Bei den insgesamt elf „Aida“-Spielterminen der Arena in diesem Sommer sangen in unterschiedlicher Stimmqualität nicht weniger als sechs verschiedene Radamèsse und ebenfalls sechs verschiedene Amonasros, während die Arena mit lediglich drei Aidas auskam.

Dr. Charles E. Ritterband, 27. August 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Musikalische Leitung: Daniel Oren
Chorleitung: Vito Lombardi
Aida: María José Siri
Amneris: Olesya Petrova
Radames: Carlo Ventre
Amonasro: Alberto Gazale
Ramfis: Rafał Siwek
Pharao: Romano Dal Zovo
Orchester, Chor und Techniker der Arena von Verona

Video design und digitale Inszenierung: D-WOK

 

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