Foto © Barbara Pálffy
Volksoper Wien, 12. Dezember 2017
Hector Berlioz, Roméo et Juillette
Davide Bombana Inszenierung
Wiener Staatsballett
Maria Yakovleva Juliette
Masayu Kimoto Roméo
Annely Peebo Alt
Szaboles Brickner Tenor
Yasushi Hirano Bass
Gerrit Prießnitz Dirigent
von Charles E. Ritterband
An der Volksoper Wien ist gegenwärtig ein ganz besonderes Werk zu sehen – eine Synthese aus symponischer Dichtung (der Symphonie Dramatique Opus 17), Oper und Ballett: Hector Berlioz‘ „Roméo et Juillette“, ein Auftragswerk des 1958 in Mailand geborenen Star-Choreographen Davide Bombana.
Unter variablen Metallkonstruktionen und einem Geflecht von verschiedenfarbig leuchtenden Leuchtstäben, unter großen, auf- und abschwebenden Fantasievögeln bot das Wiener Staatsballett Höchstleistungen, abwechselnd mit dem Chor und Zusatzchor der Wiener Volksoper. Eine künstlerische Vision, wie sie sehr selten zu sehen ist – die raffinierte Choreographie Bombanas und die überschäumende Kreativität der verstorbenen „Rosalie“ (Gudrun Müller), die sich in den poetischen Paradiesvögeln ebenso offenbarte wie in den glitzernden Kostümen der reichen Capulets zum schönsten und berühmtesten Musikstück dieser getanzten Symphonie, der großen Festmusik. Subtil der Pas des Deux von Roméo und Julia, großartig der Ball und erschütternd die Begräbnisszene in der Familiengruft. Hervorragend das karge Bühnenbild und vor allem die effektvolle Lichtregie (Thomas Jürgens).
Die verfeindeten Montagues gehören in dieser Inszenierung einer anderen sozialen Schicht an – sie tragen Disco-Kleidung wie aus den 1970er-Jahren. Oder wie die Tänzer aus „West Side Story“, jener zeitgenössischen Fassung von Shakespeares Drama. Bombana übernimmt dessen Hauptfiguren, versetzt sie in die Gegenwart und choreografiert ohne Striche zu Berlioz’Musik. In dieser wechseln sich symphonische Abschnitte mit Gesangspassagen ab, die von drei hervorragenden Solisten – Annely Peebo, Szabolcs Brickner und Yasushi Hirano – dargeboten werden.
Grandios das Orchester der Volksoper Wien unter der Stabführung von Gerrit Prießnitz und der verstärkte Chor der Volksoper. Die starke Besetzung bei den Solisten verleiht dieser Inszenierung Kraft – konkurriert aber mit den tänzerischen Leistungen. In einem derart facettenreichen Gesamtkunstwerk ist das Austarieren der kontrastierenden Elemente die entscheidende Herausforderung – sie ist weitgehend, aber nicht vollständig gelungen.
Charles Ritterband, 12. Dezember 2017, für
klassik-begeistert.at