Tigran Martirossian (Sparafucile), Pretty Yende (Gilda), George Gagnidze (Rigoletto), Ioan Hotea (Il duca di Mantova), Marta Swiderska (Maddalena) (Foto: RW)
Giuseppe Verdi
Rigoletto
Stefano Ranzani, Dirigent
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Andreas Homoki, Inszenierung
Staatsoper Hamburg, 25. März 2023
von Dr. Ralf Wegner
Ausgezeichnete Gesangsdarbietungen ziehen die Messlatte nach oben und deklassieren Sängerinnen und Sänger, die sonst im Repertoire vielleicht besser beurteilt worden wären. Pretty Yende legte nach ihren Leistungen als Violetta und Manon in der letzten Saison die Latte sehr hoch und erfüllte mit ihrer gestrigen Gilda die hochgespannten Erwartungen. Betörende Piani, glasklare Koloraturen bei der großen Arie Caro nome und ein immer wieder schönes Aufblühen der Stimme in den Duetten ließen den Abend zum Stimmfest werden.
Von dem, wie zu lesen ist, erst 33 Jahre alten, gut aussehenden und auch darstellerisch die Rolle des Duca voll ausfüllenden Tenor Ioan Hotea waren auch schöne Töne zu hören, aber zu selten. Zumeist klang seine helle Stimme vor allem zur Höhe hin zu eng, auch besaß sie kein darüber hinweghelfendes spezifisch-angenehmes Timbre. Dessen ungeachtet erhielt er vom Publikum viel Beifall und auch einige Bravos.
Der weltweit als Rigoletto eingesetzte Bariton George Gagnidze ließ sich ansagen, er sei wegen einer Pollenallergie beeinträchtigt. Trotzdem bewältigte er seine Rolle gut, wenngleich nicht sehr gut. Der Stimme fehlte es an Tiefengrundierung, auch hätte die seelische Durchdringung dieser tragischen Figur sowohl gesanglich als auch darstellerisch stärker zum Ausdruck gebracht werden können.
Die Nebenpartien waren allesamt sehr gut besetzt mit Katja Pieweck als Giovanna und vor allem der im Tiefenbereich nachhaltig beeindruckenden Marta Swiderska als Maddalena. Tigran Martirossian erwies sich als zuverlässiger Sparafucile und Blake Denson schleuderte mit der Macht seines Baritons den Fluch des Monterone in den Raum. Das Orchester spielte unter der Leitung von Stefano Ranzani routiniert, aber auch nicht mehr.
Die Oper Rigoletto basiert auf einem Stück, in dem die sexuelle Abenteuerlust eines absoluten Fürsten angeprangert wird. Ob ein Herzog von Mantua solch eine Macht hatte, sei einmal dahin gestellt. Selbst am französischen Königshof mag es zivilisierter, zumindest nicht so gemein und bösartig zugegangen sein. Auch ist Rigolettos Selbstmitleid zu viel Entschuldigung und nur wenig Selbsterkenntnis. Im Grunde geschieht es ihm schon recht, aber musste es unbedingt seine unschuldige, naive Tochter sein, die für ihn büßt? Außerdem, wieso lässt sich der gewiefte, misstrauische Rigoletto von den Höflingen eine Augenbinde andrehen, während seine Tochter entführt wird? Was wollte er denn nicht sehen?
Wie dem auch sei, Verdi goss ein Übermaß an schönen Melodien über diesen Text und lässt alles Inhaltliche vergessen, wenn schön gesungen wird. Das ist aber leider viel zu selten der Fall. Die Partie der Gilda wird meist gut besetzt, wer möchte schon eine kratzige Stimme beim Singen von Caro nome hören. Offenbar gibt es auch genügend gute Soprane, die auf der Bühne eine herausragende Gilda singen können. Das gilt wohl eher nicht für die Tenöre. Von mehr als einem Dutzend gehörten Ducas fand ich auf der Bühne nur zwei stimmlich herausragend: Francisco Araiza und Joseph Calleja. Und von den Sängern der Hauptpartien ließen nur Leo Nucci und Franz Grundheber keine Wünsche übrig.
Dr. Ralf Wegner, 26. März 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Giuseppe Verdi, Rigoletto, Hamburgische Staatsoper, 11. Februar 2022