Ambitiös, ungewöhnlich und experimentell ist diese zweiteilige Inszenierung (Krystian Lada) am wunderbar prunkvollen Königlichen Opernhaus Brüssel (Théâtre de La Monnaie/De Munt), welche die musikalischen Highlights aus Verdis sechzehn ersten Opern in musikalisch durchwegs hervorragenden Interpretationen mit szenischen Darstellungen und Original-Filmdokumenten aus der 68er Studentenrevolte kombiniert.
Man verlässt dieses Spektakel jedoch mit gemischten Gefühlen: Genussvoll lauschte man den Interpretationen der herrlichen Musik Verdis, doch was da visuell geboten wurde war doch eher forciert („Rivoluzione“) und im zweiten Teil dann ziemlich langfädig, repetitiv und anscheinend in Abwesenheit jedwelcher Regie auf die Bühne gebracht.
Begeisterter Applaus für die musikalischen Darbietungungen, doch im zweiten Teil stahlen sich immer mehr gelangweilte (oder ratlose) Zuschauer diskret von ihren Plätzen.
Giuseppe Verdi, Rivoluzione e Nostalgia, Zwei Teile
Théâtre de La Monnaie/De Munt (Königliches Opernhaus Brüssel), 29./30. März 2024
von Dr. Charles E. Ritterband
Die Geschichte ist rasch erzählt: Drei alte Freunde, Carlo, Giuseppe und Lorenzo, treffen sich in einer exclusiven Kunstgalerie zu einer Vernissage, an der eine große Installation mit Elementen der Studentenunruhen des Jahres 1968 ausgestellt ist. Die drei längst arrivierten und ins Lager der wohlbestallten Bourgeoisie (welche sie einst vehement und gewaltsam bekämpft hatten) blicken zurück auf ihre revolutionären Jugendjahre.
Jeder von ihnen erinnert sich aus einer anderen Perspektive, aber sie teilen die Sehnsucht nach einer gewissen Laura, die vor vierzig Jahren spurlos verschwand… Sie ziehen Bilanz über das, was von ihrem Idealismus, der alten Ideologie und dem vermeintlichen Heroismus des Schlüsseljahres „1968“ übriggeblieben ist.
Während man stellenweise Mühe hatte, der Logik und szenischen Notwendigkeit des Ganzen zu folgen, bescherte einem diese Inszenierung zugegebenermaßen herrliche Arien, eine bewegende Wiedergabe von „Va’, pensiero“ aus Nabucco mit einem äußerst subtil intonierenden Chor in den Parterrelogen und einem engagierten, energiegeladenen Orchester (Orchestre Symphonique et Choeurs de La Monnaie) unter der souveränen Stabführung von Carlo Goldstein.
Die polnische Sopranistin Gabriela Legun sang mit geradezu schmerzhaft wirkendem Wohlklang. Nino Machaidze glänzte mit wirkungsvollen Koloraturen und schwindelnden Höhen. Als starker Kontrast dazu der herrliche amerikanische Bassbariton Justin Hopkins (Lorenzo). Glanzvoll mit reinen, harmonischen Höhen der italienische Tenor Enea Scala als Carlo.
Dr. Charles E. Ritterband, 29./30.März 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Besetzung:
Musikalische Leitung: Carlo Goldstein
Script, Inszenierung, Bühnenbild, Video: Krystian Lada
Carlo: Enea Scala
Giuseppe: Vittorio Prato
Lorenzo: Justin Hopkins
Laura: Nino Machaidze
Cristina: Gabriela Legun
Arminio: Hwanjoo Chung