Amartuvshin Enkhbad und Katharina Konradi reißen die Rigoletto-Aufführung nach oben

Giuseppe Verdi, Rigoletto  Staatsoper Hamburg, 18. März 2025

Jana Kuruková (Maddalena), Piero Pretti (Herzog von Mantua), Amartuvshin Enkhbat (Rigoletto), Katharina Konradi (Gilda) und Hubert Kowalczyk (Sparafucile) (Foto: RW)

Amartuvshin Enkhbats große, den Raum flutende Stimme hatte genügend Farbe, um die in Rigoletto widerstreitenden Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Zudem verfügte er über eine bombastisch schöne Höhe und hatte auch genügend Atemreserven, um diese zu halten.

Und Katharina Konradis (Gilda) Sopran strahlte tief in den Raum. Manche Spitzentöne glichen abgeschossenen Leuchtraketen. Aber auch ihre Piani überzeugten mit Klangreichtum und verinnerlichter Darstellung.

Rigoletto, Melodram in drei Akten
Nach dem Schauspiel Der König amüsiert sich von Victor Hugo

Musik von Giuseppe Verdi

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Musikalische Leitung: Henrik Nánási

Inszenierung: Andreas Homoki
Bühnenbild und Kostüme: Wolfgang Gussmann

125. Vorstellung am 18. März 2025 seit der Premiere am 16. Oktober 1994

Staatsoper Hamburg, 18. März 2025

von Dr. Ralf Wegner

Warum hört man so selten einen guten Duca?

Um bei der Eingangsfrage zu bleiben, Piero Pretti war als Duca di Mantova nicht schlecht, er passte sich an und am Ende überhörte man seinen fast technischen wirkenden, farbarmen Stimmklang. Sein Questa o quella gleich zu Anfang der Oper geriet so beiläufig, dass es fast zu überhören war. Dazu mag auch das Orchester unter der Leitung von Henrik Nánási beigetragen haben. Selten klangen die einleitenden Takte der Oper so uninspiriert, als ob erst vor wenigen Minuten entschieden worden sei, Verdis Meisteroper zu spielen. Zudem war auch die den Tenor begleitende Bühnenmusik kaum zu hören. War man vorne zwischendurch eingeschlafen?

Zurück zum Duca: Von den bisher knapp 20 gesehenen Rigoletto-Aufführungen sangen den Herzog nur drei Tenöre herausragend: Francisco Araiza, Vittorio Grigolo und Joseph Calleja. Bei acht Aufführungen sang der Tenor deutlich schlechter als gestern Piero Pretti. Vielleicht liegt es an der unsympatischen Rolle des Herzogs, dass gute Sänger den Duca links liegen lassen? Oder ist es die Bezahlung?, denn eine gute Besetzung von Rigoletto und Gilda überdeckt manches, offenbar beim Tenor in Kauf genommenes Manko.

Yeonjoo Katharina Jang, Jana Kurucová, Piero Pretti, Henrik Nánási, Katharina Konradi,
Hubert Kowalczyk und Grzegorz Pelutis vor dem Bühnenbild von Wolfgang Gussmann (Foto: RW)
Amartuvshin Enkhbad und Katharina Konradi reißen die Aufführung nach oben

Und die beiden Hauptpartien waren großartig besetzt. Der bereits als Amonasro positiv aufgefallene mongolische Bariton Amartuvshin Enkhbat beherrschte die Rolle des buckligen Narren, der seine Tochter vor dem verderbten Hof bewahren will, und sie letztlich unwillentlich opfert, perfekt. Seine große, den Raum flutenden Stimme hatte genügend Farbe, um die in ihm widerstreitenden Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Zudem verfügte er über eine bombastisch schöne Höhe und auch genügend Atemreserven, um diese zu halten.

Das (Noch-)Hamburger Ensemblemitglied Katharina Konradi konnte da stimmlich mithalten. Ihr noch nicht die lyrische Breite aufweisender Sopran strahlte tief in den Raum. Manche Spitzentöne glichen abgeschossenen Leuchtraketen, wie am Ende des Racheduetts Sì, vendetta, tremenda vendetta. Aber auch ihre Piani beim Gualtier Maldè!… Caro nome überzeugten mit Klangreichtum und verinnerlichter Darstellung. Konradis Interpretation der jungen unschuldigen, sich erstmals verliebenden Gilda erinnerte mich an ein etwas abseits vom Wegesrand stehendes Gänseblümchen. Der Sängerin gelang es, Unschuld, Reinheit, romantische Empfindung und gleichzeitig innere Zerbrechlichkeit stimmlich auszudrücken. Das ging über reinen schönen Ziergesang hinaus.

Die weiteren Partien waren ebenfalls gut besetzt mit dem Bass Hubert Kowalczyk als mit Ehrgefühl den Beruf des Mörders ausübender Sparafucile und mit der im tiefen Register wunderbar klingenden Jana Kurucová als seine um das Leben des Herzogs ringende Schwester Maddalena. In kleineren Rollen beeindruckten Katja Pieweck als Giovanna, Grzegorz Pelutis als Monterone und Yeonjoo Katharina Jang als Page der Herzogin.

Das Rigoletto-Ensemble vor dem Vorhang
Buh oder Huu?

Das Publikum spendete nach den Arien reichlich Beifall, vor allem nach Enkhbats Cortigiani, vil razza dannata, und bejubelte die Sängerinnen und Sänger nach Fallen des Vorhangs entsprechend ihren Leistungen. Was mir auffiel, hinter uns wurde Huu oder so ähnlich gerufen, nicht Buh. Das hatten wir am letzten Wochenende auch in Stuttgart nach gleich nach Fallen des Vorhangs bei der dortigen Premiere des Neumeier-Balletts Anna Karenina gehört.

Und in der Stuttgarter Presse wurde verbreitet, das gebuht worden sei. Das stimmte nicht und stimmt nicht. Das dem Buh so ähnlich klingende Huu setzt sich offenbar auch in den heiligen Hallen der Opernhäuser durch; es ist aber offensichtlich positiv und nicht negativ gemeint. Im Übrigen hielt die Stuttgarter Presse es für ausgeschlossen, dass ihre Tänzerinnen und Tänzer ausgebuht worden sein könnten. Ein Vorab-Buh könnte offenbar nur dem Hamburger Choreographen gegolten habe.  Da lagen sie wohl offensichtlich falsch.

Dr. Ralf Wegner, 19. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Giuseppe Verdi, Rigoletto Staatsoper Hamburg, 25. März 2023

Blu-ray Rezension: Giuseppe Verdi, Rigoletto, Royal Opera House Covent Garden klassik-begeistert.e

Giuseppe Verdi, Rigoletto, Premiere Opéra de Lyon

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert