Foto: Andris Nelsons 2018 © Marco Borggreve
Und dafür bekam es wiederum den Respekt des großartigen Dirigenten, der unter minutenlangem Applaus die einzelnen Musiker, von denen einige von Mahler solistische Einsätze bekamen, wie auch die ganzen Gruppen des Orchesters würdigte. Ein sympathischer Abend mit einem sympathischen Star.
Gustav Mahler Symphonie Nr. 7 e-Moll
Bamberger Symphoniker
Andris Nelsons, Dirigent
Bamberg, Konzerthalle, 21. Dezember 2022
von Gerald Hofner
Kaum eine der Symphonien Mahlers zeigt seine widersprüchliche Persönlichkeit so klar wie die siebte. Mahler zwischen überheblicher Perfektion und Selbstzweifeln mit Schreibblockade. Seine fünfsätzige 7. Symphonie im ständigen Wechsel zwischen der verzweifelten Melancholie der Nachtlieder und dem triumphalen Spotten über die Dunkelheit. Das Hin und Her ohne lineare Entwicklung und die ungewöhnliche Besetzung (siehe unten) lassen einen das Werk mitunter als Tragikomödie erscheinen.
Und dennoch, oder gerade deshalb, vergingen an diesem Abend die 1,5 Stunden der Symphonie im Flug. Ohne zähe Längen, ohne inhaltsgleiche Wiederholungen. Der wunderbare Hauptsaal der Bamberger Konzerthalle tat das Seine dazu. Und natürlich der Stardirigent Andris Nelsons, der sich nicht einmal bemühte, die Zerrissenheit des Werks zu glätten. Er spielte mit den fabelhaften Bamberger Symphonikern das Stück als muntere Ironie in allen ihren Extremen. Trotz (O-Ton Mahler) „kleiner Besetzung“ dieser Symphonie gab es eine kräftige Rhythm & Bass Gruppe mit immer hin 7 Männern an den Schlagwerkzeugen, 8 Männern an den Kontrabassen und 11 Männern und 1 Frau am Blech. Gerade die wuchtigen Blechbläser prägten die beiden Ecksätze derart, dass die Holzbläser davor mit akustischen Protektoren geschützt wurden mussten. Dagegen wirkten die Elemente der mittleren drei Sätze dann fast schon ironisch gebrechlich – insbesondere der Einsatz der einen Mandoline oder der einen Gitarre.
Mahler war noch verfangen in der pastoralen Programmmusik der Romantik, verheimlichte aber nicht seine Suche nach neuen Ausdrucksformen.
Es war insbesondere diese Diskrepanz, die dem Werk über viele Jahrzehnte (nach der Erstaufführung in Prag 1908 unter Mahlers Dirigat) den künstlerischen Wert absprach. Heute ist der Blick natürlich anders auf diese Symphonie, die viel Abwechslung verspricht, wenn sie sich in der ruhigen Hand eines Künstlers am Pult befindet Der imposante und freundliche Lette am Pult nahm die Zerrissenheit mit Humor. Und spielte den Unterhaltungswert damit voll aus. Das Orchester dankte es ihm und ging mit Spielfreude homogen mit.
Und dafür bekam es wiederum den Respekt des großartigen Dirigenten, der unter minutenlangem Applaus die einzelnen Musiker, von denen einige von Mahler solistische Einsätze bekamen, wie auch die ganzen Gruppen des Orchesters würdigte. Ein sympathischer Abend mit einem sympathischen Star.
Dr. med. Gerald Hofner, 22. Dezember 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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